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Blut Schatten

Titel: Blut Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Abrantes
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nahm Ernestine zeitgleich die Haube ab.
    »Ja, alles wunderbar.« Mein Kopf fiel tatsächlich nicht aufgrund des zusätzlichen Gewichts plötzlich seitlich herunter.
    Ein Blick auf die Uhr, und mir fiel auf, dass die Zeit gerast war. Es war bereits nach halb drei. Mit unter dem Tisch nervös vibrierenden Beinen wartete ich, dass Patricia mit Ernestines Frisur fertig wurde. Als sie jedoch die restliche Dose Haarspray auf Ernestines Kopf verteilen wollte, legte die ein Veto ein: »Der Umwelt und meiner Gesundheit, besonders meiner Atmung zuliebe, lassen wir diesen Sprühkleber doch bitte weg.«
    Hätte ich das auch mal gesagt. Nun war es zu spät.
    »Natürlich, wie Sie wünschen«, beeilte Patricia sich zu sagen und ließ die Dose in ihrem Koffer verschwinden. Dann stand ich wieder im Fokus ihres Interesses: »Haben Sie es sich überlegt mit dem Schminken?«
    Unsicher blickte ich zu Ernestine hinüber. Ich hatte aufrichtig Sorge, anschließend wie ein Tuschkasten auszusehen, denn oftmals wurde geschminkt, wie es sich die Kosmetikerin wünschte, aber kaum dem Typ der jeweiligen Person entsprach.
    Ernestine lächelte beruhigend zurück, und ich hörte ihre Worte in meinem Kopf. Notfalls waschen wir es ab und machen es neu. Also zeigte ich mich einverstanden.
    Obwohl es meinem Gefühl nach noch etwas zu früh war, zog ich das Kleid an. Perlmuttknopf um Perlmuttknopf verschloss Ernestine das Oberteil und musste teilweise recht kräftig ziehen.
    »Nein, ich kann den Bauch nicht weiter einziehen«, sagte ich, ohne dass sie ein Wort hatte sprechen müssen. Dafür gluckste sie leise. Inzwischen spannte die Korsage ein wenig und drückte meine voller gewordenen Rundungen beinahe unanständig aufreizend nach oben. Ich befürchtete, bei einem tiefen Atemzug gleich die komplette Fassung zu verlieren. Gleichzeitig wurde das Parken der Dattel zu einem greifbaren Problem.
    »Fertig«, meinte Ernestine schließlich und drehte mich an den Schultern herum. Ihre Augen blieben an meinem Ausschnitt hängen. »Oh. Ich hoffe doch, dass diese beiden bestechenden Argumente nicht vom eigentlichen Geschehen ablenken. Ist der Standesbeamte ein Mann oder eine Frau?«
    »Zur Regelung des Papierkrams und für das kurze Vorgespräch waren wir bei einer Frau. Sie hieß Mrs. Silvana Wilson, glaube ich. Ich denke, sie wird uns trauen, nachdem Darians Bekannter das nicht mehr kann.«
    Sie sah mich nachdenklich an. »Nun gut. Ein Mann würde möglicherweise bei diesem Anblick seinen Text vergessen. Ich möchte dennoch vorschlagen, dass du dir den Schal um die Schultern legst, um niemanden in Verlegenheit zu bringen.«
    »So schlimm?«
    »Was ist schlimm?«, klang die Stimme desjenigen den Flur entlang, den ich in solchen Momenten am wenigsten gebrauchen konnte. Ein neugieriges Gesicht erschien Sekunden später im Türrahmen. »Wieso schlimm? Das sieht doch ...«
    »Erspare mir deine Kommentare, Steven.«
    Sein Grinsen wurde unendlich breit. »Ich hätte da nur zwei anzubringen.«
    »Raus! Oder ich schlage deine Stielaugen mit dem Holzbrett ab.«
    »Ich sehe lediglich Holz vor der Hütte, aber keine losen Bretter.« Damit verschwand er laut lachend, bevor ich ein geeignetes Wurfgeschoss finden konnte.
    Ernestine griff wortlos nach dem Schal, legte ihn mir um und drapierte ihn entsprechend über meinem Dekolleté. »Damit sollte es gehen. Er verdeckt zusätzlich das Pflaster an deiner Schulter. So fällt es nicht weiter auf.«
    Kurz darauf saß ich mit nervös trommelndem Herzen in der Küche, hatte abermals das Cape um die Schultern liegen und ließ mich von Patricia verschönern. Sie zupfte meine Augenbrauen, trug ein helles Make-up auf und machte sich mit Pinseln, Quasten und Stiften begeistert über mich her. Mit jedem Strich wurde ich unruhiger.
    Kimberlys Heimkehr machte zusätzlich auf die verrinnende Zeit aufmerksam, und ihre Worte beruhigten mich keineswegs: »Hallo, ich bin wieder da. Hey, darf ich mitmalen?«
    »Nein, deine Buntstifte liegen zusammen mit dem Malbuch in deinem Zimmer«, ordnete Ernestine streng an und wandte sich wieder meiner Person zu. »Es wird, Kind. Es wird.«
    »Ich denke, jetzt haben wir es«, murmelte Patricia nach schier endlos scheinenden Stunden, pinselte noch einmal kurz über meine Nase hinweg und zog schwungvoll das Cape von meinen Schultern.
    Bitte, bitte, keine Netzhaut verätzenden Farbexperimente in meinem Gesicht, betete ich innerlich. Bangen Herzens sah ich zu, wie Patricia langsam ihren Koffer umdrehte, an

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