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Blut Schatten

Titel: Blut Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Abrantes
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dessen Deckelinnenseite ein Spiegel angebracht war. Ich wagte einen Blick hinein, und mir entschlüpfte ein überraschtes »Donnerwetter!«
    Das junge Mädchen sah mich erwartungsvoll an. »Zufrieden?«
    »Ja. Absolut«, erwiderte ich und musterte mich genauer. Man sah kaum, dass ich geschminkt war. Eine leichte Tönung mit etwas Rouge, dazu ein dezenter Lidstrich mit zweifarbigem Lidschatten, der auf die Farbe des Kleides abgestimmt war. Und am Ende war alles zart abgepudert worden. Meine Befürchtungen hatten sich vollkommen aufgelöst. Ich blickte Patricia mit einem strahlenden Lächeln an.
    Während ich kosmetisch verwöhnt worden war, hatte Ernestine sich in ein wunderschönes, knielanges Kleid aus nachtblauer Seide geworfen. Mit einem angedeuteten Hüftschwung gab sie mir zu verstehen, dass sie nun an der Reihe war, verschönert zu werden. Ich machte ihr gerne Platz, raffte mein Kleid und begab mich zu Kimberlys Zimmer, wo ich laut anklopfte.
    »Komm rein, Tante Faye«, rief sie durch die Tür, und ich kam ihrer Einladung nach.
    Sie stand mitten im Raum und sah über ihre Schulter zurück auf Steven, der mit den winzigen Ösen am engen Oberteil ihres schwarzen Spitzenkleides kämpfte. Ihre sonst in alle Himmelsrichtungen abstehenden Haare hatte sie gebändigt und mit Gel fest an ihren Kopf gestrichen. Neben ihr auf dem Bett erblickte ich lange Spitzenhandschuhe und einen winzigen Hut mit Schleier. Und direkt daneben ein kleines, weißes Päckchen, dessen Sinn ich noch nicht ganz erfasste.
    »Braucht ihr Hilfe?«, fragte ich, obwohl ich sah, dass die beiden hervorragend klarkamen.
    »Nein, aber du kannst dir schon mal das Päckchen nehmen. Du weißt ja, wenn man heiratet, braucht man vier Dinge.«
    »Ich erinnere mich. Etwas Blaues, etwas Geliehenes, etwas Altes und etwas Neues.« Ich nahm es an mich und öffnete gespannt den Deckel. Das traditionelle Accessoire. »Ein blaues Strumpfband.«
    »Jap, damit hast du schon einmal das Erste.«
    Das Neue war auch schnell gefunden. Ich steckte die Diamantohrringe von Darian an.
    »Nicht bewegen, Tochter«, erschreckte mich Dad, als ich durch den Flur ging. Abrupt blieb ich stehen. Dann fühlte ich ihn hinter mir. Er schob mein Haar beiseite, griff um mich, und etwas Kaltes legte sich über meine Haut. Dann berührten seine Finger meinen Nacken, und ich hörte ihn verhalten fluchen. »Dass diese Verschlüsse auch immer so klein sein müssen, verflixt. Die Kette ist übrigens von deiner Grandma. Sie wollte immer, dass du sie bekommst, wenn du mal heiratest.«
    Im Gedenken an meine Großmutter stiegen mir die Tränen in die Augen, und nur mühsam konnte ich sie zurückhalten. Gern hätte ich sie dabeigehabt. Vielleicht sah sie auch zu. Wer weiß schon, wohin die Seelen gehen, wenn sie ihre sterbliche Hülle verlassen. Ehrfürchtig legte ich meine Hand über die schmale Silberkette mit dem ovalen Rubinanhänger. Nun hatte ich einen Teil von ihr bei mir, und zudem etwas sehr Altes.
    »Danke, Dad.« Mein Kuss streifte seine Wange, und er strahlte mich voller Stolz an. »Gern geschehen.« Plötzlich wurde er ernst. »Hast du zwei Minuten für deinen alten Herrn übrig?«
    »Sicher. Worum geht's?«
    Dad nahm meine Hand und zog mich hinter sich her in sein und Ernestines Zimmer, wo er auf das frisch gemachte Bett wies. »Setz dich bitte.« Für einen Moment druckste er herum, kam dann aber zur Sache. »Ich habe mit deiner Mutter telefoniert. Vor einigen Tagen schon.« Ich nickte, hatte auf einmal einen trockenen Mund, weil ich mir denken konnte, was nun kam. Und ich sollte recht behalten. »Du kannst dir sicher vorstellen, wie sie reagiert hat, als ich ihr sagte, dass du heiraten willst. Erst Vorhaltungen, warum du dich nicht selbst meldest, dann das Übliche, dass ich ihr die Töchter weggenommen ... Na, du kennst sie.« Noch einmal sah er mich betreten an. »Jedenfalls rief ich sie gestern noch einmal an und bat sie zu kommen. Darian wollte ihr den Jet schicken.«
    »Aber sie lehnte ab.«
    »Ja. Du weißt, dass sie Rom seitdem nie wieder verlassen hat. Ich habe es zumindest versucht, Faye.«
    »Schon okay, Dad.« Ich erhob mich und küsste ihm die Wange. Beim Hinausgehen tätschelte ich liebevoll seine Schulter. »Es ist okay. Ich habe nicht erwartet, dass sie sich ändern wird. Aber danke, dass du es versucht hast.«
    »Sicher. Oh, Ernestine fragte eben nach dir. Ich werde mich inzwischen umziehen.«
    Ich nickte und begab mich in die Küche, in der die Besagte bereits auf

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