Blut Schatten
Knight.«
»McNamara«, gab ich mit leicht tonloser Stimme automatisch zurück. »Faye McNamara.«
»Oh, Verzeihung, Mrs. McNamara.« Und bevor er sich noch weiter entschuldigen konnte, winkte ich schnell ab. Ebenso wenig stand mir der Sinn danach, ihm zu erklären, dass die verheiratete Mrs. noch eine unverheiratete Miss war. Aber egal. Dieser kleine Standesdünkel konnte gut außer Acht gelassen werden, da ich so oder so auf Darians Kosten in dieser feudalen Umgebung residieren würde.
Plötzlich kam ich mir mit meinen verwaschenen Jeans und Turnschuhen, dem schlabberigen T-Shirt und meinem völlig ungekämmten und offenen Haar sehr deplaziert vor. Alle Anwesenden hier waren vom Scheitel bis zur Sohle elegant und akkurat gekleidet. Doch ich bekam keinerlei Chance zur offensichtlichen Verlegenheit, denn schon rollte ein beladener Gepäckwagen an mir vorbei, dem erst der Angestellte vom Eingang folgte, dann Dad und Jason.
»Wo ist Darian?«, erkundigte sich mein Vater und schien für seine elitäre Umgebung kein Auge übrig zu haben. Ich wies abermals Richtung Rezeption und sah dabei an ihm vorbei. »Was ist mit Kimberly?«
»Die junge Dame zog es vor, zunächst ihren Herrn Vater persönlich über unser Eintreffen zu informieren«, klärte Jason mich sogleich auf.
»Zumindest hab' ich so genug Zeit, mich an den Gedanken zu gewöhnen, dass ich Großvater bin«, brummte Dad. »Wenn der Bengel es mir letzte Nacht am Telefon gesagt hätte, würde ich jetzt garantiert mit einem großen Plüschbären ziemlich blöde in der Gegend herumstehen.«
Die Vorstellung, dass mein Vater Kimberly einen Teddy schenken würde, brachte mich nun doch zum Grinsen. Ich vermutete wegen ihres Erscheinungsbildes, dass sie andere Interessen hatte als ausgerechnet Stofftiere. Möglicherweise Schmuck. Vielleicht ein gusseiserner, mit Dornen verzierter Schlagring oder eine neunschwänzige Katze in Gürtelform zum Umhängen?
»Selbstverständlich, Mr. Knight. Ich werde alles Nötige sogleich veranlassen. Ich hoffe, Sie fühlen sich wie immer wohl in unserem Haus«, vernahm ich noch hinter mir, dann stand Darian neben uns und sah uns nacheinander an. »Wollen wir?«
Als wir die Suite im Flur 20 betraten, war unser Gepäck längst oben angekommen. Sämtliche Möbel dieser mit zwei Schlafzimmern ausgestatteten Suite waren im opulenten Stil des Spätbarocks gehalten. Ich kam mir fast vor, als hätte ich mit Betreten dieser Räumlichkeiten eine Reise in die Zeit französischer Könige angetreten, wären da nicht ein hochmoderner Flachbildfernseher und ein Telefon gewesen. Selbst die Bilder an den Wänden mit ihren breiten, geschwungenen Rahmen passten sich dem Ambiente dieser Räume perfekt an. Und die breiten Betten, mit denen die beiden Schlafzimmer ausgestattet waren, machten die Wahl der Schlafstätte recht schwer. Ausschlag gab jedoch der Ausblick. Ich wählte das Bett mit dem Blick zum Central Park.
Das Bad mit einer Wanne und einer abgetrennten Dusche mit Glastür ließ mir bewusst werden, dass ich eine gewisse Reinigung bitter nötig hatte. Aus vergoldeten Hähnen lief das Wasser in ein aus weißem Marmor bestehendes, ovales Waschbecken, das mit einer goldenen Bordüre verziert war.
Da Darian zwei solcher Suiten auf dem gleichen Flur angemietet hatte, entschieden Dad und Jason, sich die andere zu teilen, während Steven bei uns unterkommen sollte. Ich hielt diese Lösung ebenfalls für die sinnvollste, denn Dad wollte Darian und mich nicht stören und auch Jason dachte ähnlich. Und Steven zusammen mit meinem Vater in einer Suite wäre sicherlich alles andere als eine friedliche Konstellation geworden. Von daher landete der große Überseekoffer in dem Schlafzimmer mit Blick zur achtundfünfzigsten Straße. Wir zogen die Vorhänge zu und ließen Steven schließlich aus seinem Gefängnis.
»Wurde ja auch Zeit«, brummte er verstimmt, faltete sich auseinander und entstieg dem Behältnis – nur, um sogleich nach einem schnellen Rundblick mit einem Schreckensschrei zurück in den Koffer zu hüpfen. »Wo sind wir hier? Frankreich? Vorzimmer zur Inquisition?«
»Nein, in einer Suite im Plaza am Central Park. Aber ich möchte dir vorschlagen, das erst später per Blick aus dem Fenster zu überprüfen, da momentan die Sonne scheint«, gab ich gelassen zurück und reichte ihm die Hand, um ihm abermals herauszuhelfen.
Sichtlich beruhigt entstieg er dem Koffer erneut und überprüfte sogleich die Federung des King-Size-Bettes, indem er sich
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