Blut Schatten
Lilith sah mich von der Seite her amüsiert an. »Keine Sorge, Faye. So schnell bringt mich nichts um. Nicht einmal dein Blut kann das bewirken. Doch sein Herz braucht zusätzlich die Lebenskraft eines Menschen. Welche wäre besser geeignet als deine?«
Verlegen wandte ich den Blick ab und beobachtete, wie mein Blut das Herz in ihrer Hand benetzte. Was immer ich erwartet hatte, das Ergebnis war ernüchternd. Vielleicht hatte ich gehofft, dass es zu schlagen oder vielleicht sogar zu rauchen beginnen würde. Doch es geschah überhaupt nichts.
»Habe Geduld«, meinte sie, legte das Herz auf die klaffende Wunde in Darians Brustkorb und schlug mit der flachen Hand einmal kräftig zu. Ein eklig schmatzender Laut folgte. Ich blickte zur Seite und kämpfte mit abrupt auftretender Übelkeit.
Ich konnte nur inständig hoffen, dass sie wusste, was sie tat, denn ich hatte nicht den Hauch einer Ahnung von dem, was geschah. Abgesehen von der Tatsache, dass sie ein Organ wieder an die Stelle brachte, an die es gehörte. Zumindest grob betrachtet. Gefäßchirurgie schien keines ihrer größten Talente zu sein.
Mich schüttelte es, als ich das rasante Verschließen seiner Verwundung bemerkte und anschließend ein Zittern durch Darians Körper lief. Und ich traute meinen Augen kaum, als ich erneut dieses winzige Glimmen bemerkte, das sich mehr und mehr ausbreitete, bis ich meinen Blick gegen die Helligkeit abschirmen musste. Mein Herz machte einen Satz und begann wie verrückt zu rasen, als ich Sekunden später eine mir wohlbekannte, aber noch sehr brüchige Stimme vernahm: »Verdammt, tut das weh.«
Lilith hingegen war die Ruhe in Person. »Entschuldige, es ist schon etwas länger her, dass ich es anwenden musste.«
Ich glaubte nicht, was ich hier erlebte. So sehr ich das Wunder herbeigesehnt hatte, konnte ich doch kaum begreifen, dass es tatsächlich wahr geworden war. Doch Darian bestätigte es mir. Mit noch sehr belegt klingender Stimme fragte er: »Du weinst, Liebes?«
In Ohnmacht fallen? Nein, keine Zeit und definitiv zuviel Adrenalin im Körper.
»Oh Gott, du lebst!« Überglücklich warf ich mich daher halb auf ihn und bedeckte sein Gesicht mit Küssen. Fortwährend hielt ich inne, um ihn anzusehen und abzutasten. Dabei fuhr ich mit beiden Händen prüfend über seinen verheilten, noch mit Blut gezeichneten Brustkorb, unter dem spürbar kraftvoll sein nun merkwürdig leuchtendes Herz schlug. Egal, er war wieder da. Ich umfasste sein Gesicht, küsste ihn wieder, bis er mich schließlich mühsam lächelnd von sich schob. »Langsam, oder willst du mich umbringen?«
Schlagartig saß ich aufrecht. »Nein. Ganz bestimmt nicht. Nie wieder.«
Mit sichtbarer Anstrengung schob er sich etwas höher und sah sich verunsichert um. »Hätte jemand die Güte mich über das aufzuklären, was hier geschehen ist? Anscheinend war ich im entscheidenden Moment nicht ganz anwesend.«
Michael begann leise zu lachen. Kurz darauf kamen weitere Stimmen hinzu, und schließlich erschien auch auf Liliths Miene ein amüsiertes Lächeln. Verwundert kräuselte Darian die Stirn und stützte sich mit den Ellenbogen ganz ab. »Ist mir etwas Wichtiges entgangen?«
»Ahjarvir hat dich getötet, Schatz«, übernahm ich mit noch leicht zitternder Stimme die Erklärung. Die Erinnerungen waren zu lebendig, als dass ich sie einfach so verdrängen konnte. Erneut kämpfte ich mit den Tränen. Und diesmal gewann ich.
Darian hingegen war irritiert. »Das ist kaum möglich, da ich noch lebe.«
»Nein. Du warst tot. Lilith holte dich zurück.«
Sofort warf Darian ihr einen lauernden Blick zu. »Zu welchem Preis?«
Nanu? Er fragte nicht nach dem Wie. Ihn interessierte nur das Warum. Mir schwante, dass ihm Liliths etwas kuriose Technik der Totenbeschwörung nicht ganz unbekannt war. Zögerlich begann ich: »Das -«
»- werde ich ihm selbst erklären«, unterbrach sie mich, erhob sich und sah auf ihn hinunter. »Begleite mich ein Stück, Dahad, dann erfährst du alles.«
Sehr schwerfällig und nur mit erheblicher Hilfe meinerseits kam Darian auf die Beine, murmelte dabei etwas von Auseinanderfallen und stützte sich flüchtig auf mir ab. Dann winkte er Lilith zu sich heran und hielt sich an ihrem Arm fest. »Lass hören, ich bin ganz Ohr. Aber bitte nicht zu schnell. Aus irgendeinem Grund komme ich mir gerade wie ein Greis vor.«
Ihre Hand berührte seine in einer verständnisvollen Geste. »Ich habe alle Zeit der Welt.« Dabei umfasste sie seine Taille und
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