Blut Schatten
wurden tellerrund. »Ruhig wie verdammt zu ruhig.«
»Mist.« Darian klopfte dem Fahrer gegen die Rückenlehne. »Geht's eventuell schneller?«
- Kapitel Elf -
W ir ließen uns nicht direkt vor der Werkstatt absetzen, sondern stiegen ein paar Seitenstraßen vorher aus. Während Darian mit Jason vorauseilte, blieb Steven bei mir. Er hatte meine Hand ergriffen, damit seine Fähigkeit der Verhüllung und Lautlosigkeit auch auf mich überging. Steven hatte diese Technik vor einiger Zeit schon einmal genutzt, von daher wusste ich, dass wir uns zwar leise miteinander unterhalten konnten, aber dennoch darauf achten mussten, welche Spuren wir hinterließen. Denn diese Form der Tarnung umgab uns wie eine Art mobile Glocke, die nur einen begrenzten Radius hatte. Eine Glocke wie aus Glas, in der wir zwar alles außen Geschehende mitbekamen, jedoch von uns nichts nach außen drang. Es sei denn, ein sehr erfahrener und alter Vampir war in der Nähe und spürte etwas, oder jemand wie Darian benutzte selbst diese Technik und wusste, worauf er genau zu achten hatte. So liefen wir den beiden Männern in sicherem Abstand hinterher.
Wir umrundeten die letzte Hausecke, da blieb Steven abrupt stehen und riss mich zurück. Warnend legte er einen Finger an seine Lippen und wies mit dem Kinn auf die schlecht beleuchtete Straße hin.
Da sah auch ich ihn. Groß, schlank, mitten auf dem Fahrweg, den Gehstock mit dem Silberknauf spielerisch in einer Hand wiegend, und mir entschieden zu real.
»Steht er da oder meine ich nur, dass er da steht?«, fragte ich verhalten. Steven kniff mich kurzerhand in den Oberarm. »Aua!« Okay, er war wirklich da.
»Er ist alt«, sagte Steven leise. »Sehr alt und ich habe keine Ahnung, wie gut er ist. Also sollten wir möglichst leise sein.«
Zustimmend nickte ich und spähte wieder vorsichtig um die Hausecke. Dieser Vampir war ganz so, wie ich ihn in meinen Visionen gesehen hatte. Seine arrogante Haltung verstärkte nur den Eindruck, dass er mit jeder Faser seines Körpers den unbedingten Willen zum Sieg ausstrahlte. Einen unbedingten Willen allerdings, den auch der große blonde Wikinger besaß, der ihm nun sichtbar entgegentrat.
»Du bewegst dich in meinem Jagdgebiet, Dahad«, meinte der Dunkle in leicht schleppendem Tonfall. »Wie komme ich zu dieser Ehre?«
»Mir kam zu Ohren, dass du etwas verloren hast, Letavian«, vernahm ich Darians trockene Erwiderung. »Daher beschloss ich, dir beim Suchen zu helfen, alter Freund.«
Letavian ging ein paar Schritte auf Darian zu, wich dann zur Seite aus. Es war interessant zu sehen, wie sie einander elegant im scheinbaren Tanze umrundeten. Wie sie sich gegenseitig nicht aus den Augen ließen und dabei Smalltalk führten, als befänden sie sich auf einer Teeparty.
»Ach bitte, Dahad«, stöhnte Letavian gespielt theatralisch und beschrieb mit dem Gehstock eine Geste, »du unternimmst den weiten Weg von London nach New York nur, weil du glaubst, ich hätte etwas verloren? Du überraschst mich. Bist du auf deine alten Tage sentimental geworden? Wie lang ist es her, dass unsere Wege sich kreuzten? Zehn Jahre? Hundert?«
»Zeit ist irrelevant, Letavian. Was spielt sie für Wesen wie uns für eine Rolle? Es freut mich aber, dass du dich an mich erinnerst.« Darian lächelte, während er mit kreuzenden Schritten die Distanz zu seinem Gegenüber hielt.
»Wie könnte ich dich vergessen? Zumal ich stets über gewisse Aktivitäten auf dem Laufenden gehalten werde. Du weißt, mon ami ...« Er betrachtete kurz seine Fingernägel, ehe er fortfuhr: »Informationen sind mein Geschäft. Ohne sie wäre ein Überleben in dieser unfreundlichen Welt doch kaum mehr möglich. Aber wem sage ich das?«
»Wohl wahr. Wie kommt es dann, Letavian, dass deine Informationen versagten, als dir etwas abhanden kam?« Darians freundliches Lächeln musste wie eine Ohrfeige wirken.
In der Tat. Sein Gegenüber zuckte kaum merklich zusammen und rang sich ein falsches Lächeln ab. »Wenn man älter wird, Dahad, ist man ab und zu etwas unaufmerksam. Du wirst mir sicher beipflichten. Diese Unaufmerksamkeiten können allerdings jederzeit aus dem Weg geräumt werden. Und etwas Jagdfieber darf dabei sein, meinst du nicht? Ah, es ist doch immer wieder angenehm, mit dir zu plaudern. Leider muss ich dies nun beenden. Du verstehst sicher, immer diese lästigen Verpflichtungen.«
»Selbstverständlich, Letavian«, meinte Darian fast bedauernd. »Dann lass dich bitte nicht aufhalten. Du hast sicher
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