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Blut - Skeleton Crew

Blut - Skeleton Crew

Titel: Blut - Skeleton Crew Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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aber diesmal verbarg er es ein bisschen besser. Wie kommt so ein netter Kerl wie du nur zu so einer Familie? hatte sein Freund Bernie Epstein ihn einmal gefragt, und Richard hatte nur den Kopf schütteln können und die gleiche dumpfe Scham verspürt wie jetzt. Er war ein netter Kerl. Und doch war er aus irgendeinem Grund hier gelandet  – bei einer übergewichtigen mürrischen Frau, die sich um die schönen Dinge des Lebens betrogen fühlte, die das Gefühl hatte, auf das falsche Pferd gesetzt zu haben (es aber nie offen zugab), und einem verschlossenen fünfzehnjährigen Sohn, der kaum etwas an der Schule lernte, wo Richard unterrichtete … einen Sohn, der morgens, mittags und nachts (mit Vorliebe nachts) schräge Akkorde auf der Gitarre klimperte und zu glauben schien, das würde ihn irgendwie durchs Leben bringen.
    »Und wie wär’s mit einem Bier?«, fragte Richard. Er wollte Nordhoff nicht gehen lassen – er wollte mehr über Jon hören.
    »Ein Bier würde jetzt toll schmecken«, sagte Nordhoff, und Richard nickte dankbar.
    »Gut«, sagte er und ging nach hinten, um ein paar Bud zu holen.
     
    Sein Arbeitszimmer befand sich in einem kleinen schuppenartigen Gebäude abseits vom Haus – er hatte es, wie das Familienzimmer, selbst ausgebaut. Aber im Gegensatz zum Familienzimmer war dies ein Ort, den er als sein eigen betrachtete – ein Ort, wo er die Fremde, die er geheiratet und den Fremden, den sie zur Welt gebracht hatte, aussperren konnte.
    Lina billigte selbstverständlich nicht, dass er ein eigenes Zimmer hatte, aber sie hatte nichts dagegen machen können  – es war einer der wenigen kleinen Siege, die er über sie errungen hatte. Er überlegte, dass sie in gewisser Weise wirklich aufs falsche Pferd gesetzt hatte – als sie vor sechzehn Jahren geheiratet hatten, hatten sie beide geglaubt, er würde wunderbare lukrative Romane schreiben, und sie würden beide bald einen Mercedes-Benz fahren. Aber der einzige Roman, den er veröffentlicht hatte, war nicht lukrativ gewesen, und die Kritiker hatten auch rasch darauf hingewiesen, dass er nicht wunderbar war. Lina hatte sich der Meinung der Kritiker angeschlossen, und das war der Anfang ihres Auseinanderlebens gewesen.
    Der Lehrerjob an der Highschool, den beide nur als Sprungbrett auf dem Weg zu Erfolg, Ruhm und Reichtum angesehen hatten, war in den letzten fünfzehn Jahren ihre Haupteinnahmequelle gewesen – ein verdammt langes Sprungbrett, dachte er manchmal. Aber er hatte seinen Traum nie ganz begraben. Er schrieb Kurzgeschichten und gelegentlich Artikel. Er war ein angesehenes Mitglied des Schriftstellerverbands. Er verdiente jährlich etwa fünftausend Dollar zusätzlich mit seiner Schreibmaschine, und das berechtigte ihn zu einem eigenen Arbeitszimmer, wie sehr Lina auch murren mochte … zumal sie sich weigerte, eine Arbeit anzunehmen.
    »Sie haben ein hübsches Zimmer hier«, sagte Nordhoff, und sah sich in dem kleinen Zimmer mit den alten Stichen an den Wänden um. Der Textcomputer-Bastard stand auf dem Schreibtisch, Richards alte elektrische Olivetti war vorübergehend auf einen der Aktenschränke verbannt worden.
    »Es erfüllt seinen Zweck«, sagte Richard. Er nickte zum Textcomputer. »Sie glauben doch nicht, dass dieses Ding wirklich funktioniert, oder? Jon war erst vierzehn.«
    »Sieht komisch aus, nicht?«
    »Kann man wohl sagen«, stimmte Richard zu.
    Nordhoff lachte. »Sie wissen nicht einmal die Hälfte«, sagte er. »Ich hab die Rückseite der Videoeinheit angesehen. Auf einigen Drähten steht IBM, auf anderen Radio Shack. Der Großteil eines Western Electronic-Telefons ist eingebaut worden. Und ob Sie’s glauben oder nicht, ein kleiner Motor von Erector Set.« Er trank Bier und sagte als eine Art Nachgedanke: »Fünfzehn. Er war gerade fünfzehn geworden. Ein paar Tage vor dem Unfall.« Er verstummte, betrachtete seine Bierflasche und wiederholte: »Fünfzehn.« Er sagte es nicht laut.
    »Erector Set?« Richard sah den alten Mann blinzelnd an.
    »Ganz recht. Von Erector Set gibt es einen Elektromodellbaukasten. Jon hatte einen, seit er … etwa sechs war. Ich habe ihn ihm einmal zu Weihnachten geschenkt. Er war schon damals verrückt nach technischem Krimskrams. Alles war ihm recht, und hat ihm dieser Baukasten mit Erector-Set-Motoren gefallen? Kann man wohl sagen. Er hat ihn fast zehn Jahre gehabt. Das machen nicht viele Kinder, Mr. Hagstrom.«
    »Nein«, sagte Richard und dachte an die Kisten von Spielzeug von Seth,

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