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Blut - Skeleton Crew

Blut - Skeleton Crew

Titel: Blut - Skeleton Crew Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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gewesen war, zum Textcomputer, den sein toter Neffe zusammengestückelt hatte.
    Vielleicht erleben Sie eine Überraschung, hörte er Nordhoff im Geiste sagen. Vielleicht erleben Sie eine Überraschung, o ja, wenn ein Junge in den Fünfzigerjahren Elementarteilchen entdecken konnte, die sich rückwärts durch die Zeit bewegen, wäre es durchaus möglich, dass Sie eine große Überraschung erleben, was Ihr genialer Neffe aus weggeworfenen Textcomputerteilen und Drähten und Elektrozubehör machen konnte. Sie könnten so eine Überraschung erleben, dass Sie das Gefühl haben, den Verstand zu verlieren.
    Der Transformatorgeruch war jetzt stärker, voller, und er sah Rauchschwaden aus den Lüftungsschlitzen im Bildschirmgehäuse aufsteigen. Auch der Lärm in der CPU war lauter. Es war Zeit auszuschalten – so klug Jon auch gewesen war, er hatte offensichtlich keine Zeit gehabt, alle Mängel dieses verrückten Dings zu beheben.
    Aber hatte er gewusst, dass es das machen würde?
    Mit dem Gefühl, eine Ausgeburt seiner eigenen Fantasie zu sein, setzte sich Richard vor den Bildschirm und tippte:
    DAS FOTO MEINER FRAU HÄNGT AN DER WAND.
    Er betrachtete es einen Moment, dann die Tastatur und drückte die Execute-Taste. Er sah zur Wand.
    Linas Foto hing wieder da, wo es immer gewesen war.
    »Jesus«, flüsterte er. »Jesus Christus!«
    Er fuhr sich mit der Hand über die Wange, sah auf die Tastatur (leer bis auf den Cursor) und tippte:
    MEIN FUSSBODEN IST LEER.
    Dann drückte er die Insert-Taste und tippte:
    BIS AUF ZWÖLF 20-DOLLAR-GOLDMÜNZEN IN EINEM KLEINEN BAUMWOLLSÄCKCHEN.
    Er drückte EXECUTE.
    Er sah auf den Boden, wo jetzt ein kleines weißes Baumwollsäckchen lag, das mit einem Bindfaden verschnürt war. WELLS FARGO stand mit verblasster schwarzer Tinte auf diesem Säckchen.
    »Großer Gott«, hörte er sich mit einer Stimme sagen, die nicht seine eigene war. »Großer Gott, großer gütiger Gott …«
    Er hätte den Namen Gottes vielleicht noch minuten- oder stundenlang aufgesagt, wenn der Textcomputer nicht plötzlich angefangen hätte zu piepsen. Das Wort OVERLOAD flimmerte über den Bildschirm.
    Richard schaltete hastig alles aus und stürzte aus seinem Arbeitszimmer, als wären sämtliche Teufel der Hölle hinter ihm her.
    Aber bevor er ging, hob er das kleine Säckchen vom Boden auf und schob es in die Hosentasche.
     
    Als er an diesem Abend Nordhoff anrief, spielte ein kalter Novemberwind atonal Dudelsack draußen in den Bäumen. Seths Gruppe war unten und massakrierte ein Stück von Bob Seger. Lina spielte Bingo im Gemeindesaal von Our Lady of Perpetual Sorrows.
    »Funktioniert die Maschine?«, fragte Nordhoff.
    »Die funktioniert«, sagte Richard. Er griff in die Tasche und holte eine Münze hervor. Sie war schwer – schwerer als eine Rolex-Uhr. Auf einer Seite war das grimmige Profil eines Adlers eingeprägt sowie die Jahreszahl 1871. »Sie funktioniert auf eine Art und Weise, die Sie nie glauben würden.«
    »Vielleicht doch«, sagte Nordhoff gelassen. »Er war ein sehr kluger Junge, und er hat Sie sehr gern gehabt, Mr. Hagstrom. Aber seien Sie vorsichtig. Ein Junge ist nur ein Junge, mag er noch so klug sein, und Liebe kann auch irregeleitet sein. Verstehen Sie, was ich meine?«
    Richard verstand ganz und gar nicht, was Nordhoff meinte. Er fühlte sich heiß und fiebrig. In der Zeitung war der gegenwärtige Goldpreis mit 514 Dollar pro Unze angeführt. Die Münzen hatten auf seiner Briefwaage ein Durchschnittsgewicht von 4,5 Unzen pro Stück ergeben. Das machte beim momentanen Goldpreis insgesamt 27756 Dollar. Und er vermutete, dass das möglicherweise nur ein Viertel dessen war, was er für diese Münzen bekommen konnte, wenn er sie als Münzen verkaufte.
    »Mr. Nordhoff, könnten Sie herkommen? Jetzt? Heute Abend?«
    »Nein«, sagte Nordhoff. »Nein, ich glaube, das möchte ich nicht, Mr. Hagstrom. Ich glaube, es sollte zwischen Ihnen und Jon bleiben.«
    »Aber …«
    »Vergessen Sie nur nicht, was ich gesagt habe. Seien Sie um Gottes willen vorsichtig.« Es klickte leise, Nordhoff hatte aufgelegt.
     
    Eine halbe Stunde später war Richard wieder in seinem Arbeitszimmer und betrachtete den Textcomputer. Er berührte die On/Off-Taste, schaltete aber noch nicht ein. Als Nordhoff es zum zweiten Mal gesagt hatte, hatte er es verstanden. Seien Sie um Gottes willen vorsichtig. Ja. Er würde vorsichtig sein müssen. Eine Maschine, die so etwas machen konnte …
    Wie konnte eine Maschine so etwas

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