Blut - Skeleton Crew
hoch. Er war kaputt, aber er grinste trotzdem. In dieser Nacht erwachte Hal mit voller Blase aus einem schlechten Traum und stand auf, um zur Toilette auf dem Flur zu gehen. Bill war ein atmendes Bündel Decken auf der anderen Seite des Zimmers.
Schlaftrunken kam Hal zurück … und plötzlich begann der Affe in der Dunkelheit seine Zimbeln zu schlagen.
Tsching-tsching-tsching-tsching …
Hal war mit einem Mal hellwach, als hätte ihm jemand mit einem kalten, nassen Handtuch ins Gesicht geschlagen. Sein Herzschlag stockte vor Überraschung einen Moment, und leises mausartiges Quieken entrang sich seiner Kehle, mit weit aufgerissenen Augen und zitternden Lippen starrte er den Affen an.
Tsching-tsching-tsching-tsching …
Der Affe ruckte auf dem Regal hin und her. Seine Lippen öffneten und schlossen sich, öffneten und schlossen sich bösartig fröhlich und entblößten riesige Fangzähne.
»Hör auf«, flüsterte Hal.
Sein Bruder drehte sich um und gab ein lautes Schnarchen von sich. Sonst war alles still … außer dem Affen. Die Zimbeln klapperten und schepperten, und bestimmt würde der Affe seinen Bruder, seine Mutter, die ganze Welt aufwecken. Er würde die Toten aufwecken.
Tsching-tsching-tsching-tsching …
Hal ging darauf zu, wollte ihn irgendwie zum Schweigen bringen, vielleicht seine Hand zwischen die Zimbeln halten, bis er abgelaufen war – aber dann hörte er von allein wieder auf. Die Zimbeln schlugen ein letztes Mal gegeneinander – tsching! – und kehrten langsam in ihre ursprüngliche Position zurück. Das Messing schimmerte in den Schatten. Die schmutzig-gelblichen Zähne des Affen grinsten.
Es war wieder still im Haus. Hals Mutter drehte sich einmal in ihrem Bett um und wiederholte Bills Schnarchen. Hal kroch wieder ins Bett unter seine Decken, sein Herz schlug schnell und er dachte: Ich werde ihn morgen in die Rumpelkammer zurückbringen. Ich will ihn nicht.
Aber am nächsten Morgen vergaß er völlig, den Affen wegzubringen, weil seine Mutter nicht zur Arbeit ging. Beulah war tot. Ihre Mutter wollte ihnen nicht erzählen, was geschehen war. »Es war ein Unfall, einfach ein schrecklicher Unfall«, mehr wollte sie nicht sagen. Aber an diesem Nachmittag kaufte Bill auf dem Heimweg von der Schule eine Zeitung und schmuggelte Seite vier unter seinem Hemd ins Zimmer. Bill las Hal den Artikel stockend vor, während ihre Mutter in der Küche das Abendessen zubereitete, aber die Überschrift konnte Hal selbst entziffern – ZWEI TOTE BEI SCHIESSEREI IN WOHNUNG. Beulah McCaffery, 19, und Sally Tremont, 20, waren von Miss McCafferys Freund, Leonard White, 25, erschossen worden, nachdem es zu einem Streit gekommen war, wer noch einmal weggehen und chinesisches Essen besorgen sollte. Miss Tremont war im Hartford Receiving gestorben. Beulah McCaffery war noch am Tatort für tot erklärt worden. Es war so, als wäre Beulah einfach in eine ihrer Detektivgeschichten entschwunden, dachte Hal Shelburn, und fühlte, wie ihm ein kalter Schauder über den Rücken lief und sich ihm ums Herz legte. Und dann fiel ihm auf, dass die Schießerei etwa zur gleichen Zeit stattgefunden hatte, als der Affe …
»Hal?« Es war Terrys schläfrige Stimme. »Kommst du ins Bett?«
Er spuckte die Zahnpasta ins Waschbecken und spülte den Mund aus. »Ja«, rief er.
Er hatte den Affen vorher in den Koffer gelegt und abgeschlossen. In zwei oder drei Tagen würden sie nach Texas zurückfliegen. Aber zuvor würde er das verdammte Ding für immer loswerden. Irgendwie.
»Du bist heute Nachmittag mit Dennis ganz schön grob umgesprungen«, sagte Terry im Dunkeln.
»Ich glaube, Dennis braucht schon lange jemand, der grob zu ihm ist. Er hat sich gehen lassen. Ich möchte nicht, dass er auf die schiefe Bahn gerät.«
»Psychologisch betrachtet sind Prügel keine sehr wirkungsvolle …«
»Ich habe ihn nie und nimmer verprügelt, Terry … um Gottes willen!«
»… Maßnahme zur Aufrechterhaltung elterlicher Autorität …«
»Ach, komm mir nicht mit dieser Gruppentherapiescheiße«, sagte Hal wütend.
»Ich sehe, dass du nicht darüber sprechen willst.« Ihre Stimme war kalt.
»Ich habe ihm auch befohlen, den Stoff aus dem Haus zu schaffen.«
»Tatsächlich?« Jetzt klang sie besorgt. »Wie hat er es aufgenommen? Was hat er gesagt?«
»Komm schon, Terry, was hätte er sagen können? Du bist gefeuert?«
»Hal, was ist los mit dir? Du bist sonst nicht so – was ist denn?«
»Nichts«, sagte er und
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