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Blut - Skeleton Crew

Blut - Skeleton Crew

Titel: Blut - Skeleton Crew Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Wirf ihn raus. Aber kann man ihn überhaupt jemals loswerden?
    Der Affe grinste ihn spöttisch an und hielt die Zimbeln dreißig Zentimeter auseinander. Ist er in jener Nacht, als Tante Ida starb, plötzlich nicht zum Leben erwacht? fragte sich Hal auf einmal. War dies das letzte Geräusch, das sie hörte, das gedämpfte Tsching-tsching-tsching des Affen, der auf dem dunklen Dachboden seine Zimbeln schlug, während der Wind durch die Regenrinne pfiff?
    »Vielleicht ist diese Idee gar nicht so verrückt«, sagte Hal langsam zu seinem Sohn. »Hol deine Flugtasche, Petey.«
    Petey sah ihn unsicher an. »Was werden wir machen?«
    Vielleicht können wir ihn loswerden. Vielleicht für immer, vielleicht nur für eine Weile … eine lange oder kurze Weile. Vielleicht wird er einfach immer und immer wieder zurückkommen, und wir können nichts dagegen tun … aber vielleicht kann ich – können wir – ihm für lange Zeit Lebewohl sagen. Er hat zwanzig Jahre gebraucht, um aus dem Brunnen herauszukommen …
    »Wir machen eine Autofahrt«, sagte Hal. Er fühlte sich jetzt ziemlich ruhig, aber irgendwie zu schwer in seiner Haut. Sogar seine Augäpfel schienen schwerer geworden zu sein. »Aber zuerst möchte ich, dass du mit deiner Flugtasche rausgehst und dort drüben am Rand des Parkplatzes drei oder vier große Steine suchst. Die legst du dann in die Tasche und bringst sie mir. Kapiert?«
    Verständnis flackerte in Peteys Augen auf. »In Ordnung, Daddy.«
    Hal sah auf die Uhr. Es war fast Viertel nach zwölf. »Beeil dich. Ich möchte weg sein, bevor deine Mutter zurückkommt.«
    »Wohin fahren wir?«
    »Zum Haus von Onkel Will und Tante Ida«, sagte Hal. »Nach Hause.«
     
    Hal ging ins Bad und sah hinter die Toilette und nahm die Klobürste, die dort lehnte. Er nahm sie mit ans Fenster und hielt sie dort in der Hand wie einen erstklassigen Zauberstab. Er beobachtete, wie Petey in seiner Wolljacke den Parkplatz überquerte, die Flugtasche mit der weißen Aufschrift DELTA auf blauem Grund in der Hand. Eine Fliege summte in der oberen Ecke des Fensters; summte langsam und schwerfällig, weil die warme Jahreszeit vorüber war. Hal wusste, wie ihr zumute war.
    Er sah, wie Petey drei große Steine einpackte und sich auf den Rückweg über den Parkplatz machte. Ein Auto bog um die Ecke des Motels, ein Auto, das zu schnell fuhr, viel zu schnell, und ohne nachzudenken griff er mit der Art von Reflex, die ein guter Fänger zeigt, nach rechts, die Hand mit der Klobürste zuckte wie bei einem Karateschlag nach unten … und stoppte.
    Die Zimbeln schlossen sich lautlos über seine dazwischengeschobene Hand, und er spürte etwas in der Luft. Etwas wie Wut.
    Die Autobremsen quietschten. Petey sprang zurück. Der Fahrer winkte ihm, ungeduldig, als ob das, was beinahe passiert wäre, Peteys Schuld war, und Petey rannte mit wehendem Kragen über den Parkplatz zum Hintereingang des Motels.
    Schweiß rann Hals Brust hinab; er fühlte ihn auf der Stirn wie einen öligen Sprühregen. Die Zimbeln drückten kalt gegen seine Hand, betäubten sie.
    Mach schon, dachte er grimmig. Mach schon, ich kann den ganzen Tag warten. Bis die Hölle zufriert, wenn es sein muss.
    Die Zimbeln zogen sich auseinander und blieben ruhig. Hal hörte ein schwaches Klicken aus dem Innern des Affen. Er zog die Klobürste zurück und betrachtete sie. Einige der weißen Borsten waren geschwärzt, als ob sie angesengt wären.
    Die Fliege brummte und summte und versuchte, den kalten Oktobersonnenschein zu finden, der so nahe schien.
    Petey kam schwer atmend mit rosigen Wangen hereingeplatzt. »Ich hab drei gute gefunden, Dad, ich …« Er hielt inne. »Bist du in Ordnung, Daddy?«
    »Bestens«, sagte Hal. »Bring mir die Tasche.«
    Hal hangelte mit dem Fuß den Tisch am Sofa vorbei zum Fenster unter die Fensterbank und stellte die Flugtasche darauf. Er klappte sie auf wie einen Mund. Er konnte die Steine, die Petey gesammelt hatte, darin schimmern sehen. Er benutzte die Klobürste, um den Affen nach vorn zu schieben. Dieser schwankte einen Moment und fiel dann in die Tasche. Es machte leise tsching, als eine der Zimbeln gegen die Steine schlug.
    »Dad? Daddy?« Petey klang ängstlich. Hal drehte sich zu ihm um. Etwas war anders; etwas hatte sich verändert. Was war es?
    Dann sah er, wohin Peteys Blick gerichtet war und er wusste es. Das Summen der Fliege hatte aufgehört. Sie lag tot auf der Fensterbank.
    »War das der Affe?«, flüsterte Petey.
    »Komm«, sagte Hal

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