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Blut soll fließen

Blut soll fließen

Titel: Blut soll fließen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Ellroy
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wanderten von hier nach dort, und die Umarmung wurde intensiver. Ihr Kuss dauerte. Sie wollten ihn beschleunigen, er verlangsamte ihn.
    Das Licht erlosch. Seine Frau hatte nach einem Schalter gefasst. Er versuchte, Stimmen wahrzunehmen, und hörte nichts.
    Er meldete sich krank. »Ca va, schade«, sagte Franzmännchen. »Tiger-Klaue liegt in St. Ann's Bay, Jamaika, im Trockendock. Du wirst ihre Ankunft verpassen.«
    Er versorgte sich mit Vorräten: mit Amphetaminen, Notizblöcken und Stiften. Er kaufte drei weitere Ventilatoren. Er ging den Code an.
    Er begann mit den Buchstaben S und K. Das hatte er aus dem Code-Substituierungs-Aufsatz der CIA gelernt. Dreifach-Zahlen-kombinationen verwiesen jeweils auf ein S und ein K. Jede Zahl erforderte Subtraktions- und Multiplikationswerkzeuge. Summen verwiesen auf Buchstaben des Alphabets. Die Ergebnisse fielen beliebig aus. Die Summen unterschieden sich an unterschiedlichen Tabulationspunkten. Die Aufgabe des Code-Knackers: aus dem Kauderwelsch Worte und Zahlen zu bilden.
    Zahlen, Buchstaben, Symbole. Fangen wir mit den Symbolen an.
    Das waren Schnörkel, Strichmännchen und X-Zeichen. Sie kamen überall, in unregelmäßigen Abständen, in Gretchen/Celias Adressbuch vor. Dem CIA-Code-Buch zufolge verwiesen sie auf Voodoo. »Darstellung des geistigen Chaos durch einen Voodoo-Priester, während ein Opfer verhext wird.«
    Symbole aufarbeiten. Erst zu den Buchstaben-Zahlen weitergehen, wenn du Bescheid weißt.
    Er schluckte Amphetamine, trank Kaffee, ließ drei Ventilatoren und die Klimaanlage laufen. Er starrte auf die neunundvierzig Symbole in Gretchen/Celias Buch. Und ihm lief der Schweiß in seinem Iglu herunter.
    Drei Symbole wiederholten sich: Kringel/Schnörkel, Strichmännchen und das X. Sie mussten die gleiche wiederholte Bedeutung haben. Er starrte das Buch neun Stunden lang an. Und gelangte zur Schlussfolgerung:
    Wiederholung bedeutete Banalität. Das hieß, dass Gret chen/Celia sich langweilte. Sie spickte ihre Darstellung mit Kleinfiguren, um sich zu amüsieren und potentielle Leser zu verwirren. Die Symbole bedeuteten nichts Besonderes. Sie waren harmlos.
    Zweite Schlussfolgerung: Dies waren Abkürzungen. Dritte Schlussfolgerung: Der verborgene Text war zusammenhängend, aber abgekürzt. Gretchen/Celias Kursivschrift wirkte fieberhaft. Sie war nervös, sie entwarf hastig, die Codierung verbrauchte ihre Energie. Vierte Schlussfolgerung: Die Symbole standen für und, der/die/das und um.
    Er strich die Symbole aus und fügte die entsprechenden Worte auf seiner Kopie ein. Das wirkte zusammenhängend. Die Platzierung wirkte richtig.
    Er hatte Herzklopfen. Sein Herz schlug heftig an die Rippen. Er hörte Stimmen in seinem Kopf. Er sah DAS AUGE und die ABGESCHNITTENEN HÄNDE UND FÜSSE, ohne sie beschworen zu haben. Er verlor Gewicht und fühlte, wie seine Hose zu rutschen anfing.
    Zwei Tage später. Additionen, Subtraktionen und Multiplikationen brachten ihm das Gehirn zum Sieden. Er kippte trotz der Amphetamine weg. Er wachte auf und sah Zahlen. Seine Schreibhand fing an zu zittern. Er war sich nicht sicher, was er entdeckt hatte. Er entschied sich, die wiederholten Zahlen als Konsonanten zu betrachten. Er glaubte ein L und ein Tzu erhalten. Er erhielt immer wieder die Summe 14. Alles schien zu schwanken.
    Die Bewegung des Vierzehnten Juni, alias 14/06. Castro-ge-stützte Rote fallen in der DOM ein.
    Und:
    Vor jeder 14 stand ein der/die/das. Bis jetzt war seine Decodie-rung stimmig.
    Dadurch kam er aufs O und aufs F. Dadurch aufs /, U und das N. Neuer Schock: Der Vokal E war immer am richtigen Ort.
    Er schluckte noch mehr Amphetamine, trank noch mehr Kaffee, pinkelte fast braun. Die Haut hing ihm schlaff von den Knochen wie bei einem Junkie. Er bekam sechs weitere Buchstaben-Zahlen-Kombinationen, die ihm richtig vorkamen. Er kippte fünf Stunden weg. Er wachte benommen auf und betete. Er zwang sich, einen Apfel zu essen. Er setzte mit einer Handvoll Amphetamine nach. Er kam wieder zu Krä-Krä-Krä-Krä-Krä-Kräften und machte sich daran, mit den ermittelten Codes und seinem Instinkt Worte zu bilden.
    Das dauerte elf Stunden. Das bestätigte den ersten Eindruck von Managua. Ja, das ist ein papierener Fluch und ein Totenbuch. Nein, es ist noch viel mehr.
    Abkürzungen, ausgelassene Worte, bruchstückhafter Text. Und trotzdem völlig zusammenhängend. Die Geschichte des 14.06.59 aus Sicht der Beteiligten.
    Wir schreiben den 13.06.59. Die Bewegung hat die Rückendeckung

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