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Blut soll fließen

Blut soll fließen

Titel: Blut soll fließen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Ellroy
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Erstaunen versetzen. DH: Es ist lebhaft, Sir. JH: Ist auch von mir die Rede? DH: Kontrovers, Sir.
    JEH: Nehmen Sie Anstoß daran, dass die Dame Ihre problematische Liaison für die Nachwelt festhält? Im Lebenslauf erwähnt sie tägliche Tagebucheintragungen. Es wäre denkbar, dass sie Eintragungen über ihren auf gesellschaftliche Unterdrückung bedachten Liebhaber gemacht hat.
    DH: Ich bin heimlich in ihrer Wohnung gewesen, Sir. Die bisherigen Notizen waren lobender Art. JEH: Mit Grund, nehme ich an. DH: Danke, Sir.
    JEH: Ich baue ab, Dwight. Ich bin mir dessen bewusst, und ebenso der Tatsache, dass Sie sich dessen bewusst sind. Ich bin ein Boxer, der seit langem im Ring steht, der jedoch gerade deswegen - und nicht etwa trotzdem - gefährlich bleibt. DH: Ich habe Sie voll und ganz verstanden, Sir, JEH: Guten Tag, Dwight. DH: Guten Tag, Sir.
    DOKUMENTENEINSCHUB : 25.08.68. Auszug aus dem privaten Tagebuch von Karen Sifakis.
    Los Angeles, 25. August 1968
    Ich sollte in Chicago sein. Wie-heißt-er-doch reist dort aui dem Weg nach Philadelphia vorbei und wird mir telefonisch Bericht erstatten, Es wird schlimm, das wissen alle; ebenso wie alle wissen, dass Nixon gegen Humphrey keine Alternative darstellt und dass sich der Krieg unabhängig vom Wahlausgang im November fortsetzen wird. Der vorliegende Eintrag erfolgt wie jeder andere Eintrag während des Parteitags in mein zweites Tagebuch, das ich hier in der Schule verstecke und das Dwight nie zu sehen bekommen darf. Wegen der Namen, die ich vielleicht notieren werde. Mr. Hoover (und entsprechend Dwight) ist besessen von Akten und geht davon aus, dass jeder in der Protestbewegung jeden anderen kennt und als politischer Aktivist über eine große Bandbreite an politischen Kontakten verfügt. Was natürlich keineswegs zutrifft. Selbstverständlich können Liebesbeziehungen - meist kurz und leidenschaftlich und an fraktionellen Differenzen scheiternd - querbeet erfolgen, aber nicht politische Verschwörungen im strafrechtlichen Sinne. Die politische Rechte definiert sich durch Paranoia (wobei sich Dwight derselben zu entziehen versucht und sie gelegentlich mit sardonischem Humor kritisiert), doch die Linke ebenso. Jeder kennt jeden und verdächtigt jeden und ist zugleich auf jeden anderen angewiesen. Das führt zu Bruchlinien, entlang derer sich persönliche und politische Absichten verschieben, was zumindest die feindlichen Weltanschauungen, geheimen Übereinstimmungen und tiefe Bundesgenossenschaft von Dwight und mir erklärt.
    Gott, Dwight Chalfont Holly und »Genosse« in einem Satz!
    Chicago wird schlimm. Danny T. und Sid E haben mich telefonisch vorgewarnt. Mit ihrer Entschlossenheit, Hubert Humphrey seiner Wählchancen zu berauben und die Wahl des Mannes zu befördern, der die Unterdrückung fördern und die Chancen für eine irgendwann einmal zu erwartende Revolution steigern soll, kann man sie als marxistische Nixon-Anhänger bezeichnen. Dass ihre destruktive Dummheit zahlreiche Leben zerstören wird, erkennen nur Utilitaristen wie ich (und, letztlich, D. H.). Dwight kann mich zu fast allem bringen, wenn er mich überzeugt, dass dies für den Augenblick die Aussicht auf Tod und Zerstörung verringert. In Chicago scheint eine große Mehrheit zu glauben, die echte persönliche Empörung und den persönlichen widerwärtigen Hass jenseits aller utilitaristischen Bedenken austoben zu dürfen, und das macht mir Angst.
    Die Parteitagshalle ist mit Stacheldraht gesichert und 5000 Spe-zialpolizisten sind eingeflogen, während 5000 weitere auf Abruf bereitstehen. W. H. N. (der insgeheim eine morbide Freude an Waffen hat) sagte, dass Maury W. gesehen haben will, wie man am O'Hare-Flugplatz kistenweise Raketenwerfer ausgeladen habe, Ein Taxistreik läuft; eine große Busfahrergewerkschaft ist streikbereit; die Elektriker haben am 8. Mai zu streiken angefangen, wodurch die Telefonverbindungen innerhalb der Stadt und Umgebung hoffnungslos zusammengebrochen sind. W H. N. prophezeit, dass an die 100 000 Radikale oder radikal Verbündete (hauptsächlich Spinner und Krawallbrüder aus der Untergrundkultur sowie überspannte Linke) anreisen werden. Es wird schlimm, weil alle schon so lange darauf warten, dass es endlich schlimm wird, und weil man darauf besteht, sich auf eine so widerliche und so widerlich Aufmerksamkeit erregende Art und Weise die Meinung zu sagen, was den Vorgang für mich nur noch trauriger macht.
    Also werde ich um Frieden beten und spüren, wie Eleanora in mir

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