Blut und Harz
früh.«
Reimund überging die unausgesprochene Frage, stattdessen kam er direkt zum Punkt: »Wir haben ein Problem! Der Rabe kräht nicht so wie er soll. Es gibt schon acht Mitwisser, dazu noch den Raben an sich. Wir müssen die Angelegenheit selbst regeln. Kümmere dich darum! Ich werde voraussichtlich erst in fünf Stunden wieder im Kloster sein. Solange können wir nicht warten!«
»Ich habe es gleich gewusst, dass dieser Vogel nichts taugt«, schimpfte Bruder Johannes keifend. »Kann nur laut zwitschern, aber ja, ich breche sofort auf. Ich werde das Problem endgültig und ein für alle Mal aus der Welt schaffen. Und Raphael … alle Daten in Eriks Büro habe ich vernichtet.« Er schnaubte höhnisch. »Danach hat uns sogar noch jemand in die Hände gespielt. Das Büro wurde in Brand gesteckt, wahrscheinlich von diesem Waldbauern. Somit sind wirklich alle nur erdenklichen Spuren, die Ritter im Büro hinterlassen haben könnte, beseitigt.«
»Gut.«
Wenigstens eine positive Nachricht!
Reimund bog gerade um eine Ecke und sah vor sich die Sicherheitskontrollen.
»Und Johannes!« knurrte er mit drohender Stimme. »Spar unsere Kräfte! Wir werden jedes Quäntchen noch brauchen! Es hat gerade erst begonnen!«
Kapitel 18
Die einsame Flamme erhellte die Sitzecke des Wohnwagens nur spärlich, doch Alexander fühlte sich in der schummrigen Dunkelheit wohl. Vor ihm stand eine fast leere Dose Bier, in deren Metall sich das Licht der Kerze funkelnd spiegelte.
Er hatte gar nicht gewusst, dass überhaupt Bier im Wohnwagen lagerte, aber als er für Erik eine zweite Bettdecke gesucht hatte, war er über einen längst vergessenen Sixpack gestolpert, der schon seit einem guten Vierteljahr abgelaufen war; gekauft vom verstorbenen Vorbesitzer. Aber das Bier schmeckte noch.
Es kam zwar nur selten vor, dass Alexander Alkohol anrührte, da er es hasste, wenn ihm seine Sinne nicht mehr so gehorchten, wie er es gewohnt war, aber ab und zu genoss auch er eine halbe Bier. Heute war so eine Gelegenheit.
Er schüttelte immer noch ungläubig den Kopf.
Wie klein doch die Welt ist! Beinahe hätte er den Freund und den Fastschwiegervater seiner eigenen Schwester umgebracht und sie gleich noch mit dazu!
Er hatte heute in dieser Hinsicht verdammtes Glück gehabt, damit alle noch lebten.
Vorsichtig nahm er einen kleinen Schluck aus der Dose. Die Reste schwappten leise hin und her.
Wenigstens war Natalja nichts Ernsthaftes passiert, dachte er erleichtert. Der Schnitt am Arm, den sie sich bei ihrer Flucht aus den Flammen zugezogen hatte, war nur oberflächlich. Alexander hatte die Wunde gereinigt und anschließend einen großzügigen Verband angelegt. Sie würde noch einige Tage schmerzen und es konnte eine Narbe zurückbleiben, aber mehr auch nicht. Natalja hatte auch höllisch Glück gehabt. Alle miteinander hatten Glück gehabt - bis auf Elias. Doch die Zeit konnte man leider nicht zurück drehen, auch wenn er es nun gerne getan hätte.
Alexander lehnte seinen Kopf gegen die Wand und schloss für einige Atemzüge die Augen.
Er war froh, endlich ein wenig für sich zu sein. Die Ruhe war köstlich. Er vernahm nur das entfernte Zirpen einer Grille und das ganz leise Schnaufen von Erik und Natalja, die er beide in die hinteren Betten verfrachtet hatte, damit sie sich erholten. Beide hatten zwar protestiert, aber ohne viel Gegenwehr bald nachgegeben. Wie nasse Säcke waren sie in die Laken gefallen und sofort eingeschlafen.
Wenigstens die beiden fanden etwas Schlaf. Er hingegen würde keinen finden. Er kannte seinen Körper und die Signale, die er aussendete, gut genug. Es gelang ihm einfach nicht, die Gedanken und Bilder zu verbannen, die beständig auf ihn eindrängten. Er war innerlich zu aufgewühlt. Und es lag nicht nur an seiner Schwester sondern an einer ganz anderen Person: Bruder Raphael.
Das Gespräch mit diesem Verrückten kehrte immer wieder zurück. Die ganze Situation hatte ihn aufgestachelt. Erik hatte aber vollkommen Recht. Reimund hatte nie die Absicht besessen, ihn zu entlohnen. Wenn er alle Mitwisser beseitigt hätte, wäre er selbst aus dem Weg geräumt worden. Kurz und schmerzlos.
Aber so ging man nicht mit einem Kowalski um, oh nein! Sergei hatte ihm immer eingetrichtert, dass klare Ziele im Leben die halbe Miete waren und sein oberstes Ziel hieß einfach Leben. So banal es auch aus dem Munde des Raben klang.
Tief in seinem Herzen wusste er, dass nun nichts mehr wie früher sein würde. Er hatte jetzt etwas, um
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