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Blut und Harz

Blut und Harz

Titel: Blut und Harz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timo Leibig
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Linie.
    Dann stieß er einen unverständlichen Fluch aus, packte sie noch fester und zerrte sie mit sich, weg von Erik, der wimmernd keuchte, anfing bellend zu husten und dann schnappend nach Luft rang.
    Totes Eichenlaub versperrte ihr nach wenigen Schritten die Sicht auf Erik. Natalja versuchte weiterhin um sich zu treten, doch der Mann schien unbeugsame Kräfte zu besitzen. Sein Griff war eisenhart. Er zwang sie ohne Mühe vor sich her, bugsierte sie wie ein zahmes Hündchen durch die geborstenen Äste und zerstörten Wohnwangenüberreste. Scherben krachten unter seinen Sohlen, vermischt mit dem Knirschen von Split.
    Natalja stierte entsetzt um sich, in der Hoffnung ihren Bruder zu finden. Er konnte sie retten! Er war mit Sicherheit stärker als dieser Mönch!
    Doch von Alexander fehlte jede Spur. Auch als sie eine hohe Hecke passierten, die von dem herabkrachenden Ast niedergedrückt worden war, war er nirgends zu sehen. Natalja erkannte, dass sie aus dem Campingplatzgelände geschleppt wurde, doch noch bevor sie den Gedanken zu Ende gedacht hatte, umfing sie bereits die Dunkelheit der Nacht. Das weißliche Licht der Weglaternen blieb hinter ihnen im Nebel zurück.
    Ich werde entführt!, wurde ihr mit einem Mal klar. Ihr Magen zog sich angsterfüllt zusammen. Sie versuchte sich nochmals mit aller Kraft gegen den Mönch zu behaupten, indem sie ihre Füße in die Erde rammte. Ihre Fersen prickelten dabei von der Kälte des Bodens. Sie war nur in Strümpfen unterwegs, die schon vollständig durchnässt waren. Die Schuhe hatten neben ihrem Bett gestanden. Jeder Schritt schmerzte bereits höllisch, doch sie wurde unaufhaltsam in eine ungewisse Zukunft weitergeschoben, auf die noch dunklere und noch schwärzere Grenze des Waldes zu, der sich vor ihr drohend zwischen den Nebelschwaden erhob.
    ***
    Alexanders Welt bestand aus brodelnden Schmerzen.
    Sein Geist weigerte sich, in diese Hölle zurückzukehren, doch sein eiserner Wille zwang ihn, nicht erneut in die dumpfe Dunkelheit der Bewusstlosigkeit abzutauchen, wo Schmerzen keine Rolle mehr spielten. Er war froh, gerade erst daraus erwacht zu sein.
    Aber was war passiert?
    Alexander schob die Frage zurück und konzentrierte sich einzig und alleine auf seinen Körper, auf die Ursache der Schmerzen. Nach einigen Atemzügen hatte er die Quelle gefunden: Etwas in seinem Brustbereich strahlte die sengenden Qualen aus.
    Vorsichtig tastete er mit den Fingern über seine Brust. Als er eine der mittleren Rippen erreichte, durchschoss ihn ein stechender Schmerz, wie wenn ihm ein weißglühender Dolch ins Fleisch gerammt wurde.
    Die Rippe war offensichtlich gebrochen.
    Trotzig befühlte er den Knochen weiter. Es war nicht sein erster Rippenbruch und wenn sie nicht in einem seltsamen Winkel abstand, konnte er vorerst damit leben. Würde sie verdreht sein, bestand hingegen die Gefahr, dass sie sich tiefer in ihn hineinbohrte, im schlimmsten Fall die Lunge durchbrach und diese kollabierte.
    Alexander zwang seinen Atem weiter zur Ruhe, horchte noch einige Momente auf sein schwaches Fleisch. Die Rippe schien nicht verdreht oder gesplittert zu sein. Die Schmerzen waren heftig, wurden aber erträglicher. Wahrscheinlich hatte er erneut Glück gehabt. Innerlich seufzend schlug er die Augen auf.
    Viel erkannte er nicht. Ein dichtes Durcheinander aus Dunkelheit begrüßte ihn und verwandelte sich in die scharfe, zackige Silhouette von dunklen Blättern, die vor seinem Gesicht schwebten. Es war, als würde man an einer Spiegelreflexkamera den Fokus scharf stellen.
    Als Alexander seine restliche, gebündelte Konzentration los ließ, kehrten auch die anderen Sinneseindrücke zurück: Er lag auf einem kalten Boden, harte Knuppel stachen in seinen Rücken und er hörte jemanden qualvoll husten, begleitet von einem mechanischen Zischen.
    Langsam setzte er sich auf. Als er das Schlachtfeld um ihn herum sah, kehrte schlagartig die Erinnerung an die letzten Minuten zurück: Draußen hatte es gekracht, dann war der Wohnwagen explodiert. Irgendetwas hatte ihn mit der pyramidalen Wucht eines Vorschlaghammers getroffen, danach Schwärze.
    Jetzt sah er, was passiert war. Ein Ast der großen Eiche war abgebrochen und auf den Wohnwagen gestürzt, in dem er zusammen mit—
    Natalja!
    Erik!
    Mit einem Ruck war Alexander auf den Beinen, was sofort mit bohrenden Schmerzen seiner Rippe quittiert wurde. Er presste die Hände zu Fäusten zusammen, schwankte kurz, und versuchte, die Qualen so gut es ging zu

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