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Blut und Harz

Blut und Harz

Titel: Blut und Harz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timo Leibig
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das er sich sorgte: Seine kleine Schwester.
    Und das war ein Problem in seinem Beruf. Er würde bei jedem Auftrag befangen sein und nicht mit der Kaltblütigkeit an die Arbeit gehen, wie bisher. Er hatte nun mehr zu verlieren als nur sein Leben und das würde ihn behindern.
    Der Gedankengang ließ ihn leise schnauben. Er, von dem seine Feinde und Rivalen sagten, dass er das Wort Gefühl nicht einmal kannte. Die Vorstellung war befremdlich.
    Seinem Glück stand nun aber noch dieser mysteriöse Klosterbruder mit seinen Mönchen im Weg, was auch immer sie beabsichtigten.
    Und da lag der Knackpunkt, das unbekannte Risiko, das Alexander so sehr hasste. Immer versuchte er bis ins Detail zu planen und über seine Gegner und Klienten bestens informiert zu sein. Doch über Reimund Schell gab es keine weiteren Informationen.
    Nichts. Absolut nichts!
    Nur das wenige, was Erik aus seiner Vergangenheit erzählt hatte.
    Aber eins wusste Alexander mit Gewissheit: Reimund Schell war skrupellos, ein kalter Hund. Er hatte bei der Erteilung eines mehrfachen Mordes nicht einmal mit der Wimper gezuckt. Dieser Mann war ein ernst zu nehmender Feind mit Einfluss und Macht. Woher sonst hatte er seine Handynummer und seine private Adresse gewusst?
    Alexander öffnete seufzend die Augen und blickte erneut in die Flamme. Die ganze Grübelei war mühselig. Ohne Fakten konnten sie gar nichts unternehmen. Sie hatten sich zusammen nun darauf geeinigt, dass sie erstmals zu dritt bleiben würden, da Elias im Krankenhaus ziemlich sicher war. Sein Raum wurde zu einhundert Prozent von ein oder zwei Polizeibeamten bewacht. Die Beamten würden in schneidiger Uniform mit schulterbreitem Stand und hinter dem Rücken verschränkten Armen vor seiner Zimmertüre stehen. Alexander kannte die Gepflogenheiten der Polizei nach einem Mord gut genug. Also war Elias versorgt und in ihrer kleinen Gruppe konnte Alexander Natalja und Erik am besten beschützen; egal welche perfiden Ideen sich Bruder Raphael einfallen ließ.
    Das Zirpen der Grille verstummte. Alexander hob lauschend den Kopf, doch alles blieb still. Er warf einen flüchtigen Blick auf seine Uhr: Halb eins durch.
    Mit einem kräftigen Zug leerte er die Reste des Bieres. Es begann bereits schal zu werden. Die Kohlensäure war fast vollständig verraucht.
    Seine Gedanken kehrten wieder zum Kloster zurück. Es war einfach abgefahren. Um die Waldabtei rankte sich offensichtlich ein Mysterium. Es existierte scheinbar nicht: Keinerlei Daten im Internet – was schon eine unfassbare Aussage an sich darstellte, da das Internet alles wusste – kein Erscheinen auf Satellitenbildern von Google, keine Beschilderungen, einfach nichts.
    Alexander war klar, dass hier jemand einen gewaltigen Aufwand betrieb und keine Kosten scheute, um das Kloster geheim zu halten. Dass er als Killer alle Mitwisser ausschalten sollte, stützte seine Vermutung noch mehr.
    Eigentlich mochte Alexander mystische Geheimnisse, Mysterien und Fantasy. Nicht umsonst hatte er seinen Decknamen nach einem Vogel ausgewählt, um den sich dutzende Mythologien und Legenden rankten: Alte Götter und Könige nutzten schon die Weisheit, Intelligenz und die Flugfähigkeit der Raben, wie zum Beispiel der nordische Gott Odin, der sich von seinen beiden geflügelten Freunden Hugin und Munin erzählen ließ, was in seiner riesigen Welt geschah.
    Der sagenumwobene König Artus wurde angeblich in einen Raben verwandelt.
    Der griechische Gott Apollon schickte seiner Geliebten Koronis einen weißen Raben zur Bewachung, der Apollon ihre Affäre zu König Ischys flüsterte, worauf der Gott den Raben verdammte, schwarz zu werden, weil er Koronis nicht die Augen als Strafe ausgehackt hatte.
    Erst in späteren Zeiten, nach der Christianisierung, bekam der Rabe seinen Vorurteilsstempel als böses Tier. Weil im Mittelalter Leichen von Erhängten häufig nicht beerdigt wurden, galt der Rabe sogar als Galgenvogel, weil er die Nähe von Hinrichtungsstätten suchte.
    Der Rabe war der Vogel des Todes.
    Alexander brachte den Tod.
    Diese Allegorie gefiel ihm. Er musste über seine eigenen Gedanken lächeln, als ein ächzendes Bersten die Stille der Nacht zerriss. Alexander schrak kerzengerade hoch, blickte um sich in die Finsternis, doch seine Pupillen waren von der hellen Flamme noch kontraktiert, weshalb er nichts als flächige Schatten wahrnahm.
    Erneut donnerte ein Splittern von draußen herein, lauter und näher dieses Mal, wie wenn männerdicke Balken wie dünne Zweige

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