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Blut und Harz

Blut und Harz

Titel: Blut und Harz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timo Leibig
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brachen.
    Alexander erhob sich alarmiert, machte einen ersten Schritt auf die Wohnwagentüre zu. Er wollte prüfen, was draußen vor sich ging. Nur weiter kam er nicht.
    Der Wohnwagen wurde mit ohrenbetäubendem Krachen in der Mitte auseinandergerissen.
    ***
    Herzklopfend schrak Natalja aus ihrem Schlummer hoch. Ein lautes Splittern drang von draußen herein, was sie offenbar geweckt hatte.
    Sie hob benebelt den Kopf und sah verschwommen die erhobene Gestalt ihres Bruders als schwarze Kontur im flackernden Kerzenschein, wie er auf die Ausgangstüre zutrat, dann zerbarst die Welt um sie herum.
    Holzsplitter surrten umher, die Luft war von einem Augenblick zum anderen erfüllt mit Staub, flirrenden Blättern und Kunststoffschaum, der aus der Wandisolierung gerissen wurde. Riesengroße Äste durchschlugen mühelos die dünne Hülle des Wohnwagens, durchtrennten die Holzbeplankung und ließen alles erzittern.
    Der Boden kippte weg.
    Natalja wurde samt Zudecke aus dem Bett geschleudert. Etwas Hartes streifte ihre rechte Schulter, wobei die Wucht noch so groß war, dass es sie durch die Luft wirbelte. Überall raschelte Laub. Eisige Luft umfing sie plötzlich wie eine fröstelnde Umarmung. Von der molligen Wärme des Wohnwagens war nichts mehr zu spüren.
    Mit einem stöhnenden Ächzen landete sie auf einem harten Untergrund. Die Luft wurde ihr vom Aufprall aus den Lungen gepresst, doch Natalja versuchte sich sofort wieder hochzurappeln. Die Zudecke glitt zu Boden. Ihr Schädel dröhnte wie wenn jemand eine gewaltige Kirchenglocke über ihr angeschlagen hätte, und ihr rechter Arm war taub.
    Sie biss keuchend die Zähne zusammen und stemmte sich halb hoch. Ein kribbelndes Bitzeln brandete ihren Arm entlang hinauf bis zur Schulter. Durch den spärlichen Schein der entfernten Laterne, die den Weg zum Waschhaus wies, sah Natalja ungläubig auf ein Bild der Zerstörung: Der Wohnwagen war nicht mehr.
    Stattdessen lagen zwei zerfetzte Hälften über den Stellplatz verteilt, entzweit von einem übergroßen Ast der alten Eiche, der scheinbar abgebrochen und direkt auf den Wohnwagen gestürzt war. Überall stachen armdicke, gesplitterte Astenden in die Dunkelheit, einem tödlichen Pfahlwall gleich, wie man ihn im Mittelalter gegen den Ansturm des Feindes genutzt hatte. Im dusteren Licht wogte dazwischen das Blattwerk.
    Etwas zischte schrill. Gleichzeitig stöhnte jemand schmerzerfüllt. Ihre Ohren klingelten immer noch, doch Natalja sah sich taumelnd um. Das Geräusch war nicht weit entfernt gewesen, doch von Alexander und Erik fehlte jede Spur.
    Sie krabbelte auf allen vieren ein Stück in Richtung der Geräusche, drückte einen Ast voller Laub und Eicheln bei Seite. Dann sah sie Erik.
    Eigentlich sah sie nur sein fahles Gesicht, ein weißes Oval in der Dunkelheit, der Rest war unter Blättern und Ästen begraben. Seine Augen standen weit offen, ein weiteres Stöhnen quälte sich über seine Lippen.
    Über seiner Stirn breitete sich ein dunkler, fast schwarzer Fleck aus, bildete Linien, die über seine Augenbrauen nach unten rannen.
    Er blutete.
    Neben ihm lag eine Gasflasche, mit der die Kochplatten normal befeuert wurden. Von ihr stammte das säuselnde Zischen.
    »Erik!« keuchte sie entsetzt. »Oh Gott!«
    Seine Pupillen rollten zwei Mal desorientiert im Kreis, dann erkannte er sie scheinbar zwischen den Ästen, Trümmern und dem Meer aus Laub. Er hob leicht den Kopf, spähte in ihre Richtung.
    Natalja stemmte sich ganz auf ihre wackeligen Beine.
    Sie musste ihm helfen! Er war verletzt!
    Ihr Blick suchte den seinen, gerade als sich seine Augen vor Entsetzen weiteten. Seine Lippen bewegten sich, doch die Warnung kam zu spät.
    Ein Arm packte sie von hinten um die Taille, eine zweite Hand legte sich mit kalten, dürren Fingern um ihren Mund. Natalja wollte schreien, doch das klamme Fleisch schnürte ihr die Luft ab. Ekel überkam sie. Sie riss den Kopf mit aller Kraft zur Seite. Sie sah groben Stoff einer braunen Kutte, darunter zwei blitzende Augen in einem hageren, überschatteten Gesicht.
    Ihr Herz pumpte noch stärker, beinahe schmerzhaft in ihrer Brust, als sie den Mann erkannte: Der Mönch, der Eriks Büro verwüstet hatte. Das Antlitz war unverkennbar.
    Der schale Geruch nach Knoblauch umfing sie, als der Ordensbruder seinen Atem als dampfende Dunstwolke ausstieß. Ihre Blicke trafen sich dabei für einen Augenblick.
    Der Mann zuckte unter seiner Robe sichtlich zusammen, die Augenbrauen bildeten dabei eine durchgängige

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