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Blut und Kupfer

Blut und Kupfer

Titel: Blut und Kupfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Wilken
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Pietra-Dura-Tischplatten, wie ich sie oft fertige. Doch in der Mitte jeder Tafel soll ein Bildmotiv in Stuckmarmor eingesetzt werden. Hör sich das einer an! Wer will denn Stuck, wenn er Edelsteine haben kann? Aber es kommt noch besser.‹
    Da zog mich Pier noch ein Stück von den anderen fort, die bereits neugierig die Ohren spitzten.
    ›Die Zeichnungen für die Bilder schickt er mir nacheinander. Der erste Entwurf liegt bei. Ein seltsamer Kauz ist dieser Adam!‹
    Pier zeigte mir ein Blatt, auf welchem fein sauber gezeichnet ein Mann steht, der zwei Flügel und zwei Köpfe hat, in der einen Hand ein Ei, in der anderen einen Spiegel. ›Der Kerl ist Alchemist!‹, rief ich lauter als beabsichtigt, worauf Pier mir das Blatt entriss.
    ›So seid doch still! Wir sind alle fromme Leute, gute Christen. Ein Bild also von einem Mann mit Flügeln. So etwas gibt es auch in der Antike.‹ Er sah mich dringlich an, und ich nickte schnell. ›Und jedes Mal, wenn eine Tafel sich der Vollendung nähert, will dieser Herr aus Böhmen kommen und sie allein begutachten, und dann erst sollen wir die letzte Politur machen. Ja, hat der Mensch denn Ähnliches gehört? Als traute er mir nicht, dass ich mein Handwerk verstünde?‹
    ›Ein seltsames Vorgehen, aber gewiss kein Zweifel an Eurem Können, Meister Pier, wenn Ihr erlaubt. Nein, nein, das Ganze klingt mir zu geheimnisvoll. Da steckt ein triftiger Grund dahinter.‹
    ›Ein triftiger Grund, soso. Immerhin, er zahlt fürstlich, dieser Adam, und das Geld könnt ich schon gebrauchen‹, sagte der Meister.
    ›So werdet Ihr den sibyllinischen Auftrag übernehmen?‹
    Da Pescia rollte das Blatt ein und setzte eine schlaue Miene auf, wie es den toskanischen Leuten gegeben ist. ›Es wird sich schon Zeit dafür finden. Nun sagt, mein guter Naldo, was bringt Euch her?‹
    Nach jenem Tag sah ich da Pescia nur noch einmal, um einen Ring abzuholen. Er war schlechter Dinge, weil Il Magnifico von dem geheimen Auftrag erfahren hatte und dem Meister zürnte, dass er für einen zweiten Herrn arbeitete. Meister Pier ging bald darauf nach Rom, wo er für den Pontifex arbeitete und Freundschaft mit Michelangelo Buonarotti schloss. Mich verschlugen die Geschäfte lange Jahre nach Frankreich, und als ich später in Florenz nach Meister Pier und den Tafeln fragte, konnte mir nur sein ehemaliger Assistent Auskunft geben. Der Mann berichtete, dass Meister Pier tatsächlich einen fremdländischen Herrn zu Besuch hatte, der sich als Adam vorstellte. Der Böhme war unhöflich, sprach nur schlecht Italienisch, und nachdem er gegangen war, kam Meister Pier wütend aus seinem officium , in dem die erste Tafel lag. Der Böhme hatte daran herumgekratzt, und der Assistent musste den Schaden beheben. Nur der guten Entlohnung wegen hat Meister Pier das hingenommen. Da Pescia hat Florenz bald darauf verlassen, und Il Magnifico hat ihm nie verziehen, dass er die Tafeln nicht kaufen, ja nicht einmal sehen konnte. In den folgenden Jahren entstanden allerlei merkwürdige Gerüchte über die Tafeln. Von Zauberei war die Rede, dem Stein der Weisen, der in ihnen verborgen sein solle, aber sie blieben verschollen, genau wie Magnus Adam.
    Im Alter kommen einem solcherlei seltsame Begebenheiten wieder in Erinnerung, und ich frage mich, was wohl dran ist an diesen Gerüchten. «
    Remigius legte die Blätter nieder. Seine Hände zitterten leicht, doch seine Augen blickten klar und unternehmungslustig.
    »Das ist wahrlich ein wertvolles Buch, das Euer Freund Melchior da gefunden hat! Ein Böhme namens Magnus Adam hat die Tafeln anfertigen lassen. Habt Ihr von diesem Adam schon einmal gehört?« Marie knetete ihre Unterlippe.
    Ihr Oheim kratzte sich an Hals und Brust, und Marie sah die Schmutzränder auf seiner Haut. »Bevor wir weiterreden, sollten wir ein Bad für Euch richten lassen, denkt Ihr nicht? Flöhe und Läuse dürften sich genügend an Euch gelabt haben. Und mit Verlaub – Ihr stinkt zum Himmel!«
    Remigius winkte ab, doch Marie ließ seine Einwände nicht gelten. Nach der Brühe mochte der geschwächte Mann sich besser fühlen, doch überanstrengen durfte er sich nicht, und das Ungeziefer musste aus der Wäsche und von seinem Körper entfernt werden. Auf Els’ Anraten hin ging sie zu Veit in den Pferdestall, um nach seiner Kräutersalbe zu fragen, die gegen die Schrunden auf Remigius’ Rücken helfen sollte.
    Der Mai zeigte sich von seiner milden, sonnigen und das Leben auf dem Gut von seiner beschaulichen Seite.

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