Blut und Kupfer
Wirtschaftsräume. »Sauf nicht selbst, Josef, sondern komm sofort her!«, brüllte er.
Hastig lief Marie, dicht gefolgt von Ruben, durch die Halle und die Treppen hinauf. Da Eugenia und die Mädchen fort waren, herrschte eine friedvolle Stille im Wohntrakt. Die meisten Türen standen weit offen, und eines der Dienstmädchen stellte summend einen Eimer Wasser in den Flur, verstummte jedoch sofort, als sie Marie erblickte.
Vor der Turmtür trafen sie auf Els, die ein Bündel schmutziger Wäsche trug. »Das Bett des Herrn von Kraiberg ist mit sauberem Leinen bezogen, und der Herr nimmt jetzt sein Bad. Heißes Wasser wird in der Küche bereitet. Ich bring es gleich mit einem der Knechte hinauf.«
»Ist der Herr jetzt allein?«, fragte Marie mit gerunzelter Stirn.
»Der Hund ist bei ihm, und er hat mich fortgeschickt«, kam es betreten von Els.
»Was weißt du eigentlich von der Berthe, Els?«, wollte Marie wissen.
Die Dienerin warf Ruben einen scheuen Blick zu und wandte die vernarbte Gesichtshälfte ab. »Ich bin ja noch nicht lange hier, aber der Veit hat gesagt, dass sie zwei Gesichter hat. Er kann die Wahrheit in den Menschen sehen, und er versteht die Tiere! Mein Oheim redet nicht viel mit anderen, und als die Nonne was von ihm wissen wollte über Heilkräuter, hat er sie fortgeschickt.« Els verlagerte ihr Gewicht und senkte die Arme mit dem stinkenden Wäschehaufen. »Er sagt, sie wollte ihm was anlasten wegen Zauberei. Mich hat sie hiernach gefragt.« Verschämt deutete Els auf ihre Brandnarbe. »Ob das ein Mal sei.«
Die letzten Worte flüsterte die leidgeprüfte Frau, und Marie sagte: »Sie ist fort, Els. Geh jetzt das Wasser holen.«
»Ja, Herrin.«
Ruben Sandracce folgte Marie in den Turm. »Berthe, die Giftmischerin?« Er ließ seine Reisetasche auf den Boden fallen, genau wie seinen Umhang. Die Haare waren lose im Nacken gebunden, und einzelne Strähnen fielen ihm in die Stirn.
»Ja. Mir hat sie es zu verdanken, dass Albrecht sie vom Gut gejagt hat.« Der hasserfüllte Gesichtsausdruck der Nonne beim Abschied ließ Marie erneut frösteln.
»Woher kommt Ihr, aus München? Wie seid Ihr zu den Komödianten gekommen und …« Oben polterte es laut. »Oheim? Ist alles in Ordnung?«
Mit gerafften Röcken lief Marie die Stufen hinauf und seufzte erleichtert, denn der Verursacher des Lärms steckte zur Hälfte unter einem Schrank und jaulte. Remigius hockte in seinem langen Hemd auf der Bettkante. Ein kleiner Waschzuber stand vor dem Ofen. »Euer Hund hat eine Ratte gejagt, und ich glaube, er kommt nicht heraus, weil er das Vieh erwischt hat und nicht loslassen will!«
»Aras! Komm her!«
Der Schrank wackelte gefährlich, Bücher und eine Metallschale stürzten zu Boden, es quietschte, und eine fette Ratte rannte um ihr Leben. Der graue Wolfshund stand auf, schüttelte sich und warf Marie einen vorwurfsvollen Blick zu. »Oheim, Ihr hättet Els nicht fortschicken dürfen!«
Marie schaute in den Zuber, der groß genug für ein Sitzbad war, und fühlte die Wassertemperatur. »Es ist warm, nur halbvoll, aber es nicht zu nutzen wäre Verschwendung. Bitte!« Sie streckte die Hand nach Remigius aus, der sich jedoch schon von Ruben aufhelfen ließ.
»Der böhmische Steinschneider. Habt Ihr herausgefunden, wer Sallovinus getötet hat?« Es knackte in Remigius’ Gelenken, während er zum Zuber schlurfte. »Wir haben Nachforschungen über Euch angestellt.«
»Euer gutes Recht.« Ruben griff dem Alten unter die Arme, damit er in den Zuber steigen konnte. »Ich habe eine Spur, was die Morde betrifft.«
Lächelnd sah Remigius zu, wie sich das Hemd aufblähte, bis es sich voll Wasser gesogen hatte. »Es gab Zeiten, da haben sich schöne Frauen darum gerissen, mit mir das Badewasser zu teilen.«
»Gisla muss einmal sehr schön gewesen sein«, meinte Marie und bemerkte einen Hauch von Moder und Verwesung, der einem zusammengeknüllten Schal auf der Fensterbank entströmte.
»Gisla!«, schnaufte Remigius verächtlich. »Wie kann man einen solch abstoßenden Namen wählen. Als ich sie kennenlernte, hieß sie Yolande, und ihr lag ganz Prag zu Füßen.«
Bewegte sich der Schal? Marie nahm ein Messer zu Hilfe, das auf dem Tisch lag, und entfaltete den Schal. »Uh! Sind das hier Bellas Überreste?«
Wasser plätscherte. »Was tut Ihr da? Lasst meine Bella. Ich will sie ausstopfen!«, beschwerte sich Remigius.
In dem stinkenden Federhaufen, der noch von dem Papagei übrig war, wimmelte es von Maden und
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