Blut und Kupfer
ihr die Hand. »Dank Euch, mein Kind, dank Euch.« Mitfühlend fügte er hinzu: »Jetzt geht es Euch wie mir mit Bella. Unser Gast hat es mir erzählt. Schlimme Geschichte.«
»Bitte, Oheim. Ich möchte jetzt nicht darüber sprechen. Sagt mir lieber, wer Gronhelg ist.« Sie nahm sich einen Becher Wein und setzte sich neben Ruben auf den angebotenen Stuhl. Neugierig glitt ihre Hand über die glänzende Oberfläche der Tafel, um die sorgsam geschnittenen Figuren zu ertasten.
»Gronhelg ist der Name des Apothekers in Wasserburg.«
»Ihr habt mir nicht erzählt, dass er Euch seine Tafel gezeigt hat!«
Der vorwurfsvolle Ton war nicht zu überhören, und Ruben schenkte ihr ein entschuldigendes Lächeln. »Ich war abgelenkt, wenn Ihr Euch entsinnt?«
Seinem Blick ausweichend trank sie von ihrem Wein.
»Gronhelg war ein wohlhabender Apotheker, der die Tafel vor einigen Jahren von einem italienischen Kunsthändler erstanden hatte. Armer Kerl. Er hatte keine Ahnung, welchen Schatz er da so unbedarft seinen Gästen zeigte«, erklärte Ruben. »Letztlich haben die Komödianten mich auf Wasserburg gebracht. Bertuccio, der Pantalone, handelt nebenbei mit Trödel, wie er es nennt. Seine Truppe ist ganz passabel, aber den größten Profit macht er mit seinem Nebengeschäft. Die Leute, bei denen er spielt, haben genug Geld, sich auch seltene Kunstobjekte oder überflüssigen Trödel luxuriöser Machart, wie er es nennt, zu leisten. Jedenfalls hat er die Tafel bei dem Apotheker gesehen, doch der wollte sie nicht verkaufen.«
Marie musterte ihn mit hochgezogenen Augenbrauen. »Ihr habt schon öfter Theater gespielt?«
»Ich kannte Bertuccio aus Prag und wusste, dass er ein Münchner Gastspiel plant. Na schön, ich habe manchmal Schmuckstücke oder eben Trödel für ihn angefertigt, den er dann weiterverkauft hat.« Ruben wich ihrem Blick nicht aus. »Das war kein Betrug! Meine Schmuckkästchen oder Tischplatten sind von allerbester Qualität, nur die Provenienz wird dann von Bertuccio etwas ausgeschmückt.«
Remigius kam dem Edelsteinschneider zu Hilfe. »Wir machen Euch keinen Vorwurf, und die Castruccis hatten nur Gutes über Euch zu berichten. Also weiter.«
»Gronhelg, übrigens ein reizender Mensch, gastfreundlich und unterhaltsam, hat mir seine Tafel gezeigt, und ich konnte das Motiv des Zodiakus studieren. Am nächsten Tag wollte ich noch einmal bei ihm vorbeischauen, und da drängte sich eine gaffende Menschenmenge vor seiner Apotheke. Geheimrat Zeiner war darunter, und ich habe mich sofort aus dem Staub gemacht. Als ich dann bei diesem Herrn von Tulechow mit Bertuccios Truppe eintraf, bin ich aus allen Wolken gefallen! Er hat einen Diener, dem er anscheinend sein Leben anvertrauen würde, jedenfalls schleicht der Kerl wie Tulechows Schatten durch das Haus und hat überall Zutritt. Und ebendieser Kerl war am Abend vor Gronhelgs Ermordung in Wasserburg!«
»Wie fand der Apotheker den Tod?«, fragte Remigius.
»Er wurde erdrosselt. Die Leute haben von einem gedungenen Meuchelmörder gesprochen, einem, für den das Morden eine Kunst ist«, meinte Ruben düster.
Marie rümpfte die Nase. »Mord eine Kunst zu nennen ist ein Widerspruch in sich selbst. Was kann kunstvoll am Töten sein?«
»Nun, man kann jemanden qualvoll sterben lassen, sein Opfer stümperhaft abstechen, erschlagen, ersticken, ersäufen …« Ruben seufzte schwer. »Oder man ist im Töten erfahren, und das Opfer merkt vielleicht nicht einmal, dass jemand den Fährmann bezahlt hat.«
»Man könnte das Töten für die reine Poesie halten«, bemerkte Marie sarkastisch.
»Gronhelg soll mit einer dünnen Schnur erdrosselt worden sein und nicht gelitten haben. Sein Diener hat ihn gefunden und gesagt, er hätte gedacht, dass der Herr in seinem Stuhl eingeschlafen sei. Erst als er ihn rüttelte, fiel der Kopf zur Seite.« Ein trauriges Lächeln huschte über Rubens Lippen.
»Aber die Tafel, die Tulechow ausgestellt hat, war nicht die aus Wasserburg«, stellte Remigius fest.
»Nein, das war sie natürlich nicht. Tulechow kann schlecht Diebesgut auf einem Fest präsentieren. Ich sage ja nicht, dass dieser Diener …«
»Wartet. Hieß er Jais? Dann war es derselbe, der bei der merkwürdigen Sache mit Georg zugegen war«, unterbrach Marie ihn aufgeregt.
»Könnte sein. Ja, gut möglich. Also, Jais muss ja nichts damit zu tun haben, Zeiner war auch dort, aber ein merkwürdiger Zufall ist das schon«, gab Ruben zu bedenken.
Remigius beugte sich mit leuchtenden
Weitere Kostenlose Bücher