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Blut und Kupfer

Blut und Kupfer

Titel: Blut und Kupfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Wilken
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kluge Frau. Weil ich genau das an Euch schätze, werdet Ihr mein Angebot annehmen, denke ich.« Sein Blick glitt kurz über ihre Schulter, bevor er sich wieder auf sie konzentrierte. »Um es kurz zu machen, denn ich werde gleich bei der Quintana erwartet: Ich lasse Euren Bruder am Leben, und Ihr werdet meine Frau.«
    Warum erschütterte sie seine Unverblümtheit? Hatte sie ihn nicht genau deshalb aufgesucht? Georgs Leben für ihre Zukunft an seiner Seite. Sie streckte ihm die Hand entgegen. »Ihr habt mein Ehrenwort.«
    Er nahm ihre Hand und führte sie an seine Lippen. »Ich glaube Euch, und Ihr werdet sehen, dass auch ich das meine halte.«
    Innerlich zitternd vor Erleichterung, Scham, Wut und grenzenloser Trauer wandte sie sich abrupt um und schritt erhobenen Hauptes durch die Arkaden. Zum ersten Mal, seit man sie in das Ridlerkloster einquartiert hatte, sehnte sie sich nach der Stille und Abgeschiedenheit der Klostermauern. Als das schwere Tor hinter ihr zugefallen war und sie allein im Schatten des Kreuzgangs stand, starrte sie auf die steinerne Balustrade, bis ihre Augen brannten. Als sie die Lider langsam schloss, löste sich eine Träne aus ihrem rechten Auge. Sie leckte die salzige Feuchtigkeit von den Lippen. Eine Träne für ihre Hoffnungen, so zerbrechlich wie Schmetterlingsflügel und genauso leicht zu zerstören.

XXIV
    • •
    In herzoglichem Kreuzverhör

    Der Nebritis ist dem Bacchus geweihet und führt seinen Namen von der Ähnlichkeit mit dessen Hirschkalbfell.
    Caius Plinius Secundus, »Naturgeschichte«,
    XXXVII. Buch, »Von den Edelsteinen«

    M arie hatte sich die Erlaubnis der Oberin für den Besuch des Wirtshauses eingeholt und wartete in der Eingangshalle auf die Nonne, die sie begleiten sollte. Selbst wenn Albrecht in München gewesen wäre, hätte er Georg kaum helfen können und wahrscheinlich auch nicht wollen. Remigius ging es zwar besser, und vielleicht wäre dem alten Gelehrten eine rettende Idee gekommen, doch er war zwei Tagesreisen entfernt, und jeder Gedanke an Ruben brach ihr das Herz.
    Lautes Klopfen am Durchgang zur Residenz ließ sie herumfahren und nervös an ihrem Gürtelbeutel nesteln, als sie Secretarius Stoll in Begleitung eines bewaffneten Wachmanns hereinkommen sah. Stoll begrüßte sie höflich und so respektvoll, als hätte er sie nie in den Falkenturm gesperrt und dort angstvolle Stunden erdulden lassen. »Seine Durchlaucht wünscht Euch zu sprechen, Frau von Langenau.«
    »Jetzt?«, entfuhr es ihr unglücklich.
    Stoll runzelte die Stirn und fegte mit der Hand eine Fliege von seinem fettig glänzenden Bart. »Natürlich! Seine Durchlaucht lässt man nicht warten, oder habt Ihr Sehnsucht nach einem Turmzimmer?«
    Die Nonne, die den Pförtnerdienst versah, kam aus ihrer Loge. »Ich lasse der Mutter Oberin ausrichten, dass Ihr zu Seiner Durchlaucht befohlen wurdet.«
    »Ich möchte noch eine Nachricht schreiben«, sagte Marie bestimmt, doch Stoll schüttelte den Kopf.
    »Seine Durchlaucht hat angeordnet, Euch sofort und unverzüglich zur Audienz zu bringen. Bitte!« Der über den engen Kragen quellende Hals zeigte rote Flecken, und der Wachmann trat hinter sie.
    Schicksalsergeben folgte Marie dem Secretarius zur Tür, hörte aber noch, wie jemand ihren Namen rief.
    »Frau von Langenau, wartet auf mich!«
    Marie blieb stehen und drängte sich am Arm des Wachmanns vorbei. »Schwester Iris! Ihr solltet mich begleiten?«
    »Ja, es tut mir leid, aber was …«
    »Ich muss zum Herzog. Sagt das meinem Bruder, ja? Sagt ihm, dass er nichts zu fürchten hat. Er wartet drüben im Auerhahn auf mich.« Sie signalisierte Iris mit aller Eindringlichkeit, derer sie fähig war, wie wichtig die Botschaft war, und die Nonne nickte und bekreuzigte sich.
    »Gottes Segen!«, rief Iris noch, während Marie bereits durch die Tür geschoben wurde.
    Sie hatte Mühe, mit den eilig ausschreitenden Männern Schritt zu halten. Ihre seidenen Unterröcke wickelten sich um ihre Beine und zwangen sie immer wieder, ihr Tempo zu zügeln, wollte sie nicht unweigerlich stürzen. Der Secretarius wischte sich mit einem Taschentuch die Stirn, wedelte sich Luft zu und grüßte auf dieselbe Weise, wenn ihnen ein Hofbeamter oder eine ranghohe Persönlichkeit begegnete. Was für ein seltsames Bild sie abgeben mussten, dachte Marie, während sie keuchend durch Gänge hastete und aufatmete, wenn sie einen Hof durchquerten, auf dem ihnen frische Luft durch die Lungen strömte. Stoll schien besondere Befugnisse zu

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