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Blut und Kupfer

Blut und Kupfer

Titel: Blut und Kupfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Wilken
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haben, denn er geleitete sie durch den Garten, die Galerie und am Grottenhof entlang direkt in die Antecamera eines herzoglichen Audienzzimmers. Das Aufgebot an blauweiß uniformierten Wachen und Hellebardenträgern war beeindruckend und zum Teil auf die hochrangigen Besucher zurückzuführen, vermutete Marie.
    Entlang der Wände des Vorzimmers saßen Wartende wie die Hühner auf der Stange. Daran änderten auch teure Roben und hochmütige Mienen nichts. Die Wände waren mit Bildteppichen dekoriert, stuckiert und bis an die Decken reich vergoldet und mit Malereien versehen, denen Marie keine Beachtung schenkte. Der Secretarius wies ihr einen Stuhl an, auf dessen Rand sie sich setzte und in Geduld übte.
    »Es wundert mich doch sehr, dass Seine Durchlaucht an einem Festtag Zeit für Audienzen hat«, bemerkte sie nach einer schier endlosen Wartezeit.
    Eine Matrone in violettem Brokat wandte indigniert den Kopf und flüsterte ihrem Nachbarn etwas ins Ohr, worauf der Mann in seidig glänzendem Schwarz über die goldenen Knöpfe seines Wamses strich und abfällig grinste.
    Stoll beugte sich so dicht herab, dass sie seine Barthaare an ihrer Wange fühlte. »Seine Durchlaucht vernachlässigt niemals die Geschäfte des Landes und ist in seiner vorbildlichen Lebensführung beispielhaft. Was man von Eurem Bruder nicht sagen kann!«
    Sie wollte zu einer scharfen Erwiderung ansetzen, doch die Flügeltüren schwangen auf, und ein Kammerdiener ließ einen Zeremonienmeister vortreten, der näselnd verkündete: »Als Nächstes wird die hochwohlgeborene Marie von Langenau vorgebeten.«
    »Ich habe doch gesagt, dass es eilig ist!«, zischte Stoll und folgte Marie ungeachtet der echauffierten Blicke der Wartenden bis zur Tür des Audienzzimmers, wo ihm der Eintritt verwehrt wurde.
    Sich ihres allzu schlichten Kleides bewusst, machte Marie einige zögerliche Schritte hinter dem Zeremonienmeister auf den Audienzbaldachin zu und fiel mit gesenktem Kopf in einen tiefen Hofknicks.
    »Erhebe Sie sich!«, ertönte die schrille Stimme des Herzogs, der in einem mit rotem Samt bezogenen Sessel neben einem Schreibmöbel saß.
    Bücher und Dokumente lagen scheinbar ungeordnet auf dem Schreibtisch, ein Pietra-Dura-Tisch mit zwei Bronzeplastiken und einer goldenen Uhr stand vor einem der Fenster, die von Vorhängen aus Goldbrokat geschmückt wurden. Der goldgrüne Audienzbaldachin war mit dem Monogramm ME bestickt, doch die Pracht des Raumes schüchterte Marie nicht ein. Beunruhigend fand sie vielmehr den weißhaarigen Mann in der Tracht eines Jesuitenpaters, der mit ernster Miene neben dem Herzog saß und sie fixierte.
    Noch während Marie überlegte, wo sie den Mann neben dem Herzog schon einmal gesehen haben mochte, winkte Maximilian einem Lakaien, und man schob ihr einen Stuhl hin. Der ältere Mann wandte sich dem Herzog zu. »Das ist die Nichte des Remigius von Kraiberg?«
    Und dann erkannte Marie ihn. Der Weißhaarige war niemand anderes als der Vater des Herzogs! In seinem schlichten schwarzen Wams wirkte der im Alter als fromm bekannte Wilhelm tatsächlich wie ein Geistlicher. Doch Frömmigkeit war das Letzte, was Marie täuschen konnte. Hinter jeder noch so mildtätig scheinenden Larve konnte sich ein Teufel verbergen. Das hatte Berthe bewiesen!
    »Man hat mir den Vertrag Ihres Oheims zur Kenntnis gebracht, Frau von Langenau. Weiß Sie um den Inhalt?«, fragte Maximilian, dessen Haare auf Art der Cäsaren ins Gesicht gekämmt waren.
    »Ja, Durchlaucht.«
    »Er ist impertinent, Ihr Oheim!«
    Marie verkniff sich ein Lächeln. »Meinem Oheim ist nur noch eine kurze Zeit auf Erden vergönnt, Durchlaucht. Es ist der sehnlichste Wunsch meines Oheims, die Scagliola-Tafel, die in diesem Vertrag auf eintausend Gulden festgesetzt ist, vor Augen zu haben. Ihm ist nicht viel geblieben, wenn Durchlaucht mir die Bemerkung erlauben.«
    Maximilian sah sie durchdringend an. »Er fordert das Geld, ohne dass ich den Gegenwert erhalte. Ich habe nichts zu verschenken.«
    »Verzeiht, Durchlaucht, aber mein Oheim wagt in aller Bescheidenheit den Kaufpreis im Voraus zu verlangen, weil unser Familiengut verschuldet ist, und er, nun, er möchte in seinem Turm sterben«, sagte sie leise und starrte auf ihre gefalteten Hände.
    Der Herzog schien wenig beeindruckt, und sein Vater ergriff das Wort. »Ihr Oheim war zu meiner Zeit Edelsteinschneider. Warum diese Tafel? Was weiß Sie darüber?«
    »Nicht sehr viel, leider, Durchlaucht. Die Tafel ist sehr schön, und mein

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