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Blut und Kupfer

Blut und Kupfer

Titel: Blut und Kupfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Wilken
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Atem an. Graf von Larding folgte mit seiner Gattin. Sibylle von Larding musste Tulechows Haus sofort nach ihr verlassen haben! War das Jais, der sich hinter der Gräfin zwischen den Lakaien hindurchdrängte und seine Wieselaugen überall zugleich zu haben schien? Tulechow selbst ging langsam am Arm einer hübschen, brünetten Hofdame. Seine blasse, angestrengte Miene zeugte von den Schmerzen, die er mannhaft zu verbergen suchte.
    »Seht Euch das an, Herr von Tulechow beehrt uns trotz Verwundung«, spottete Marie leise. »Immer in der Nähe des Herzogs und stets darauf bedacht, den Schein zu wahren …«
    Plötzlich streckte Gisla den Arm aus und zeigte auf die Hofgesellschaft. Ihre Lippen waren geöffnet, doch sie brachte kein Wort heraus, nur ein stoßweises Atmen.
    »Was ist denn? Gisla, fühlt Ihr Euch nicht wohl?«, fragte Marie besorgt, doch die Alte schüttelte ihre wohlmeinende Hand von ihrem Arm wie eine lästige Fliege.
    »Dass ich dich noch einmal sehen muss! Höllenknecht, elendiger … Reicht es nicht, was du mir angetan hast? Hätten sie dich doch getötet!« Die alte Frau erhob sich, schwankte leicht und stützte sich auf ihren Stock.
    »Bitte, so sagt doch … Lasst mich helfen!«, bot Marie an und stand ebenfalls auf.
    Die Bewegung auf der gegenüberliegenden Seite des Gartens hatte die Aufmerksamkeit der höfischen Gesellschaft erregt, und gepuderte Gesichter wandten sich neugierig zu ihnen um. Gisla griff sich an die Brust, und Marie konnte die zerbrechliche Gestalt nur durch beherztes Zugreifen vor einem Sturz bewahren. Sacht half sie der Nonne, sich wieder zu setzen. Mit geschlossenen Lidern und schwer atmend lehnte Gisla an der steinernen Rückwand der Gartenbank.
    Marie fühlte die eiskalte, schweißnasse Stirn der Alten und tätschelte ihr die Hand. »Bleibt ruhig hier sitzen, Gisla, hört Ihr? Nicht bewegen. Ich hole Schwester Iris.«
    Nach einem letzten Blick auf das maskenhafte Antlitz der offenbar unter Schock stehenden alten Frau raffte Marie ihre Röcke und begab sich auf die Suche nach der Krankenpflegerin. Sie fand Iris auf der Station der Wöchnerinnen, wo sie neben einer Hebamme zwischen den Beinen einer vor Schmerz brüllenden Gebärenden stand.
    »Iris!«, rief Marie vom Eingang des Krankenzimmers, in dem sechs Betten standen.
    Unwillig drehte Iris den Kopf in ihre Richtung. Plötzlich beugte sich die Hebamme vor, die Gebärende brüllte, dass es nicht zu ertragen war, und dann ließ der Schrei eines Neugeborenen alle Frauen glücklich aufatmen. Iris lächelte, segnete das blutverschmierte Bündel und kam in ihrem blutbesudelten Skapulier zu Marie. »Diese arme Wöchnerin lag seit zwei Tagen in den Wehen, und wir befürchteten schon, dass das Kind bereits tot sei. Aber welch ein Wunder hat uns der Herr wieder einmal zuteilwerden lassen! Was ist denn, meine Liebe?«
    Sie ging zu einem Tisch, auf dem Wasser und Tücher zum Säubern bereitlagen, krempelte ihre Ärmel auf und tauchte die blutigen Hände hinein.
    »Bitte, kommt mit hinunter in den Garten. Schwester Gisla geht es nicht gut. Ich fürchte, es ist das Herz.« Ungeduldig sah sie zu, wie Iris die Hände trocknete, die Ärmel glättete und sich das blutige Skapulier über den Kopf zog. Aus einem Schrank nahm sie einen frischen Überwurf und band ihn über der Tunika fest. Kaum war das geschehen, griff sie nach einem Lederbeutel, der in einem der mit Arzneien gefüllten Regale lag, und passte sich Maries eiligem Schritt an.
    »Das Herz? Gisla hat nie über derartige Beschwerden geklagt! Hat sie sich aufgeregt?«, fragte Iris im Gehen.
    Marie stieß die Tür zum Garten auf. »Ich weiß es nicht. Wir schauten zu, wie der Herzog mit seinem Gefolge den Kreuzgang entlangging, und da zeigte sie plötzlich auf die Leute und war ganz außer sich!« Es fiel Marie nicht schwer, sich vorzustellen, wen Gisla unter den Höflingen entdeckt hatte, doch sie hatte nicht vor, irgendjemandem von Gislas Vergangenheit zu erzählen, welche die alte Frau so sorgsam all die Jahre verborgen hatte. Wenn Gisla es für angebracht hielt, würde sie selbst erzählen, was oder wer sie in einen derartigen Aufruhr versetzt hatte. »Hier vorn. Wir saßen auf der Bank neben dem …«
    Irgendetwas stimmte nicht an der Haltung der alten Frau. Eine Schlafende sah anders aus, aber vielleicht war Gisla ohnmächtig geworden, und ihr Kopf war deshalb nach hinten gesackt.
    »Gisla!« Schlimmes ahnend lief sie um die Büsche und trat vor die Bank, auf der die alte Frau

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