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Blut und Kupfer

Blut und Kupfer

Titel: Blut und Kupfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Wilken
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für einen erfolgreichen Erben und Gutsbesitzer sein, wie mein feiner Bruder einer ist. Ich kann mit meinen Fehlern leben. Wie sieht es mit Euch aus, Albrecht?«
    Albrecht schnaubte und hielt Leander seinen leeren Becher hin.
    In der Nähe läuteten Kirchenglocken zur vollen Stunde, als Marie mit ihrem Oheim vor der Tür des Höllerbräu stand. »Vor der Komplet muss ich mich im Kloster zurückmelden, Oheim.«
    »Ja, ja, liebes Kind, aber Ihr müsst sehen, was ich entdeckt habe.« Er hielt sich an ihrem Arm fest und stieß seinen Stock gegen die Tür, denn auf ihr Läuten hatte sich noch niemand gemeldet.
    »Ja doch! Die Tür ist offen!« Ein gedrungener Mann mit fleckigem Hemd, dessen Ärmel aufgekrempelt waren, sah sie vorwurfsvoll an. »Wollt Ihr essen? Kommt, da drüben ist noch ein Tisch frei!«
    Aus dem Halbdunkel des Schankraumes näherte sich eine vertraute hochgewachsene Gestalt. »Das sind meine Freunde, Benno«, sagte Ruben.
    »Ach, die sind das? Ja Gott zum Gruße, so tretet doch endlich ein. Eva, muss ich denn alles alleine machen?«, brüllte der Wirt Richtung Küche.
    Eine brünette Schankmaid kam herbeigelaufen, wobei die vollen Brüste aus dem Mieder drängten. Sie hatte offenbar genascht, denn sie kaute noch und wischte sich die klebrigen Finger in ihrem Rock ab.
    »Friss nicht so viel. Das zieh ich dir vom Lohn ab! Hilf mit den Zimmern und hol einen von den Knechten fürs Gepäck. Und treib dich nicht wieder rum. Ich brauche dich gleich bei den Klößen«, befahl Benno der Kellnerin und kniff ihr im Gehen grinsend in die runde Rückseite.
    Eva schien das nicht zu stören, denn sie quietschte vergnügt und schenkte Ruben ein verführerisches Lächeln, wie Marie säuerlich bemerkte. Remigius erhielt einen größeren Raum, der direkt neben Rubens Zimmer lag, und eine winzige Kammer, in der Els’ Bett stand. Veits Nichte war wie ein schattenhafter guter Geist, der stets in Remigius’ Nähe war, um ihn mit Kräuterarzneien oder einem stärkenden Tonikum zu versorgen.
    Remigius wirkte nervös und aufgeregt wie ein Kind, dem man eine Überraschung versprochen hatte. Erst als Els sich mit dem Auspacken der Truhen befasste und sie mit Ruben allein in dessen Zimmer standen, wich die Anspannung aus dem alten Mann, und er setzte sich auf einen der Stühle. Ruben stellte sich mit vor der Brust verschränkten Armen ans Fenster und lächelte wissend, wie Marie verärgert feststellte.
    »Oh, macht es doch nicht so spannend, Oheim! Ruben hat bereits angedeutet, dass Ihr der Scagliola-Tafel einen Stein entnommen habt. Aber ich durfte nichts davon wissen, wo ich Euch doch bei allem anderen geholfen habe!«
    Mit leuchtenden Augen stellte Remigius den Gehstock vor sich und begann das silberne Kopfstück zu drehen. Der Knauf war nicht ganz rund und ähnelte einer aufgewickelten Schlange. Bedächtig vollführte Remigius die letzte Drehung und legte den Silberknauf auf den Tisch. Ruben und Marie sahen gebannt zu, wie der Gelehrte den hohlen Knauf umdrehte und ein kleines, seidenes Säckchen daraus zu Tage förderte. »Öffnet es, Marie!«, sagte Remigius stolz.
    Ehrfürchtig zog Marie an den Bändern des dunkelblauen Säckchens und ließ einen dunkelroten Stein in ihre Handfläche fallen. Sobald die Strahlen des Abendlichts, das durch das Fenster fiel, den Stein berührten, begann er zu leuchten. »Meiner Treu, der glüht wie ein Kohlestück!«
    »Ein Granat!« Ruben beugte sich vor und begutachtete den außergewöhnlichen Stein.
    »Oh, kein gewöhnlicher Granat. Ein carbunculus , wie es im Lateinischen heißt, und bereits seit der Antike kennt man diese magischen Edelsteine! Die größten Gelehrten haben ihn gerühmt! Albertus Magnus hat über den Karfunkel gesagt, dass er der vornehmste aller Edelsteine ist, weil er die Kraft aller anderen Steine in sich vereinigt! Der Karfunkel hat die Kraft der Sonne in sich und ist edler als alle Himmelskräfte, denn er verbrennt nicht! Man nennt ihn deshalb auch den Unverbrennlichen.« Remigius streckte die zitternde Hand nach dem funkelnden Stein aus und hielt ihn ins Licht, wo er seine volle Strahlkraft entfaltete und feurig und golden zugleich schimmerte.
    »Er sieht aus wie flüssiges, kristallisiertes Gold, wenn es das geben würde«, sagte Marie leise. »Das war es also. Ein Karfunkel.« Auf eine seltsame Weise war sie enttäuscht, denn ein Stein mochte wertvoll sein, aber nach dem aufwendigen Versteck und den geheimnisvollen Bildmotiven hatte sie etwas anderes

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