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Blut und Kupfer

Blut und Kupfer

Titel: Blut und Kupfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Wilken
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Schweigen breitete sich aus. Nebenan hörten sie Els Tücher ausschütteln, auf der Straße klapperten Hufe über das Pflaster, und zwei Männer gerieten über eine Dirne in lauten Streit. Da klopfte es zaghaft an der Zwischentür.
    »Ja?«, sagte Marie.
    Els schob ihr Gesicht durch den Türspalt, immer darauf achtend, die vernarbte Hälfte abzuwenden. »Was ist mit diesen Büchern? Soll ich sie in der Truhe belassen oder auf den Tisch legen?«
    »Zeig her.« Remigius winkte sie heran, und Els legte ihm scheu zwei Bücher in die Hand. »Lass die übrigen in der Truhe.«
    Els verneigte sich und verschwand lautlos.
    »Marbods ›Lapidarium‹.« Marie kannte das schmale Büchlein nur zu gut. »Ich konnte nichts Verbotenes darin entdecken.«
    Gegen einen Hustenanfall kämpfend hob Remigius das andere Buch und schlug die erste Seite auf. »Marsilius Ficinus hat diesen Rat gegen die Seuche 1489 geschrieben.«
    »Epidemarium antidotus« , las Marie auf dem Titelblatt der lateinischen Übersetzung.
    »Ich hatte bei meiner Suche etwas Entscheidendes aus dem Auge verloren.« Die Farbe kehrte in Remigius’ Wangen zurück. »Wer war Magnus Adam? Niemand wusste etwas über diesen Böhmen. Nirgends wurden seine Werke aufgeführt. Adam tauchte praktisch aus dem Nichts auf. Woher wussten wir von ihm? Einzig durch die Aufzeichnungen des Ser Mazzei! Schon damals in Prag haben wir nur von Magnus Adam gesprochen, wenn es um die Legende der Tafeln ging. Je länger ich darüber nachgedacht habe, desto deutlicher wurde es: Magnus Adam tritt plötzlich in Erscheinung, um da Pescias Tafeln eine geheimnisvolle Aura zu verleihen, und genauso plötzlich verschwindet dieser Gelehrte wieder. Er hat keine Aufzeichnungen oder Bücher hinterlassen. Und dann war Ruben in der Villa Riem!«
    Ruben räusperte sich, und sein Blick glitt um Verzeihung heischend zu Marie. »Ich hatte eine lange Unterredung mit Pater Ignatius, Gott sei seiner armen Seele gnädig. Während seiner Jahre als Gehilfe bei einem Goldschmied hatte er Gelegenheit, sich eingehend mit der Lehre von den Metallen und Edelsteinen zu befassen, und konnte mir jeden noch so unbedeutenden Alchemisten nennen. Sein Vater war Böhme und hatte sich in Prag, Schlesien, der Markgrafschaft Niederlausitz und sogar südlich der Alpen als Wunderdoktor durchgeschlagen. Aber niemals war ihm der Name Magnus Adam untergekommen!« Hier machte Ruben eine Pause, um seine Worte wirken zu lassen.
    »Du meinst, Magnus Adam existierte nicht? Warum hat aber ein florentinischer Kaufmann ihn erwähnt? Mazzei will ihn doch sogar in der Werkstatt von da Pescia gesehen haben!« Marie waren die Tagebuchaufzeichnungen des Florentiner Kunsthändlers noch deutlich in Erinnerung.
    »Beschreibt Mazzei den Böhmen nicht als geheimnisvollen Mann mit Bart? Was, wenn es sich um den bekannten Philosophen und Mediziner Marsilius Ficinus handelte oder Marco Ficino, wie er in Italien hieß? Ficinus hat ebenfalls für die Medici gearbeitet, und mit dem Buch über die Bekämpfung der Pest hat er sich in den Verdacht der Häresie gebracht. Darin behandelt er magische Praktiken und die Astrologie auf eine Art, wie es ein Alchemist tun würde. Er entwickelt eine alchemistische Pesttheorie, wobei er davon ausgeht, dass ein spezieller Arsendampf die Pest hervorruft. Ficinus war davon überzeugt, dass Steine und Metalle belebt waren.« Ruben nahm den Karfunkel und hielt ihn ins Licht, wo er aufflammte wie ein Kohlestück, das man ins Feuer wirft. »Ficinus entwickelte eine komplexe Theorie vom spiritus mundi , so etwas wie einem Geist, der ein Verbindungsglied zwischen der Weltseele und ihrer äußeren Hülle ist.«
    Remigius nickte. Dass Ruben und Marie zum vertrauten Du übergegangen waren, schien er nicht zur Kenntnis zu nehmen. Der Funken Leben, der noch in ihm loderte, war vom Feuer der Wissbegierde entfacht worden, der Gier nach dem allumfassenden Geheimnis, die schon Generationen vor ihm umgetrieben hatte. »Mit dieser Idee stand Ficinus keineswegs allein da. Auch andere Gelehrte wie Arnald von Villanova und Raimundus Lullus hatten ähnliche Ansätze, als sie darum rangen, das Aurum potabile , das trinkbare Gold, herzustellen. Übertroffen wird jenes Elixier nur vom Lapis.«
    »Und Ihr denkt, dass Ficinus herausgefunden hat, wie aus dem Karfunkel der Lapis philosophorum wird?«, fragte Marie skeptisch, denn die Namen der Gelehrten waren für sie nichts als leere Formeln.
    »Allein, Euch fehlt der Glaube, Frau von Langenau«,

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