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Blut und Kupfer

Blut und Kupfer

Titel: Blut und Kupfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Wilken
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hochgewachsene Frau schritt in ihrem weißen Gewand über den Rasen auf den Krankentrakt zu. Aus den ehemaligen Seelfrauen, die sich hauptsächlich um Kranke und Bedürftige gekümmert hatten, waren Ordensfrauen geworden, die sich auf Druck der Franziskaner dem Gebot der Ehelosigkeit unterworfen hatten und nun als klösterliche Tertiarinnen lebten. Die Krankenpflege gehörte nach wie vor zu ihren Hauptaufgaben, doch widmeten sich einige Damen auch der kontemplativen Fertigung feiner Textilien.
    Marie tat die Zurechtweisung der Oberin mit einem Schulterzucken ab. Demut! Sie hatte wahrlich andere Sorgen! Ständig musste sie an Vroni denken, die als unsicheres Nervenbündel in die Kutsche Richtung Kraiberg gestiegen war. Das verschnürte Buch des ermordeten Kapuziners trug sie in einem Beutel unter ihrem Umhang. Hoffentlich gelangte sie unbeschadet nach Kraiberg! Immerhin wurde sie von Aras begleitet. Schweren Herzens hatte sich Marie dazu durchgerungen, den treuen Hund fortzuschicken. Doch wenn Remigius in Gefahr war, konnte ihm zumindest Aras beistehen. Sie hatte ihrem Onkel einen ausführlichen Brief geschrieben und ebenso einige Zeilen an Albrecht. Himmel und Verdammnis, wie gern wäre sie jetzt nach Haus gefahren!
    Ihren Gedanken nachhängend war sie ziellos durch den Garten spaziert und stand mit einem Mal vor dem Dormitorium der Ordensschwestern. Der schmale Querflügel lag auf der Seite des Franziskanerklosters und stieß vorn an die Küche. Eine zierliche Gestalt trat aus der Tür und nickte ihr freundlich zu. Als die Tertiarin näher kam, stellte Marie überrascht fest, dass die Frau zwar eine jugendliche Figur hatte, doch ihre Bewegungen bedächtig und etwas steif waren. Das zweifellos einstmals schöne Gesicht war von Falten durchzogen. Noch immer funkelten die haselnussbraunen Augen, und die vollen Lippen kräuselten sich amüsiert, als sie bemerkte, wie Marie sie beobachtete.
    »Verzeiht, mein Name ist Marie von Langenau. Ich bin ein temporärer Gast«, stellte sie sich vor.
    »Die Betonung liegt auf temporär, nehme ich an.« Die Ordensschwester lachte, und ihr tiefes Lachen war ehrlich und ansteckend. »Ich bin Schwester Gisla, und ich hatte ein Leben dort draußen, bevor ich mich hierhin zurückzog. Es ist nicht der schlechteste Ort, um sein Leben zu beschließen. Ganz und gar nicht. Die Patrizierfamilie Ridler hat das Seelhaus 1295 gegründet, und lange Zeit haben sich die hier lebenden Frauen nicht um die Mönchsorden geschert. Die Franziskaner wollten das auf Dauer nicht dulden, und so wurden die ersten Hausregeln eingeführt, die aus frommen Seelfrauen Ordensschwestern machten. Ob wir nun frommer sind als vorher und dem Herrn besser dienen …« Gisla sah sich um, doch es war niemand in Hörweite. »Die Mutter Oberin lässt sich auch heute nicht von den Franziskanerbrüdern dreinreden, und dafür schätze ich sie. Obwohl sie sonst eine harte Frau ist.« Gisla legte den Kopf schief und musterte Marie eindringlich. »Wie ist der Name Eures Vaters?«
    »Kraiberg.«
    Gisla atmete scharf ein. »Dass er eine Tochter hat, wusste ich nicht …«
    »Ich habe auch noch zwei Brüder. Kanntet Ihr meine Eltern?« Es gab nur noch wenige Menschen, die ihre Mutter gekannt hatten, und Marie war begierig darauf, alles über die Frau, die ihr das Leben geschenkt und dabei das ihre gegeben hatte, zu erfahren.
    Gisla stutzte. »Eure Eltern? Ist Remigius denn verheiratet?«
    »Oh, Ihr dachtet, ich sei die Tochter meines Oheims? Nein, Leonhart von Kraiberg ist mein Vater.«
    »Leonhart, ach ja, die Brüder sahen sich sehr ähnlich.« Nachdenklich betrachtete die alte Ordensschwester Marie. »Und Eure Brüder sind auch in München?«
    »Albrecht führt das Gut, aber Georg ist Hofsekretär. Ihm habe ich es zu verdanken, dass ich hier bin.«
    »Ihr seid nicht gern hier«, stellte Gisla fest und deutete auf eine steinerne Gartenbank. »Kommt. Erzählt mir alles von Eurem Oheim. Es ist so lange her, dass ich ihn sah.«
    Ihrerseits neugierig auf die Geschichte der Nonne, folgte Marie der Aufforderung gern.
    »Ich bedaure es, dass ich erst durch meine Witwenschaft einen innigen Kontakt zu meinem Oheim gefunden habe«, schloss Marie ihre Erzählung, in welcher die Scagliola-Tafel keine Erwähnung gefunden hatte.
    »Der gute alte Remigius.« Gisla tastete nach dem Sitz ihres Schleiers über dem Kopfgebinde. »Er war ein stattlicher Mann.« Für eine Weile schwieg sie und hing ihren Erinnerungen nach.
    »Wart Ihr ihm zugetan?«,

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