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Blut und Rüben

Blut und Rüben

Titel: Blut und Rüben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Voehl
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Ihnen.«
    Ich fuhr noch einmal zu Armin, ohne dass ich etwas Neues erfuhr.
    Er schien sich von dieser Welt für eine Weile verabschiedet zu haben. Bereits als ich die Haustür öffnete, schallten mir psychedelische Klänge entgegen. Die Tür war nicht verschlossen. Er saß im Schneidersitz auf dem Boden seiner Wohnküche und rauchte einen Joint. Aus zwei Lautsprechern waberten Pink Floyds sphärische Klänge.
    Have a cigar ...
    Armin reichte mir den Joint, aber ich winkte dankend ab. »Ich muss einen klaren Kopf behalten. Solltest du besser auch.«
    Ich setzte mich zu ihm auf den Boden.
    »Warum? Ist doch alles easy!« Er lachte albern.
    »Hat sich die Polizei bei dir gemeldet?«, wollte ich wissen.
    »Klar. Null problemo. Die haben alles im Griff. Haben komische Fragen gestellt, von wegen eheähnliche Gemeinschaft. Als ob Ludwig und ich schwul wären!« Er kicherte wieder auf diese alberne Art. »Ich hab denen gesagt, sie sollen sich ihre Gummistöcke in den Arsch schieben. Das hat ihnen nicht gefallen. Haben gefragt, ob sie sich mal umgucken dürfen. Ich hatte nichts dagegen. Dann sind sie wieder abgezogen. Wir kommen wieder, haben sie gesagt. Klang wie eine Drohung.«
    Er nahm einen Zug und inhalierte tief. Er schien weit weg zu sein. Ich hatte die Befürchtung, dass er mir völlig entglitt.
    »Und deshalb dröhnst du dich jetzt total zu?«
    Sein Geist kehrte zurück auf die Erde. Für ein paar Augenblicke klärte sich sein Blick.
    »Die Polypen können mich mal. Du weißt genau, dass ich keine Angst habe vor denen. Aber das war nicht der einzige Besuch ...«
    »Spuck’s schon aus.«
    »Da waren so Herren mit schwarzen Anzügen und Sonnenbrillen. Die wollten alles ganz genau wissen. Die wussten, was wir damals in Berlin gemacht haben.«
    Sprach er von den Gorillas, die Ollie besucht hatten? Ich konnte es mir kaum vorstellen. Ich beschrieb sie ihm und sagte: »Die zwei sind im Auftrag einer Firma namens BT NATURE unterwegs.«
    Armin überlegte. »BT NATURE? Nie gehört. Nein, meine Besucher waren von einem anderen Stern. Glaub mir, die wollen mich fertigmachen. Du kriegst ’ne Gänsehaut, wenn sie dich angucken, obwohl du ihre Augen gar nicht sehen kannst ...«
    Armin horchte plötzlich auf. Auch ich spitzte die Ohren. Waren seine Besucher zurückgekommen?
    Aber dann erkannte ich, dass er wie hypnotisiert der Musik lauschte. Inzwischen lief Wish you were here.
    » Hörst du ihn?«, flüsterte er .
    Verständnislos sah ich ihn an. Seine Lippen beteten die Textzeilen mit:
    » So you think you can tell
    heaven from hell blue skies from pain ...«
    Ich spürte, wie mir eine Gänsehaut über den Rücken lief. Allerdings nicht wegen des Liedes.
    Während ich wieder zurückfuhr, klang mir noch immer Pink Floyd in den Ohren:
    ... running over the same old ground what have we found the same old fears wish you were here ...
    Die alten Ängste. An meine Ängste mochte ich gar nicht denken. Aber Armin und Ludwig hatten immer wieder angedeutet, dass sie damals in Berlin offene Rechnungen nicht beglichen hatten. Oder hatten sie noch viel mehr zu verbergen, als ich ahnte?
    Jedenfalls schienen die Besucher bei Armin jeden Nerv der Angst getroffen zu haben. Ich fragte mich, wer die Kerle gewesen sein mochten. LKA? BKA? Es gab da eine Menge anderer Organisationen, die gern weiterbohrten. Auch nach über zwanzig Jahren noch.
    Oder sah ich Gespenster? War Armins einzige und größte Angst vielleicht nur die Angst vor dem Alleinsein?
    Wieder zu Hause angekommen, war ich in schlechterer Stimmung als je zuvor. Ich versuchte, Norbert an den Apparat zu bekommen, aber er ließ sich ständig verleugnen. Schließlich gab ich es auf.
    Ich schaute auf die Uhr. Bis zum Abend waren es noch einige Stunden. Ich fragte mich, ob es richtig gewesen war, dass ich mich mit Maren von Greiffenberg verabredet hatte. Doch der Gedanke an sie verscheuchte zumindest die dunklen Wolken, also konnte daran nichts falsch sein. Zum ersten Mal seit langer Zeit machte ich mir tatsächlich Gedanken darüber, was ich anziehen würde.
    Als passendes Lokal für unser Abendessen hatte ich das Mare e Sole ausgesucht.
    Als wir das halb gefüllte Ristorante betraten, kam Roberto mit wieseligen Schritten herangeeilt. »Dottore Moritz!«, begrüßte er mich überschwänglich. »Sie waren lange nicht mehr hier. Und eine so schöne Frau beehrt meine Lokal, Mamma mia.«
    Ich gab ihm mit einer unauffälligen Handbewegung zu verstehen, dass er die Übertreibungen sein lassen

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