Blut und Rüben
passiert? Bist du jetzt endgültig übergeschnappt?«, fragte Norbert.
Ich schüttelte den Kopf. »Nein, es ist nur – es ist, weil ich meinen Fund in der Schütte versteckt hatte. Ich bin überzeugt gewesen, dass er noch da drin sein müsste. Der Schrank sieht nicht so aus, als hätten sich die Einbrecher groß damit befasst.«
Ich war froh, als Norbert die Tür hinter sich geschlossen hatte. In seinem Schlepptau befanden sich die Herren Schulze und Müller sowie Armin. Leider hatte ich Norbert nicht davon abbringen können, auch meinen Vetter noch einmal zu vernehmen. Duffy und die Gräfin entgingen nur deswegen knapp der Festnahme, weil sie ihm hoch und heilig versprachen, noch am selben Abend eine Liste mit den Namen der Leute zu faxen, denen sie die Wolfsangeln zum Kauf angeboten hatten. Kaum war Norbert gegangen, verabschiedeten auch sie sich sichtlich geknickt.
Mir hatte Norbert zu verstehen gegeben, dass er mich am nächsten Morgen im Büro erwartete. Und ich sollte mir eine gute Erklärung einfallen lassen ...
Ollie, Steffi und Maren blieben. Sie boten sich an, aufzuräumen, was ich dankbar annahm.
Während die drei herumhantierten, sank ich zurück und ließ mir alles noch einmal durch den Kopf gehen. Aber ich brachte keinen klaren Gedanken mehr zustande. Es drehte sich alles.
»Hunger?«, fragte Maren irgendwann.
Ich nickte, schließlich hatte ich kaum etwas von den Scones und den Sandwiches abbekommen.
»Ich habe aber kaum etwas im Kühlschrank.««Kaum? Du hast nichts!«, präzisierte Maren. »Hier im Gemüsefach liegen nur ein paar verschrumpelte Dinger.«
»Das sind Rüben«, ergänzte ich. »Und ein Stück Käse ist auch noch irgendwo.«
»Herrlich, ich bin begeistert. Und was soll ich daraus zaubern?«
»Wie wär’s mit einem Steckrübengratin?« Allein bei dem Gedanken lief mir das Wasser im Mund zusammen.
»Klingt nicht gerade nach einem Sternegericht, aber in der Not frisst der Teufel auch das.«
»Bist du kreativ genug, oder brauchst du eine Anleitung?«
»Anleitung.«
»Also gut, zunächst putzt du mal die Rüben und schneidest sie in Scheiben. Danach lässt du sie dreißig Minuten garen. In der Zeit kannst du weiter aufräumen.«
»Macho!«, schimpfte sie, tat aber, wie ich ihr geheißen hatte.
Ich fühlte mich allmählich wieder wohler. Auch wenn die Schmerzen mich wieder zu piesacken begannen und ich ans Bett gefesselt war, so hatte ich doch meine fleißigen Helfer. Nach dreißig Minuten fragte Maren nach der nächsten Anweisung.
Natürlich hatte sie übertrieben. Ein paar Lebensmittel enthielt mein Kühlschrank immer. Gute Butter, Milch, Käse.
»Jetzt nimmst du dir eine Pfanne und lässt Butter darin schmelzen«, rief ich in die Küche hinüber. »Schön viel, für den Geschmack. Hinten im Fach findest du auch noch Brühe. Die ist selbst gemacht, mit der löschst du die Butter ab. Und dann nimmst du den Becher Sahne ...«
»Augenblick, das geht alles zu schnell!« Kurze Pause. »Die Sahne ist sauer!«, gab sie wenig später zurück.
»Macht nichts, schmeckt sogar noch besser. Normalerweise nehme ich Crème fraîche dafür. Also, du mischst alles zusammen und lässt es jetzt erst einmal aufkochen. Dann reibst du den Gouda darüber, und fertig ist die Käsesauce. Die musst du mit Salz, Pfeffer und Muskat abschmecken.«
»Hast du keinen Salzstreuer?«
»Nimm das Salz aus der Schütte.«
»Im Schrank?«
»Ja.«
Ich hörte sie herumhantieren.
Und dann schrie sie plötzlich auf.
Ich sprang aus dem Bett, die Schmerzen ignorierend, und lief nach nebenan in die Küche. Doch noch im Laufen fiel mir auf, dass der Schrei nicht so geklungen hatte, als wäre ihr wirklich etwas passiert.
Eher wie ein Überraschungsschrei.
Auch Ollie und Steffi waren herbeigelaufen.
Wir alle schauten überrascht auf Maren und dann auf die Schütte, die sie in den Händen hielt. Eine eiserne Spitze ragte aus dem Salz hervor.
»Du hast dich vertan«, erkannte Maren. »Du hast die Wolfsangel nicht in der Zuckerschütte, sondern in der Salzschütte versteckt!«
Es dauerte eine Weile, bis wir uns beruhigt hatten. Ich schlug vor, augenblicklich Norbert anzurufen. Allein um das verfluchte Ding endlich loszuwerden. Außerdem hatte ich ihm gegenüber ein schlechtes Gewissen.
Maren war pragmatischer. Sie schlug vor, zunächst das Steckrübengratin zuzubereiten.
»Oh ja, ich habe einen Mordshunger!«, pflichtete Ollie ihr bei.
»Apropos Mord«, sinnierte Steffi. »Es ist doch offensichtlich, dass
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