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Blut und Rüben

Blut und Rüben

Titel: Blut und Rüben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Voehl
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diese Wolfsangel nichts mit Ludwig Leinewebers Tod zu tun hat.«
    »Ja, aber vielleicht mit seinen Mördern«, antwortete ich.
    Maren zog die Wolfsangel mit spitzen Fingern hervor und gab sie mir. Ich zuckte davor zurück. Die Wolfsangel fiel zu Boden.
    »Was hast du?«, fragte Maren besorgt.
    »Nichts«, log ich. »Es ist nur ...«
    »Hängt es mit deiner speziellen Begabung zusammen?«
    Ich nickte.
    »Spezielle Begabung?«, fragte Steffi neugierig. »Bei Moritz ist es so, dass er sich in gewisse Tatvorgänge besonders intensiv reindenken kann.«
    »Allmächtiger, so eine Art Profiler?«
    Ich kam mir vor wie ein Freak. »Also, es ist nicht so, wie ihr denkt, nur manchmal. Eigentlich ist es mehr ein Bauchgefühl.«
    »Erklär es ihnen später«, schlug Maren vor. »Was ist jetzt mit dem Gratin?«
    Ich war froh um die Ablenkung. Sie blinzelte mir zu. Ich liebe kluge Frauen. »Und wenn du mal genau in den Kühlschrank schaust, findest du dort auch noch einen Bund Frühlingzwiebeln.«
    »Die sind total verschrumpelt.«
    »Zieh die Haut ab, bis das frische Innere kommt. Dann schneidest du sie in Röllchen. Die Steckrüben schichtest du jetzt in eine Auflaufform, Käsesauce und Frühlingszwiebeln darüber und ganz oben drauf noch geriebenen Parmesan. Das Ganze überbäckst du zwanzig Minuten im Backofen bei einhundertzwanzig Grad. Guten Appetit!«
    Ich ließ sie werkeln, alle drei. Ollie erbot sich zwischendurch, mit Luna Gassi zu gehen, und allmählich fand ich Gefallen daran, mich bedienen zu lassen.
    Eine halbe Stunde später war der Auflauf fertig. Selbst ich hatte mich aufgerafft, sodass wir alle vier um den Tisch herumsaßen.
    Plötzlich begann ausgerechnet Steffi wieder zu reden. »Noch einmal zurück zu Ihrer speziellen Begabung. Ich wäre sehr gespannt, mehr darüber zu erfahren.«
    »Ich habe keine Lust, in Ihrem Sender als Ein-Mann-Freakshow zu enden«, knurrte ich. Ich hatte den unerwarteten Fund schon wieder verdrängt.
    »Das habe ich auch nicht vor.« Steffi ließ nicht locker. »Ich nehme Ihr Talent sehr ernst.«
    Ich seufzte. Maren ergriff meinen Arm. »Warum versuchst du es nicht noch einmal?«, ermunterte sie mich. »Auf jeden Fall ist es doch besser, wenn wir dabei sind, falls du ...«
    »Falls ich überschnappe, meinst du?«
    »Na ja, wenn du plötzlich von diesen Visionen oder was auch immer überfallen wirst.«
    Ich seufzte. »Ich habe daraus nie etwas Öffentliches gemacht. Ich empfange diese Gedanken oder manchmal auch nur Bilder oder Gefühle, sofern sie mit einem spektakulären Ereignis verbunden sind. Daran ist nichts Übernatürliches. Es ist schlicht und einfach mein Unterbewusstsein, das weiterarbeitet. Aber es ist noch nie passiert, dass ich mich bedroht gefühlt hätte.«
    Nicht bedroht, aber ich wäre fast daran zugrunde gegangen.
    » Haben Sie jemals daran gedacht, Ihre besondere Gabe untersuchen zu lassen?«
    »Ja, aber ich habe es nie getan und denke auch in Zukunft nicht daran. Außerdem ist doch wohl klar, dass der Wolfshaken, den ich gefunden habe, nichts mit dem Mord zu tun hatte.«
    »Mit dem Mord nicht, aber mit dem Mörder«, erinnerte mich Maren. »Gehen wir mal davon aus, dass der Mörder die Wolfsangeln aus Duffys Sammlung entwendet hat. Mit der einen hat er Ludwigs Kopf befestigt, die andere Falle hat er entweder achtlos weggeworfen oder verloren. Das ist die, die sich jetzt bei dir befindet.«
    Das war mir auch klar gewesen. Und dennoch zögerte ich.
    Maren reichte mir die Wolfsangel. Sie balancierte den archäologischen Fund mit zwei Händen – vorsichtig wie ein Tablett mit wertvollen Gläsern.
    Ich nahm die furchtbare Falle entgegen. Sie war nicht sehr schwer, aber dennoch hatte ich das Gefühl, dass plötzlich bleierne Gewichte meine Hände nach unten zogen. Ich fasste fester zu, damit die Wolfsangel nicht zu Boden fiel.
    Der Film in meinem Kopf setzte dort an, wo er das erste Mal aufgehört hatte.
    Die Trommeln waren verstummt, der Lagerplatz war verwaist. Das Feuer war fast niedergebrannt. Ansonsten herrschte eine geradezu undurchdringliche Dunkelheit.
    Da drang das Heulen an mein Ohr. Das Heulen eines Wolfes. Fluchtgedanken übermannten mich, aber ich konnte mich nicht von der Stelle rühren. Eine Gänsehaut überlief meinen erstarrten Körper. Ich hörte, wie mein Herz hektisch pochte. Weitere Wölfe fielen in das Geheul ein. Ihre langen gespenstischen Rufe gellten von weit her durch die Nacht.
    Von weit her, ja! Das hieß: Noch konnten sie mir nichts anhaben! Ich

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