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Blut und Rüben

Blut und Rüben

Titel: Blut und Rüben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Voehl
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Sorgen machte.
    Auch ich glaubte nun nicht mehr an eine harmlose Erklärung für ihr Verschwinden. Ich griff zum Handy und rief Norbert an.
    Als wir zu Hause ankamen, empfing uns eine aufgeregte Gräfin.
    »Höchste Zeit, dass Sie endlich kommen. Sie ahnen ja nicht, was wieder passiert ist ...«, intonierte sie mit klagender Stimme. Sie hielt uns ihre rechte Hand entgegen. Sie war mit einer weißen Bandage umwickelt. »Ich habe mich beim Kochen verbrüht!«
    »Ist es schlimm? Waren Sie beim Arzt?«, fragte ich besorgt.
    »Ja, ja«, antwortete sie ungeduldig. »Duffy hat mich gleich hingefahren. Das Schlimme ist, dass ich vorerst nicht werde kochen können. Und dabei ist doch übermorgen Eröffnung!«
    »Eröffnung?«
    Ich sah Ollie an, und Ollie blickte zu Boden.
    »Na ja, es sollte eine Überraschung werden. Außerdem wollten wir nicht, dass Sie körperlich mit anpacken. Sie laborieren immer noch an Ihren Verletzungen.«
    »Gebt zu, ihr habt Angst gehabt, dass ich abkratze und ihr euren Geldesel verliert«, brummte ich.
    »Wir haben alles vorbereitet«, jubelte Ollie. »Aber Sie werden es trotzdem erst am Eröffnungstag sehen. Freitag erscheint eine doppelseitige Anzeige in der Landeszeitung. Spätestens Samstag werden uns die Leute die Bude einrennen!«
    »Eine doppelseitige Anzeige? Kostet die nicht ein Vermögen?«
    »Einen Teil übernehmen die Geschäftspartner, und den anderen werden Sie spielend aufbringen.«
    Ich. Natürlich. Wer sonst?
    »Keine Sorge, wir zahlen alles zurück. Das Rübezahl wird eine Goldgrube werden!«
    »Und was machen wir jetzt mit der Köchin?«
    »Meine Landfrauen werden meinen Part übernehmen«, sagte die Gräfin. »Was deren Männern schmeckt, schmeckt auch unseren Gästen.«
    »Und jetzt zeigen Sie mir als Erstes die Küche!«, verlangte ich.
    Die anderen gingen voraus. Die Küche befand sich im Erdgeschoss. Die Geräte waren uralt, vor allem der riesige Gasherd, aber alles funktionierte. Sogar das Geschirr, das Besteck und die Teller stammten noch aus den Sechzigerjahren. Es hatte einen gewissen Charme. Vor allen Dingen war alles blitzsauber. Offensichtlich hatte sich der Landfrauenclub der Gräfin hier selbstverwirklicht und sich ganze Nächte um die Ohren geschlagen.
    Ich setzte mich auf einen Holzstuhl.
    »Was ist mit den Speisekarten?«
    »Werden noch gedruckt«, erklärte Ollie. »Aber ich habe hier einen Prototyp!«
    Er zog ein Blatt hervor, das sich stilistisch dadurch auszeichnete, dass es neben dem Frakturschriftzug des Rübezahl eine Zeichnung der Hausfront und einen Morgan zeigte.
    »Alt und Neu«, erklärte Ollie. »Das Gebäude symbolisiert das Altbewährte. Das Automobil stellt die Innovation dar ...«
    Die Karte machte einen positiven Eindruck. »Wer hat das eigentlich gestaltet?«, fragte ich und fürchtete schon wieder die nächste Geldausgabe.
    »Das war Steffi«, erklärte Ollie stolz. »Sie kann wunderbar zeichnen.«
    »Wie wär’s mit einem Probeessen?«, schlug ich vor. Abermals schaute ich auf das Angebot. »Ich würde gern mal ein Gurkensandwich probieren.«
    Ollie strahlte. »Wird sofort erledigt!« Er begab sich in den hinteren Teil der Küche, wo der Kühlschrank stand. Mir fiel auf, dass dieser im Gegensatz zum Rest der Küche recht neu zu sein schien.
    Die Gräfin bemerkte meinen Blick. »Der alte Bosch-Kühlschrank war nicht mehr funktionstüchtig. Wir haben einen neuen anschaffen müssen. Keine Sorge, er war nicht sehr teuer. Er ist gebraucht.«
    Ich nickte und arbeitete mich weiter durch die Karte. Sie hatte den Vorteil, dass sie sehr übersichtlich war. Auf der Rückseite standen die Gerichte der Abendkarte.
    »Und nach dem Sandwich hätte ich gern den Rübeneintopf.«

15.
    Herr Dr. Haselmann empfing mich in seinem holzgetäfelten Büro. Hier wirkte alles gediegen, selbst der Aschenbecher mit der qualmenden kubanischen Zigarre schien mit Bedacht ausgewählt.
    »Vielen Dank, dass Sie so schnell einen Termin für mich hatten«, sagte ich.
    Er winkte ab. »Lassen Sie die Förmlichkeiten. Zigarre? Cognac?«
    »Danke, nein. Ich bin gekommen, weil ich einige Fragen habe. Und nur Sie können sie mir beantworten.«
    Er nickte ungeduldig. »Ich kenne Ihre Fragen schon. Sie können davon ausgehen, dass wir uns im Vorfeld über Sie informiert haben. Sie waren Reporter, also vermute ich, dass Sie an einem Artikel arbeiten. Wie viel wollen Sie?«
    »Wie viel?« Ich war tatsächlich verblüfft.
    »Na, wie viel Euro, damit Sie Ihren Artikel nicht schreiben?

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