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Blut und Rüben

Blut und Rüben

Titel: Blut und Rüben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Voehl
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Ich bezweifle es. Das Frühjahr war zu kalt, und wie der Sommer wird, weiß auch niemand. Wir haben im letzten Jahr über einhunderttausend Tonnen Zucker hergestellt. Können Sie sich das vorstellen?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Können Sie auch nicht. Unsere Verarbeitungskapazität liegt bei 7500 Tonnen Rüben pro Tag«, erklärte er stolz. »Im letzten Jahr lag der Zuckergehalt der Rübe bei über achtzehn Prozent – da kommt ganz schön was zusammen.«
    »Gibt es nicht eigentlich schon zu viel Zucker?«, sagte ich.
    »Zu viel? Sie meinen den Überschusszucker?«, fragte er listig. Wahrscheinlich wollte er testen, was ich wusste.
    »Ja, den sogenannten C-Zucker«, antwortete ich. »Ich bin Journalist, ich gehe genauso informiert in ein Gespräch wie Sie.« Ich grinste.
    Er hob abwehrend die Hände. »Damit haben wir nichts zu tun. Glauben Sie mir. Wenn der Zuckermarkt in der EU nicht klassisch planwirtschaftlich geregelt wäre, so wie heutzutage noch immer, wir hätten kein Problem damit. Das ist Sache der Politik, da halten wir uns raus. Im Zweifel plädiere ich genau wie Sie für freie Marktwirtschaft. Die Situation auf dem Zuckermarkt stellt sich heute besser dar als in der Vergangenheit. Die Weltmarktpreise haben sich positiv entwickelt. Die Preise sind gestiegen, der Zucker ist knapper geworden. Allerdings müssen wir an unsere Bauern denken.«
    Ich hatte mich informiert: Dank der EU zahlen wir Verbraucher für die Tüte Zucker dreimal so viel wie eigentlich nötig. Den Bauern werden garantierte Abnahmepreise für A- und B-Quoten ihrer angebauten Rüben zugesagt. Die Zuckerüberschüsse, ungefähr vier Millionen Tonnen pro Jahr, der sogenannte C-Zucker, wird zum jeweiligen Weltmarktpreis exportiert. Subventioniert mit unseren Steuergeldern.
    »Mir kommen schon wieder die Tränen«, sagte ich. Haselmann war ein Schlitzohr. Mich würde er dennoch nicht für seine Lobbyarbeit gewinnen. »Wenn alles so eitel Sonnenschein ist, warum setzen Sie dann die Bauern unter Druck?«
    Er sprang auf und funkelte mich empört an. »Wir setzen niemanden unter Druck, Herr Morgenstern. Im Gegensatz zu den Gangstern von BT NATURE sind wir ein ehrenhaftes Unternehmen! Der Rübenbauer ist unser Partner. Wussten Sie, dass wir ein Mietenschutz-Programm durchziehen? Nehmen Sie Ihre Anschuldigung sofort zurück!«
    Ich winkte ab. Ich musste eingestehen, dass ich bewusst übertrieben hatte.
    »Ich entschuldige mich«, sagte ich förmlich. »Was hat es mit dem Mietenschutz-Programm auf sich?«
    Schnaufend fiel er in den Stuhl zurück. Dann grinste er. »Jetzt habe ich Sie aber reingelegt. Sie sind doch nicht so informiert, wie Sie vorgeben. Das Mietenschutz-Programm ist etwas ganz anderes, als Sie denken. Landwirte können ihre Ernte damit schützen – nicht etwa ihren Hof.« Er entspannte sich. »Sie wollen auf etwas anderes hinaus, nicht wahr? In der Tat haben wir einigen Landwirten das Angebot unterbreitet, als Pächter für uns zu arbeiten. Summa summarum wäre dies kein Verlustgeschäft für sie. Es geht uns dabei nicht um Gewinn, sondern um Bestandsschutz.«
    »Bestandsschutz?«
    »Wir haben sehr wohl registriert, dass BT NATURE in unserem Revier auf der Jagd ist. Mehreren Bauern wurden Angebote unterbreitet, ihr Land zu verkaufen. Bislang ist noch keiner darauf eingegangen. Die Angebote waren zu unverbindlich. Genauso unseriös war das bisherige Vorgehen dieser Firma. Sie können fragen, wen Sie wollen: BT NATURE hat keinen guten Ruf in dieser Gegend.«
    »Kein Wunder bei diesen Außendienstlern.«
    »Sie haben bereits mit ihnen Bekanntschaft gemacht? Könnte es sein, dass Ihr Hund ...?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Besagte Herren sind bereits aus dem Verkehr gezogen worden. Ich bin überzeugt, dass BT NATURE in Zukunft mit mehr Fingerspitzengefühl vorgehen wird. Die Methoden, die sie hier anwenden wollten, mögen in Südamerika ziehen, aber nicht hier.«
    »Genau das ist auch unser Eindruck«, sagte Haselmann. »Sie werden sich über kurz oder lang subtilere Methoden überlegen, um in dieser Gegend Fuß zu fassen. Daher war das Angebot, das wir den Bauern – übrigens sämtlichen unserer Bauern – unterbreitet haben, auch rein prophylaktisch gemeint. Um es klar zu sagen: Wir sind gegen Genrüben in unserem schönen Lippe.«
    Der Lipper Hof hatte Mittagspause. Ich war ganz froh darüber. So standen die Chancen ziemlich gut, dass ich den BKA-Leuten nicht über den Weg lief. Vor allem wusste ich nicht, ob es gut für mich

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