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Blut und Silber

Blut und Silber

Titel: Blut und Silber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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ein zweites Pferd im Stall, ein braver Zelter, mit dem vermutlich der Arzt zu Krankenbesuchen in die umliegenden Siedlungen ritt.
    Er konnte nur hoffen, dass Conrad Marsilius von seinem Besuch beim Bergmeister zurückgekehrt war oder sich entschlossen hatte, die Strecke zu Fuß zurückzulegen. Wenn er ihn hier im Pferdestall antraf, würde ihr Bündnis vermutlich ein jähes Ende finden.
    Doch anscheinend war Marsilius schon zurück. Denn wenig später hörte Markus, wie die alte Clementia einen Kranken einließ und unter ihrem üblichen Geschimpfe das Haus verließ.
    Bald darauf öffnete sich die Hintertür.
    Markus hielt den Atem an. Er hatte Glück: Es war kein Knecht und auch nicht der Arzt, sondern tatsächlich Änne, die nun in den Kräutergarten hinter dem Haus kam.
    Sie trug ein schlichteres Kleid, aber die gleiche Haube wie am Vormittag.
    Ohne etwas von seiner Gegenwart zu ahnen, ging Änne zum Brunnen zwischen Haus und Stall und zog einen Eimer Wasser herauf.
    Leise rief Markus ihren Namen.
    Änne zuckte zusammen und sah sich um, von wo die vertraute Stimme wohl gekommen sein mochte. Dann stellte sie mit erstaunlicher Gelassenheit den Eimer neben das Beet, klopfte sich die Hände ab und ging ruhig zum Stall, als habe sie dort etwas vergessen.
    Kaum war sie durch die Tür, rannte sie auf Markus zu.
    »Du musst fort von hier!«, sagte sie aufgebracht, fast flehentlich.
    »Ich werde nicht gehen, bevor ich dir gesagt habe, dass ich dich immer noch liebe und die Hoffnung nicht aufgebe«, erwiderte er, während er ihre Arme umfasste und in die Augen sah, deren Grün er im Halbdunkel nur erahnen konnte. »Sei unbesorgt, ich bleibe nicht lange.«
    Mit einem Ruck machte sie sich los. »Du verstehst nicht – du musst weg aus Freiberg, sofort! Sie werden dich kriegen!«
    So heftig hatte er sie noch nie reden hören.
    »Woher willst du das wissen?«, versuchte er sie zu beschwichtigen und rang sich sogar ein Lächeln ab. »Sei ein bisschen zuversichtlicher …«
    Nun griff er nach ihren Händen. Sie ließ es geschehen und starrte mutlos an ihm vorbei ins Leere.
    »Ich weiß es einfach … So wie ich andere Dinge weiß … ohne zu ahnen, woher. Ich träumte schon
vor
der Blutnacht davon, wie die Stadt gestürmt wurde. Ich sah drei Köpfe aufgespießt,
bevor
sie die Ratsherren hinrichteten …«
    Nun schaute sie auf und blickte Markus verzweifelt an. »Und letzte Nacht sah ich dich im Traum … gefangen im Käfig … Flieh, Liebster! Flieh aus Freiberg, oder du bist verloren!«
    Dass sie ihn »Liebster« nannte, stimmte Markus so glücklich, dass er ihre Warnung schlichtweg ignorierte. Stattdessen nahm er ihren Kopf in seine Hände und küsste sie.
    Sie riss sich von ihm los. »Flieh!«, beschwor sie ihn verzweifelt.
    »Nicht jetzt«, murmelte er und zog sie wieder an sich.
    Im ersten Moment sträubte sie sich, doch dann erwiderte sie den Kuss mit überraschender Leidenschaft. Seine Hände spürten die Tränen auf ihren Wangen, während sie ihn immer heftiger küsste.
    Vorsichtig ließ er ab von ihr und zog sie an sich, so dass ihr Kopf an seiner Schulter lehnte.
    »Sorge dich nicht, mein Herz«, flüsterte er und strich sanft über ihre Wange. Die Haube war verrutscht, und nun konnte er sehen, dass ihr Haar in den anderthalb Jahren, die sie getrennt voneinander waren, schon bis auf die Schulter nachgewachsen war.
    »Ich habe dich gerade erst wiedergefunden, da werde ich dich nicht gleich verlassen.«
    Sie nach so langer Zeit so dicht bei sich zu spüren, erregte ihn aufs höchste. Am liebsten würde er sie auf der Stelle nehmen, auch wenn oder gerade weil sie jetzt die Frau eines anderen war. Doch für ihre erste gemeinsame Liebesnacht wünschte er sich einen besseren Ort als einen Stall und eine bessere Gelegenheit als diese, wo sie jeden Augenblick entdeckt werden konnten.
    Aber würden sie jemals ein normales Leben als Mann und Frau führen können? Selbst Markgraf Friedrich, der edelster Abstammung war und bei vielen einflussreichen Verwandten Aufnahme finden konnte, streifte durch das Land wie ein einsamer Wolf und hatte seinen einzigen Sohn weitab von sich in Sicherheit gebracht. Wie konnte es da eine gemeinsame Zukunft für ihn und Änne geben?
    Schon morgen könnte er verhaftet und hingerichtet werden, sollte die Befreiungsaktion für die Geiseln misslingen. Selbst wenn sie Erfolg hatten, musste er sich weiter verbergen. Dringender noch als zuvor sogar, denn die Flucht der Gefangenen würde erheblichen

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