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Blut und Silber

Blut und Silber

Titel: Blut und Silber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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groß. Die verborgenen Herrscher des Berges konnten Gruben zum Einsturz bringen, die Bergleute in die Irre locken oder ihnen auf viele andere Arten gefährlich werden. Gerade erst hatte es in Freiberg ein Grubenunglück gegeben, bei dem mehr als ein Dutzend Männer ihre »lange Schicht« angetreten hatten – tot oder lebendig im Stollen begraben, ohne Aussicht, je geborgen zu werden. Auch deshalb war der Respekt der Freiberger vor den Berggeistern größer als die Hoffnung, milde gestimmte Wesen könnten ihnen einen reichen Erzgang zeigen oder einen Krug voll silberner Pfennige schenken.
    Die Erinnerung an das Grubenunglück und den Einsturz der Anhöhe bei der Ankunft des Heeres würde auch unter den Besatzern ausreichend Furcht verbreiten. So gelangten Markus und seine Gefährten unbeachtet zu dem Stollen, der zu Christians Pfad führte.
    Markus lauschte, ob von irgendwo etwas zu hören war. Aber einzig das Plätschern von den Schritten seiner Gefährten hallte durch die Stille. Auf der Stollensohle hatte sich Wasser gesammelt, so dass sie über große Strecken waten mussten. Vielleicht war dieser Teil der Grube deshalb auflässig. Wasser im Stollen war der Feind der Bergleute.
    Mit dem heftig rußenden und stinkenden Unschlittlicht ging Markus ganz nah an die Wand aus Gesteinsbrocken heran, die das Ende des verlassenen Stollens bildete, und glitt mit der flackernden Flamme an dem Felsgestein entlang.
    »Unversehrt. Niemand hat sich daran zu schaffen gemacht«, verkündete er erleichtert und sprach ein kurzes Dankgebet.
    »Ganz sicher?«, vergewisserte sich Herrmann. Sein Keuchen war nun in der Stille des Berges deutlich zu hören.
    »Ganz sicher«, bestätigte Markus. »Seit ich zum ersten Mal hier war, hat sich nichts verändert. Fangen wir an!«
    Die andern legten das Gezähe ab. Vorerst würden sie die Brocken mit den Händen beiseiteräumen können. Das hatte auch den Vorteil, weniger Geräusch als Schlägel und Eisen zu verursachen.
    »Hauptmann, bist du sicher, dass es hier keine Berggeister gibt?«, fragte Christian.
    So tollkühn der rothaarige Bursche ansonsten auch war – Markus hörte zum ersten Mal Angst aus seinen Worten. Das lag bestimmt nicht daran, dass sie sich direkt in die Höhle des Löwen wagen mussten und ihnen der Tod drohte, sollten sie entdeckt werden.
    Die Dunkelheit, in der das flackernde Talglicht die Umgebung kaum mehr als eine Elle weit erhellte, zusammen mit der Furcht vor den Geistern des Berges, konnte nicht nur einem Halbwüchsigen einen Schauer über den Rücken jagen. Sie waren keine Bergleute, sie waren es nicht gewohnt, in solcher Finsternis unter der Erdoberfläche zu arbeiten. Dies war für sie eine fremde, bedrohliche Welt.
    »Entzündet ein zweites Licht«, wies der Hauptmann an. »Wir müssen aufpassen, dass wir die richtigen Felsbrocken beiseiteräumen, ohne einen Steinschlag auszulösen.«
    Herrmann zog sofort einen Kienspan aus dem Bündel und hielt ihn an die flackernde Flamme.
    »Wie weit ist es von hier zum Verlies?«, wollte Jan wissen, während sie begannen, Steine herauszubrechen.
    »Wenn die geheimen Überlieferungen stimmen, ist der Stollen auf sechs bis sieben Schritt Länge verschlossen. Dann kommt ein schmaler Gang, der direkt unter das Verlies führt. Dort müssen wir das Gestein wegräumen, mit dem der Fluchtweg von oben verfüllt wurde, damit es unter dem Verlies nicht hohl klingt«, erklärte Markus. »Der Geheimgang musste einerseits gut verborgen werden, andererseits in Notfällen schnellen Zugang zur Burg ermöglichen.«
    Zu früh durften sie auch gar nicht auftauchen, sonst wäre Gero noch im Käfig auf dem Burghof.
    Eine ganze Weile arbeiteten sie wortlos, während ihre Füße im kalten Wasser langsam abzusterben drohten.
    »Welche Tageszeit jetzt wohl ist?«, fragte Claus irgendwann, während er zusammen mit Jan eine schwere Gneisplatte beiseitetrug. »Könnt ihr euch vorstellen, dass da oben jetzt die Sonne scheint? Vielleicht regnet es aber auch oder gewittert, und wir bekommen nichts davon mit. Wir merken nicht einmal, ob es Tag ist oder Nacht.«
    »Dein Magen wird dich schon an die Mahlzeiten erinnern«, spottete Herrmann und ließ sich mühsam atmend zu Boden sinken. Die Anstrengung machte seiner verletzten Lunge schwer zu schaffen.
    »Lasst uns einen Moment innehalten und etwas trinken«, entschied Markus. Die hölzerne Kanne mit Bier wanderte reihum, sie aßen etwas von dem mitgebrachten Brot.
    Je länger sie arbeiteten, umso mühsamer

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