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Blut und Silber

Blut und Silber

Titel: Blut und Silber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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Markus heimlich die Augenbinde ein Stück nach oben geschoben, um das Treiben auf dem Burghof zu beobachten. Nach den vielen Tagen in Finsternis sehnte er sich danach, den blauen Himmel zu sehen. Außerdem wollte er jede Einzelheit aufsaugen, die ihm bei einer Flucht dienlich sein könnte.
    Er konnte den Leinenstreifen zwar etwas hochziehen, indem er seinen Kopf gegen das Eisengitter lehnte, ihn aber nicht wieder richtig zurückzuschieben, als der Abend kam. Sein Tun wurde entdeckt und mit zusätzlichen Schlägen bestraft.
    Doch am schlimmsten hin- und hergerissen zwischen Furcht und Hoffnung wurde er bei dem Gedanken, was wohl seine Gefährten unternehmen würden und in welche Gefahr sie sich seinetwegen begaben.
    Nach Ännes Besuch hatte niemand mehr heimlich Kontakt zu ihm aufgenommen, abgesehen von Christian.
    Der tauchte mittlerweile beinahe täglich auf und machte sich bei der Burgmannschaft gut Freund mit seinen derben Späßen und Possen.
    Die gelangweilten Wachen erwarteten ihn schon und hielten ihn für einen der Ihren.
    Manchmal nutzte der Rotschopf die Gelegenheit, Markus unbemerkt eine Nachricht oder ein paar aufmunternde Worte zuzuflüstern. Nicht zuletzt hielt er die Männer während seiner Vorstellungen davon ab, den Gefangenen zu quälen oder zu verhöhnen.
    Alle paar Tage schmuggelte ihm eine Frau ein Stück Brot in die gefesselten Hände und half ihm, die kostbare Gabe unter der Kleidung zu verstecken. Wie er an der Stimme erahnte, war es die alte Brotmagd mit der Hasenscharte. Sie empfand wohl Mitleid mit ihm, vielleicht aber auch heimliche Genugtuung über die geglückte Flucht der Geiseln.
     
    Diesmal näherten sich zaghafte Schritte dem Käfig, nicht so laut wie die eines Soldaten in derben Stiefeln und nicht so schlurfend wie die der Magd aus dem Backhaus.
    War das vielleicht Änne? Markus wusste nicht, ob er sich Sorgen machen, weil er so lange nichts von ihr gehört hatte, oder erleichtert sein sollte, dass sie in Sicherheit war und auf weitere gefährliche Begegnungen mit ihm verzichtete.
    Durch nichts ließ er erkennen, dass er seine Aufmerksamkeit ganz auf den oder die Unbekannte richtete. Wie immer kniete er reglos in Fesseln, den Kopf mit der Augenbinde starr geradeaus gerichtet.
    »Du hast mein Leben verschont, dadurch stehe ich in deiner Schuld«, sagte leise neben ihm eine fremde Stimme, die eines jungen Mädchens oder eines Knaben.
    Markus runzelte die Stirn, um zu zeigen, dass er nicht wusste, wer mit ihm sprach.
    »Damals, als du dich in die Kammer des Kommandanten gewagt hast«, fuhr die Stimme fort, und Markus begann zu ahnen, wer dort stand: der Knappe, den er nach der Flucht der Geiseln bewusstlos geschlagen hatte, um zum Grafen zu gelangen.
    »Deshalb gebe ich dir eine wichtige Nachricht weiter, obwohl ich damit meinen Dienstherrn hintergehe.«
    Der Knappe holte tief Luft, bevor er leise hastig weiterredete: »Einer von deinen Leuten wurde gefasst. Er ist tot, aber vorher verriet er unter der Folter, dass dich deine Freunde mit einem Trupp falscher Soldaten befreien wollen.«
    Der Junge räusperte sich. »Ich weiß nicht, ob du zu ihnen Kontakt hast und durch wen, und ich will es auch nicht wissen. Aber wenn du kannst, richte ihnen aus, dass diese List aufgeflogen ist und sie in einen Hinterhalt geraten, wenn sie kommen.«
    »Danke«, sagte Markus leise.
    Es musste den Jungen große Überwindung gekostet haben, seinen Herrn zu hintergehen. Ganz abgesehen davon, dass er sich in erhebliche Gefahr begab. Wenn herauskam, dass er dieses Geheimnis verraten hatte, würde ihn wohl weder seine Stellung als Knappe noch seine vermutlich edle Herkunft schützen.
    »Damit ist die Schuld beglichen«, erwiderte der Knappe. »Es ist genug Blut geflossen. Ich will hier nicht noch ein Gemetzel. Außerdem würden sie dich sofort töten, noch ehe der Letzte deiner Freunde den Burghof betreten hat.«
    Die leisen Schritte entfernten sich wieder.
    Markus zweifelte nicht, dass die Warnung echt war und keine List. Die Stimme des Jungen hatte ehrlich geklungen, furchtsam, aber es war auch kaum verhohlene Bewunderung herauszuhören.
    Wer ist der Tote?, überlegte er aufgewühlt. Herrmann? Oder sein Bruder? Wer mochte unter der Folter gesprochen haben?
    Nun musste er schleunigst dafür sorgen, dass die Warnung die anderen erreichte, bevor es ein Blutbad gab.
    Markus drehte den Kopf in die Richtung, aus der Christians Narrenpossen erklangen. Ein deutlicheres Zeichen durfte er nicht geben, wollte er sich

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