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Blut und Silber

Blut und Silber

Titel: Blut und Silber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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seiner Offizin stand und zaghaft bittend auf den Beutel am Gürtel deutete.
    Wahrscheinlich ein Häuer mit kaputter Lunge, aber in einem ergiebigen Erzgang eingesetzt. Oder so verzweifelt, dass er sich das Geld zusammengeborgt hatte.
    »Komm später wieder!«, beschied ihm der Apotheker missgelaunt.
    Er verspürte nicht die geringste Lust, dem Alten selbst eine Mixtur zurechtzubrauen. Sein Weib war mit den Mägden auf dem Markt, der Knecht führte gerade das Pferd zum Hufschmied, und wo sein neuer Lehrjunge war, wusste wahrscheinlich nur der Herrgott selbst. Der Bengel hätte längst von seiner Besorgung zurück sein müssen. Wahrscheinlich strolchte er wieder durch die Gassen – genau solch ein Nichtsnutz wie der missratene Neffe, der mit dem ganzen Ersparten durchgebrannt war. Und kaum, dass wieder Geld ins Haus gelangt war, wenn auch nur die Hälfte der versprochenen Belohnung für die Festnahme eines lang gesuchten Verbrechers, schwärmte der ganze Haushalt aus, um die Barschaft durchzubringen! Sollte er sich da auch noch höchstpersönlich Mühe machen wegen dieses Alten, der wahrscheinlich in einer Woche sowieso verrecken würde, ob mit oder ohne Medizin?
    »Habt Erbarmen, Meister«, bat der Häuer unterwürfig, bevor er von einem Hustenanfall geschüttelt wurde. »Ich muss wieder in die Grube, damit meine Familie nicht verhungert. Ich zahle Euch auch das Doppelte!«
    »Na, meinetwegen«, ließ sich Jenzin angesichts dieses Versprechens erweichen. »Ich hoffe, du hast auch wirklich genug Geld. Gib mir das Rezept!«
    Doch statt dem Apotheker eines der Wachstäfelchen von Marsilius durch das Fenster zu reichen, huschte der Alte zur Tür, erstaunlich schnell für seinen Zustand. Ehe Jenzin sichs versah, stand der Fremde in der Offizin.
    Hatte der Tölpel denn gar kein Benehmen?
    Bevor der Ratsherr ihn dafür ausschelten konnte, wurde er von dem Fremden gepackt und mit überraschender Kraft in die hintere, private Kammer geschoben.
    »Ich dachte mir, ich erzähle lieber persönlich, was ich brauche«, erklärte der Besucher, der sich mühsam aufgerichtet hatte und mit einem Mal ziemlich bedrohlich wirkte.
    Was durch die Dolchspitze unterstrichen wurde, die Jenzin plötzlich auf seiner Brust spürte. Bevor er aufschreien konnte, presste ihm der Fremde die Hand auf den Mund.
    Jetzt erst wurde dem Apotheker angstvoll bewusst, dass das Gesicht des Eindringlings immer noch zur Hälfte von der Gugel verhüllt und der Rest von Staub bedeckt war. Wer, um alles in der Welt, war das? Ganz bestimmt kein Häuer. Ein Dieb? Oder jemand, der sich für die Gefangennahme des Hauptmanns rächen wollte?
    »Ja, jetzt drückt dich wohl dein schlechtes Gewissen, was?«, knurrte der Besucher, schob Jenzin gegen eine Wand und presste ihm den Dolch gegen die Kehle. Zitternd spürte der Apotheker, wie die scharfe Klinge seine Haut ritzte.
    »Ich weiß nicht, wovon du redest«, brachte er ängstlich hervor. »Du musst mich verwechseln … Lass mich, und ich werde dich auch nicht den Wachen melden …«
    »Nein, das wirst du nicht, du Ratte.« Der Fremde grinste und drückte noch fester zu.
    Jetzt begann Jenzin zu wimmern. »Ich geb dir Silber, wenn du gehst!«, flehte er.
    »Das hört sich schon besser an!«, meinte der Eindringling gut gelaunt. »Mir ist nämlich zu Ohren gekommen, dass du unlängst ein paar zusätzliche Einnahmen hattest. Wofür, darüber mag der oberste Richtherr entscheiden. Und den stimmst du vielleicht ein bisschen gnädiger, wenn du das Geld als Almosen ein paar Bedürftigen spendest. Ich verspreche dir, dass ich höchstpersönlich für die gerechte Verteilung sorgen werde.«
    Plötzlich änderte der Fremde den Tonfall.
    »Her mit allem Silber, das du im Haus hast!«, befahl er schroff. Er packte den Überrumpelten am Ausschnitt und schob ihn weiter vor sich her. »Und ich meine wirklich
alles
! Wo beginnen wir zu suchen?«
    Vergeblich versuchte Jenzin, sich herauszuwinden. Der Räuber gab nicht eher Ruhe, bis er außer dem Geld aus dem Kästchen und dem unter dem Herdfeuer vergrabenen auch noch die Silberbarren aus dem Geheimfach in der Wand geholt hatte.
    Wo, um alles in der Welt, blieben nur die anderen? Wenn nicht ganz schnell Hilfe kam, war er ein armer Mann! Oder ein armer
und
toter Mann.
    Herr im Himmel, hilf!, flehte er stumm und vergeblich. Doch jedes Mal, wenn er glaubte, dem Eindringling entkommen oder ihn gar überlisten zu können, reagierte dieser blitzschnell.
    »Denk nicht einmal dran!«, ermahnte

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