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Blut und Silber

Blut und Silber

Titel: Blut und Silber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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er ihn in aller Gelassenheit. »Ich hätte dir die Gurgel durchgeschnitten, bevor du einen Schritt getan hast.«
    Eine harmlose, aber schmerzhafte Fleischwunde am Unterarm brachte Jenzin endgültig dazu, jeden Gedanken an Widerstand aufzugeben.
    Nun begann er, ernsthaft um sein Leben zu fürchten.
    Als er das ganze Geld in einen Beutel gefüllt und dem Räuber übergeben hatte, sank er händeringend auf die Knie.
    »Lass mich leben, bitte! Ich werde niemandem verraten, dass du hier warst!«, flehte er.
    »Na, das ist doch ein Angebot!«, antwortete der Fremde zu seiner großen Erleichterung.
    »Du wirst schweigen und allen erzählen, den Schnitt am Hals habe dir der Pfuscher von Bader beim Balbieren zugefügt?«
    Hastig nickte Jenzin, der vor Aufregung und Angst kein Wort herausbrachte.
    »Du wirst weder um Hilfe schreien, bevor ich das Haus verlassen habe, noch erzählen, dass du bestohlen wurdest?«
    Ängstlich nickte der Schwarzgewandete erneut.
    »Hoch mit dir, Hurensohn!«, scheuchte ihn der Räuber.
    Mit zitternden Knien kam der hagere Apotheker auf die Füße, wie befohlen mit erhobenen Händen.
    Der Dieb musterte ihn. »Weißt du, ich traue dir nicht«, verkündete er dann. »Ich werde dich doch lieber umbringen. Auf einen mehr oder weniger kommt es nicht an.«
    Noch während er sprach, hatte er seinem Gegenüber erneut den Dolch an die Kehle gedrückt.
    Jenzin erstarrte vor Angst. Etwas Warmes rann seine Beine hinab. Der Eindringling schnupperte und verzog verächtlich den Mundwinkel.
    »Der Kerl hat sich wirklich bepisst vor Angst!«, rief er und lachte kurz auf. »An dir Ratte kann sich ein anständiger Dieb noch die Hände schmutzig machen.«
    Er drehte ihn um und stieß ihn vor sich.
    »Los, runter mit den Sachen!«
    Ungläubig wandte der Apotheker den Kopf.
    »Hast du nicht gehört? Wenn du willst, dass ich dich nicht absteche, zieh dich aus!«
    Mit bebenden Händen versuchte Jenzin, die Knoten der Nestelbänder zu lösen, mit denen die Beinlinge an der Bruche befestigt waren. Der Dieb beschleunigte die Angelegenheit mit ein paar raschen Schnitten.
    »Was für ein hässlicher Hintern«, kommentierte er den unschönen Anblick zweier weiß leuchtender, schlaffer Gesäßbacken.
    »Damit du’s weißt, Ratte: Ich lass dich nur leben, weil diese Stadt sonst keinen Salbenkocher hat! Es gibt zu viele Kranke hier. Du wirst ihnen helfen und über meinen Besuch schweigen. Kommen mir Klagen zu Gehör, sehen wir uns wieder. Und dann werde ich nicht so großzügig sein wie heute!«
    Zitternd und mit nacktem Hintern kniete Jenzin auf seiner streng nach Urin riechenden Bruche und wandte den Kopf, um zu sehen, ob der Eindringling wirklich ging.
    Doch er hatte immer noch nicht genug gelitten, denn im nächsten Moment wurden ihm ein paar saftige Hiebe mit der Gerte auf das nackte Fleisch versetzt, mit der er sonst seinen Lehrling und früher auch sein Mündel gezüchtigt hatte.
    »Das zur Erinnerung! Und erzähl deinem Weib, du seiest zu der Einsicht gekommen, etwas mehr Frömmigkeit und Barmherzigkeit zu zeigen!«
    Mit einem kräftigen Ruck wurde ihm die Bruche unter den Beinen weggezogen, dann krachte die Tür zu, der Fremde war verschwunden.
    Beraubt, gedemütigt und geschlagen, sank der Apotheker in sich zusammen und wimmerte.
    Dabei entging ihm vorerst, dass schon bald die halbe Stadt über seine fleckige und nach Urin stinkende Bruche lachte. Der Unbekannte hatte sie wie ein Banner über das Schild mit dem Apothekersymbol gehängt.
     
    »He, Feuerlocke!«
    Begeistert wurde Christian von den Burgwachen begrüßt. »Was hast du uns heute zu bieten?«
    Der Bursche grinste von einem Ohr zum anderen. »Wie wär’s mit einem neuen Vers zu dem Lied von der drallen Wirtin?«
    Da sein Repertoire an Zauberkunststückchen äußerst dürftig war und er mit dem missgestalteten Fuß auch keine Saltos schlagen konnte, blieb ihm nichts anderes übrig, als die Wachen mit seinem schier unerschöpflichen Vorrat an Witzen und zotigen Versen zu unterhalten – und mit selbst erfundenen Liedern, für die er sich jeden Abend auf dem Speicherboden den Kopf zermarterte.
    Wie schon bald nach seinem ersten Auftauchen vor der königlichen Burgwache üblich geworden, ließ sich Christian von einer Gruppe aufgekratzter Männer zu dem großen Stein am Brunnen geleiten, den er als Podium benutzte. Mühelos sprang er hinauf und begann zu singen, während sich sein Publikum vor Lachen bog und bald in den frechen Refrain einstimmte.
    »Hinkebein,

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