Blut und Silber
konnte. »Einen König?«
Friedrich lächelte, ohne etwas zu sagen.
»Aber … das hat es noch nie gegeben! Wer von den Fürsten wird das wagen?«, brachte Diezmann fassungslos heraus. »Das ist ein Hirngespinst des Habsburgers, der selbst auf den Thron will. Lass dich da nicht hineinziehen, Bruder!«
»Der Erzbischof von Mainz und Wenzel von Böhmen sind ebenfalls dabei, außerdem der Markgraf von Brandenburg und der Herzog von Sachsen-Wittenberg«, beschied ihm der Ältere ruhig.
Natürlich hatte Diezmann recht: Der jetzige Herzog der Steiermark und Österreichs wollte die Krone, die schon sein Vater getragen hatte.
Der Markgraf der Lausitz verzog zynisch das Gesicht und zeichnete mit der Hand einen eleganten Schnörkel in die Luft. »Und
wie
wollen sie das begründen?«
»Besteuerung der Geistlichkeit, die Friedlosigkeit im Reich, womit der König nicht Gottes Wille erfüllt, Kirchenraub, Schändung von Witwen, Jungfrauen und Ehefrauen während seiner Regierungszeit …«, zählte Friedrich gelassen auf.
»Allmächtiger, unter wessen Herrschaft hätte es all das
nicht
gegeben!«, rief Diezmann ungeduldig und verdrehte die Augen. »Und darauf fällst du herein?«
»Es geht um seine persönliche Unfähigkeit. Er ist seines Amtes und damit seines göttlichen Auftrags nicht würdig«, konterte der Ältere ungerührt. »Auch in der Politik gegenüber England und Frankreich hat er schmählich versagt. Sein einziger Erfolg, wenn wir es so nennen wollen« – hier konnte Friedrich ein bitteres Auflachen nicht zurückhalten –, »ist die Eroberung der wettinischen Länder. Vor allem
meines
Landes, um genau zu sein. Doch der Nassauer hat ein seit Generationen gültiges Gesetz gebrochen.«
Fragend zog der Jüngere die Augenbrauen hoch.
»Der König ist verpflichtet, eingezogene Lehen binnen Jahr und Tag wieder zu vergeben! Das hat er nicht getan, sondern die Mark Meißen einfach einbehalten.«
Diezmanns Augen leuchteten auf. »Der Leihezwang! Damit können sie ihn kriegen.«
Doch seine Skepsis war längst nicht verflogen.
»Und was, wenn der Nassauer einfach nicht erscheint, um sich abwählen zu lassen?« Er lehnte sich zurück und machte eine lässige Handbewegung. »Ich an seiner Stelle würde das Pergament ins Kaminfeuer werfen und den Boten zum Tor hinausjagen.«
Friedrich verschwieg, dass es schon ein Ladungsschreiben des Erzkanzlers vom Januar gegeben hatte, das ohne Reaktion geblieben war. Das nächste sollte bald folgen.
»Er muss dazu nicht erscheinen. Außerdem wird die Sache längst mit Waffen ausgetragen. Im Elsass stehen sich die Heere Adolfs und Albrechts gegenüber. Der König hat die Streitmacht des Habsburgers angegriffen.«
»Mir ist wohl eine Menge entgangen, während ich hier festsaß«, konstatierte Diezmann und griff nach seinem Becher.
Während du dich in deiner Lausitz verkrochen hast, im entlegensten Winkel des Königreiches, und vor lauter Furcht, der König könne sich an dich erinnern, nicht aus dem Schlupfloch kamst, korrigierte Friedrich verächtlich in Gedanken die Formulierung seines Bruders.
Bei dessen nächsten Worten musste er an sich halten, um nicht aufzuspringen und den anderen am Surkot zu packen.
»Ich überlege schon, ob ich die Lausitz nicht dem Brandenburger verkaufe und mich mit dem Geld zurückziehe«, gestand der Jüngere, nicht im Geringsten verlegen.
»Willst du wie unser Vater in die Geschichte eingehen?«, fragte der einstige Markgraf von Meißen scharf. »Als jemand, der sein Land für ein Spottgeld verhökert, statt seine Pflicht zu erfüllen, und das alles nur für seinen maßlosen Lebenswandel?«
Dann bezwang er sich und legte in seine Stimme alle Überzeugungskraft, die er aufbringen konnte. »Die Regentschaft des Nassauers steht vor dem Ende, seine Aufmerksamkeit ist durch den Kampf im Elsass gebunden. Wenn wir jetzt gemeinsam zuschlagen, können wir das Land Stück für Stück zurückerobern, über das unser Großvater einst herrschte! Lass es uns
hier
beginnen, nur wenige Meilen entfernt – in Großenhain. Schon übermorgen könnten unsere Männer dort sein. Und von dort aus holen wir uns die Mark Meißen zurück!«
Ulrich von Maltitz saß in der Halle beim Bier und versuchte, die Stimmung unter den Rittern von Markgraf Diezmann zu ergründen. Falls Friedrichs Verhandlungen mit seinem Bruder erfolgreich waren, würden sie vielleicht schon morgen Seite an Seite kämpfen.
Auch wenn sich der Markgraf der Lausitz in den letzten Jahren aus
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