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Blut und Silber

Blut und Silber

Titel: Blut und Silber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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kalten Morgen. Die Landgräfin hatte sich inzwischen durch die Menschenmenge gearbeitet und reckte den beiden Fürsten zwei edelsteingeschmückte Becher entgegen.
    »Unser letzter Wein, und er gebührt unseren Rettern«, sagte sie und blickte freudestrahlend zu Friedrich auf. Dann begrüßte sie den Welfen mit einem tiefen Knicks.
    »Geliebter Schwager! Willkommen in Thüringen!«
    Der Herzog von Braunschweig – ganz in seinem Element – überhäufte sie mit Komplimenten. Doch Elisabeth entging nicht, dass Friedrichs Aufmerksamkeit abgelenkt war. Er sah sich suchend um, bis sein Blick an einem hochaufgeschossenen Jungen hängenblieb. Die Ähnlichkeit war unverkennbar, so dass Elisabeth sofort wusste, wen sie vor sich hatte. Im nächsten Augenblick verstand sie das Erschrecken ihres Schwiegersohnes.
    »Hol den Feldscher, rasch!«, befahl sie der erstbesten Magd, die in ihrer Nähe kniete, um die hohen Herren zu begrüßen. Friedrichs Sohn war verwundet. Zwar hatte er es geschafft abzusitzen, anscheinend ohne dass jemand seine Verletzung bemerkte, doch nun war sie nicht zu übersehen. Dicht über dem Knöchel ragte ein Pfeil aus seinem Bein; sein Schuh war mit Blut bedeckt, das aus der Wunde rann.
    Der Junge stützte sich immer noch auf sein Pferd, das unruhig schnaubte, hatte die Zähne zusammengebissen und blickte etwas verloren um sich.
    Schon war sein Vater bei ihm. »Wann ist das geschehen?«, fragte er bestürzt.
    »Als wir auf diese Streife gestoßen waren«, brachte der Junge heraus, den Schmerz mühevoll unterdrückend.
    »Und du bist einfach weitergeritten, mit dem Pfeil in der Wade?«, fragte Friedrich, erstaunt und voller Sorge.
    Der Dreizehnjährige zwang sich zu einem schiefen Lächeln. »Wir hätten ja schlecht halten und nachsehen können.«
    »Maltitz hat uns den Weg freigeschlagen, so dass wir zunächst unangefochten an der Burg vorbeikamen«, erklärte Friedrich hastig seiner Schwiegermutter und dem Marschall. »Doch auf halber Strecke trafen wir auf einen feindlichen Suchtrupp. Ein unglücklicher Zufall. Es gelang uns, sie niederzumachen, aber offensichtlich nicht alle.«
    Elisabeth sah, dass sich der Junge kaum noch aufrecht halten konnte. Sie blickte kurz um sich, ob der Wundarzt schon in Sicht war, lächelte und sagte: »Da lernen wir uns also unter solchen bedauerlichen Umständen kennen … Ich bin deine Stiefgroßmutter.«
    Gebieterisch winkte sie zwei Ritter heran. »Tragt den jungen Fürsten in meine Kammer! Rasch! Und jemand soll Ausschau halten, wo endlich dieser Taugenichts von einem Feldscher bleibt!«
    Friedrichs Sohn wollte zunächst abwehren, sah dann aber seine Zwangslage ein und ließ sich von den Rittern helfen, die sich seine Arme um ihre Schultern legten. Auf dem Weg zum Palas fiel ihm ein Junge von vielleicht sechs oder sieben Jahren auf, der immer verzweifelter unter den Neuangekommenen herumfragte: »Markus? Habt ihr Markus gesehen?«
    »Von der Frauenburg ist noch keiner zurück«, rief jemand.
     
    Am liebsten wäre der einstige Markgraf von Meißen seinem Sohn sofort gefolgt. Der Allmächtige behüte uns davor, dass der Junge als Friedrich der Lahme in die Geschichte eingeht, dachte er kummervoll. Der Pfeil steckte beängstigend nahe der Achillessehne. Sobald er die allernötigsten Dinge geregelt hatte, würde er nach seinem Sohn sehen. So lange wusste er ihn bei Elisabeth in guten Händen.
    Der Anblick seiner Frau lenkte ihn für einen Augenblick von den schlimmsten Befürchtungen ab.
    »Willkommen zurück, mein Gemahl«, begrüßte ihn die jüngere Elisabeth allen Regeln für höfisches Benehmen gemäß und sank in einen Knicks. Das verwunderte ihn; er hätte gedacht, dass sie ihm erleichtert um den Hals fallen würde, auch wenn das nicht das Betragen war, das man von einer Dame ihres Standes erwartete. Also erwiderte er ihren Gruß freundlich und erforschte ihre Züge, die ungewohnt zaghaft wirkten. Dann schien sie sich zusammenzureißen und meinte, zaghaft lächelnd: »Unserer Tochter geht es gut. Ihr werdet staunen, wie sie gewachsen ist. Sie schläft, aber wenn Ihr es wünscht, lasse ich sie sofort holen.«
    »Lassen wir sie schlafen«, entschied er und gab seiner Frau einen flüchtigen Kuss auf die Stirn. Er spürte ihre Enttäuschung und erklärte deshalb rasch: »Mein Sohn ist bei uns, er ist verwundet. Ich will zuerst nach ihm sehen.«
    Auf den Zügen der jüngeren Elisabeth wechselte die Anspannung rasch zu Betroffenheit bei der Nachricht von dem verletzten

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