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Blut und Silber

Blut und Silber

Titel: Blut und Silber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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einen halb gefüllten Becher um. Der Wein spritzte über den Tisch und rann zu Boden, eine rote Spur hinterlassend.
    Niemand achtete darauf oder hob den Becher auf. Sie waren nur zu dritt in der Kammer: Friedrich, Albrecht und dessen Frau, die ältere Elisabeth.
    Der alte Landgraf stemmte sich hoch und funkelte seinen Sohn drohend an. »Warum hat Gott mir nur einen solch missratenen Sohn beschert? Nach Macht gierst du, wie deine Mutter, die hochnäsige Stauferin! Willst den eigenen Vater vertreiben! Aber ich lasse mich nicht vertreiben!«
    Störrisch sah er auf seinen Sohn, der ein paar Schritte auf den Vater zuging und unmittelbar vor dem Tisch stehen blieb, hinter dem sich Albrecht, halb aufgerichtet, die Arme aufgestützt, verschanzt hatte.
    »Ihr seid schon lange nicht mehr der Herrscher Thüringens«, hielt ihm Friedrich scharf und mitleidlos vor. »Erinnert Euch an den Eid, den Ihr dem König in Fulda gabt! Außerdem ist es nur eine Frage der Zeit, bis Ihr von hier mit Waffengewalt vertrieben werdet. Der Graf von Weilnau ist mit einem Teil des königlichen Heeres bereits unterwegs hierher. Nordhausen, Mühlhausen, Erfurt schicken Truppen, um den Eisenachern zu helfen. Wir können die Stadt nicht mehr abriegeln, seit Euer welfischer Schwiegersohn mit seinen Männern zurück in den Harz geritten ist. Und da Ihr so einfältig wart, in Eurer ewigen Gier nach Geld den Stadtbewohnern auch noch die Klemme zu überlassen, ist unsere militärische Lage ziemlich aussichtslos.«
    Friedrich verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte sich leicht zurück, während er seinem Vater unerbittlich in die Augen blickte.
    »Wollt Ihr wirklich noch einmal Truppen in den Krieg führen, Vater? In einen Kampf ziehen, den Ihr nicht gewinnen könnt? Wollt Ihr
gegen den König
Krieg führen? Bevor Ihr antwortet, Vater, malt Euch den Moment aus, da Ihr Albrecht von Habsburg erneut gegenübertreten müsst: diesmal in Ketten als Kriegsbeute des Grafen von Weilnau oder mit ausgebreiteten Armen vor ihm auf dem Boden liegend, während er Euch für den Eidbruch vor allen Fürsten des Reiches maßregelt.«
    Diese unerbittlichen Worte brachten den Landgrafen zum Schweigen. Elisabeth und Friedrich konnten sehen, wie es in dem alten Mann arbeitete, wie Furcht, Wut und Ratlosigkeit einander abwechselten.
    Es siegte die Furcht – die Furcht vor der unabwendbaren Niederlage und dem Zorn des Königs. Die Erinnerung daran, wie ihn der einäugige Herrscher in Fulda vor versammeltem Hofstaat erniedrigt und ihm gnadenlos Bedingungen diktiert hatte, stand auf einmal wieder lebendig vor den Augen des betagten Landgrafen. Schaudernd schlug er ein Kreuz. Nein, dem Habsburger, diesem Teufel in Menschengestalt, wollte er nicht noch einmal gegenübertreten müssen!
    »Überlasst mir den Krieg und den König«, setzte Friedrich ruhiger nach. »Übertragt die Regierungsgeschäfte an mich und zieht Euch nach Erfurt zurück, das Euch als einzige Stadt noch wohlgesinnt ist. Ihr bekommt eine Leibrente auf Lebenszeit und dürft den Landgrafentitel weiterführen.«
    Albrecht stieß den angehaltenen Atem aus und blickte hilfesuchend zu seiner Frau. Die sah ihn so streng an, dass ihm ganz schwach zumute war. Kraftlos ließ er sich auf seinen Stuhl fallen.
    »Tut es! Dann müsst Ihr nie mehr dem König begegnen«, argumentierte nun auch Elisabeth. »Die ganze Feindseligkeit des Habsburgers wird Euer Erstgeborener auf sich ziehen.« Den alten Mann schauderte.
    Friedrich wies unerbittlich auf das Pergament, das einige Weinspritzer abbekommen hatte. »Unterschreibt! Tut das Einzige, das Euch noch bleibt, um es mit Ehre und Würde zu beenden.«
    Als Albrecht zögernd nach der Feder griff, sah er, dass sein Sohn zur Tür gehen wollte.
    »Müssen wirklich noch mehr Männer dabei sein?«, fragte er weinerlich.
    »Ihr wisst genau, dass es dazu angesehener Zeugen bedarf«, erhielt er zur Antwort.
    Albrecht warf die Feder von sich, als sei sie plötzlich glühend heiß geworden. »Nein!«
    Nun verlor Friedrich die Geduld. Statt den Marschall und den Truchsess hereinzurufen, kehrte er zurück an den Tisch und beugte sich zu seinem Vater hinab, ihm direkt in die Pupillen sehend.
    »Genügt es Euch nicht, dass Ihr das gesamte Erbe Eures erlauchten Vaters verspielt habt? Dass man Euch jetzt schon den Entarteten nennt? Wenn Ihr nicht wollt, dass die Menschen noch nach Generationen Euren Namen verfluchen, dann unterschreibt!«, befahl er schroff. »Und zwar jetzt gleich, bevor der

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