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Blut und Silber

Blut und Silber

Titel: Blut und Silber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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nicht sagen können, was es war, doch etwas hier weckte seine durch jahrelangen Kampf geschulten Instinkte. Er tauschte mit Christian einen Blick, dann stieß er die Tür mit aller Kraft auf.
    Angesichts der Szenerie, die sich ihnen darbot, war er froh, nicht angeklopft zu haben. Das hätte sowohl Ulrichs als auch Sibyllas Tod bedeutet. Ein Mann in einem einfachen Kettenhemd hielt Sibylla an sich gepresst, seine Linke zwischen ihren Brüsten, die halb aus dem zerrissenen Halsausschnitt des Kleides klafften, mit der Rechten drückte er die Spitze seines Dolches gegen ihren Leib. Zwei andere hielten mit Schwertern Ulrich von Maltitz in Schach, der mit vor Hass flackernden Augen waffenlos vor ihnen auf dem Boden kniete.
    Durch die Störung abgelenkt, blickten nun alle auf die Eindringlinge. Ulrich reagierte sofort und verließ sich darauf, dass seine Männer genauso dachten wie er. Er packte die blanke Klinge eines seiner Gegner, zog daran mit einem kraftvollen Ruck und warf sich gegen ihn, während Markus den angriff, der ihm am nächsten stand, und niederstreckte. Zugleich sprang Christian und riss den zu Boden, der Sibylla in seiner Gewalt hatte.
    Einen Atemzug später waren die beiden tot, die Ulrich bedroht hatten, der Dritte lag röchelnd am Boden. Blut spritzte ihm aus einer Wunde am Hals.
    Sibylla war auf die Knie gefallen, lehnte an einem der umherstehenden Fässer und blickte mit wirr ins Gesicht hängenden Haaren starr geradeaus. Zaghaft umfasste Christian ihre Schultern, um ihr aufzuhelfen, besorgt und mit schlechtem Gewissen. Er hatte versprochen, auf sie aufzupassen. Aber während er heimlich die Tore geöffnet hatte, musste er sie allein in der Halle lassen. Wahrscheinlich hatten die drei begriffen, dass sie eine Spionin war, und wollten sich an ihr rächen.
    Ulrich richtete sich auf. Sein Wappenrock war blutverschmiert, von seiner rechten Hand troff Blut.
    »Geht voraus!«, sagte er zu Markus, der nach dem kurzen, aber heftigen Kampf schwer atmend neben ihm stand. »Wir kommen gleich nach.«
    Markus wollte widersprechen, aus Sorge und weil sie Order von Friedrich hatten. Doch Ulrich brachte ihn mit einer Handbewegung zum Schweigen.
     
    Ulrich fühlte sich wie aus Blei, während er die paar Schritte hinüber zu Sibylla ging, als sie allein waren. Auf seiner Suche nach ihr war er den Dreckskerlen dazwischengekommen, als sie über seine Liebste herfallen wollten. Um zu verhindern, dass sie ihr sofort die Kehle durchschnitten, hatte er die Waffen niedergelegt. So beschlossen die drei, sie nacheinander vor seinen Augen zu schänden.
    Das hätte er nie mit angesehen, auch wenn er keine Ahnung hatte, was er getan hätte, wären Markus und der Rotschopf nicht im letzten Augenblick aufgetaucht. Er war kurz davor gewesen, mit bloßen Händen beide Klingen der Männer zu packen, die ihn bedrohten.
    Seine rechte Handfläche war zerschnitten und blutete, doch das ignorierte er. Er kniete an Sibyllas Seite nieder und presste sie an sich.
    »Es ist vorbei«, sprach er auf sie ein. »Es ist vorbei.«
    Sanft strich er ihr das Haar zurück, stellte ein Bein auf, stemmte sich hoch und zog sie mit sich. »Sieh hin! Sie sind tot.«
    Er drehte sie zu den Leichnamen der beiden Männer, die eben noch über sie hatten herfallen wollen. Dann hob er den Dolch auf, mit dem der Schwerverwundete bis vor wenigen Augenblicken Sibylla bedroht hatte, und hielt ihn ihr mit dem Heft nach vorn entgegen.
    »Tu es selbst!«, forderte er sie auf, und sein unerbittlicher Tonfall ließ keine Widerrede zu.
    Sie griff nach der Waffe, langsam, und sah auf den Mann, der zu ihren Füßen verblutete und sie dabei verächtlich anstarrte. Ihr war, als könnte sie immer noch seine dreckige, rauhe Hand auf ihren Brüsten spüren – und zugleich die dreckigen Hände all jener Männer, die einst in Adolf von Nassaus Heerlager vor Chemnitz über sie hergefallen waren.
    Unter Ulrichs hartem Blick beugte sie sich hinab und beendete mit einem raschen Schnitt das Röcheln des Sterbenden.
    »Gehen wir weg von hier«, bat sie mit brüchiger Stimme. »Ich muss deine Hand verbinden.«
     
    Sibylla war dankbar dafür, dass sie nicht wie die Vögel einfach zur Wartburg hinauffliegen konnten, sondern einen Weg mit vielen Windungen benutzen mussten. So blieb ihr Zeit, sich zu sammeln. Ulrich hatte sie vor sich aufs Pferd genommen, und sie lehnte sich an ihn, um so viel wie möglich von seiner Körperwärme abzubekommen.
    Dass sie dazu noch in der Lage war! Um

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