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Blut und Silber

Blut und Silber

Titel: Blut und Silber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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Haaresbreite wären sie beide in diesem Keller gestorben, nachdem die Männer sie aufs schlimmste erniedrigt hätten.
    Gott musste ihnen Markus und Christian als Rettung in der Not geschickt haben, sonst würden ihre Leichname schon erkalten. Ob Er ihr vergab, dass sie ein Leben genommen hatte? Ob Er dieses Leben aufrechnete gegen die vielen, die sie gerettet hatte?
    Sie verspürte nicht einmal Reue, sondern eher Verwunderung darüber, dass sie Ulrichs Aufforderung ohne Widerspruch nachgekommen war. Indem sie es tat, besiegte sie für sich nicht nur diesen Mann, der sie umbringen wollte, sondern auch all jene, die sie damals nahe Chemnitz fast zu Tode geschunden hatten. Vorhin, im Keller, hatte sie nach so vielen Jahren auf einmal deren Hohngelächter wieder gehört. Nun waren die schrecklichen Stimmen fort. Ulrich schien das gewusst zu haben.
    Sie fror, ihre Zähne schlugen klappernd aufeinander, und sie hätte nicht sagen können, ob es die Kälte oder der Nachhall des Entsetzens war, das sie gerade durchlebt hatte. Doch so stark und ruhig, wie Ulrich sie festhielt, hatte sie das Gefühl, dass aus seinem Körper nicht nur Wärme, sondern auch neue Kraft in ihren floss.
     
    Nach zwölftägiger Belagerung der Stadttore Eisenachs beschloss der Herzog von Braunschweig, mit seinen Männern zurück in den Harz zu reiten. »Das wird den Städtern Lehre genug sein, noch einmal ihren eigenen Fürsten auf
seiner
Wartburg zu belagern!«, meinte er. Der Sohn Friedrichs sollte mit ihm reiten. Dank Sibyllas Pflege heilte die Wunde des Jungen gut ab, ohne sich zu entzünden. Ob er aber bald wieder gehen konnte, ohne das Bein nachzuziehen, war noch nicht abzusehen. Der lebenslustige Welfe ließ keinen Tag vergehen, ohne seinen Schützling mit freundlichem Spott aufzuziehen. Doch bevor er alles zum Aufbruch vorbereiten ließ, nahm er seinen Schwager ungewohnt ernst beiseite.
    »Du hast da diesen Rotschopf unter deinen Wachen, diesen kecken Freiberger. Vielleicht solltest du den mit mir schicken.« Friedrichs Miene verdüsterte sich. Doch er musste zugeben, dass er sich schon ähnliche Gedanken gemacht hatte. Wenn jemand seinen Sohn davon überzeugen konnte, das man sich auch hinkend durchs Leben kämpfen konnte, dann der einstige Freiberger Gassenjunge mit dem verkrüppelten Fuß.
    So kam es, dass sich Christian am Abend von Markus, Sibylla und den auf der Wartburg gewonnenen Freunden verabschieden musste, nicht zu vergessen die Verehrerinnen, die er unter den unverheirateten Mägden hatte.
    »Pass gut auf den jungen Fürsten auf«, gab Markus ihm mit auf den Weg, als sie endlich allein waren.
    Christian zeigte sein unbekümmertes Grinsen. »Klar! Aber du weißt, dass du den Bock zum Gärtner machst, wenn du ausgerechnet
mich
auf jemanden aufpassen lässt?«
    »Bursche! Kannst du nicht ein einziges Mal im Leben ernst bleiben?«, schimpfte Markus und verdrehte die Augen.
    Ihm war nicht nach Scherzen zumute. Es kam ihm vor, als würde er mit Christian schon wieder einen Teil seiner Freiberger Erinnerungen verlieren – wie bereits so viele in den letzten Jahren. Als ob er einen Teil von sich selbst verlieren würde.
    »Gott schütze dich! Ich denke, wir sehen uns bald wieder – auf diesem oder jenem Schlachtfeld.«
    »Auf diesem oder jenem Schlachtfeld«, echote der Rotschopf, immer noch grinsend. »Zu kämpfen wird es genug geben in nächster Zeit.«
     
    Nachdem die Braunschweiger feierlich verabschiedet worden waren, atmete Friedrich tief durch. Bevor er sich dem nächsten Kampf stellen konnte, war noch eines zu tun.

Der alte Landgraf
    M ein eigener Sohn!« Fassungslos schüttelte Landgraf Albrecht den Kopf, dass die schütteren weißen Haare flogen. »Mein eigener Sohn richtet den Dolch auf mich, um sich sein Erbe zu erschleichen!«
    »Vater, seht her: Ich führe keine Waffe gegen Euch«, widersprach Friedrich – ruhig, aber energisch, und breitete die Arme aus. »Keine Waffe außer der Vernunft! Schaut der Wahrheit ins Auge. Ihr seid nicht länger in der Lage, das Land zu führen. Eisenach hat sich mit militärischer Gewalt gegen Euch gewandt. Ebenso wenig seid Ihr in der Lage, ein Heer aufzustellen und zu führen. Übergebt mir die Regierungsgeschäfte und zieht Euch an einen Ort Eurer Wahl zurück, um in Ruhe und Frieden den Lebensabend zu verbringen.«
    »Ich
bin und bleibe
der Herrscher über Thüringen!«
    Albrecht ließ seine dürre, von bläulichen Adern durchzogene Faust auf den Tisch krachen. Dabei stieß er

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