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Blut und Silber

Blut und Silber

Titel: Blut und Silber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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Kapelle gehen und beten, damit ihr Mann heil aus dem Kampf zurückkehrte.
     
    Friedrich und seine Begleiter folgten dem Abt und den Mönchen zur Abendmesse, um Gottes Führung bei den bevorstehenden Kämpfen zu erbitten. Auf das Spätmahl verzichteten sie. Sie führten ausreichend Proviant mit sich, und Friedrich hatte nicht die Ruhe, sich an den Tisch zu setzen und mit der in einem Kloster gebotenen Geduld und Demut zu essen.
    Alles in ihm drängte danach, aufzubrechen und Gotha so schnell wie möglich hinter sich zu lassen. Er musste ostwärts und bei Jena alle Kämpfer sammeln, die ihm vorübergehend nach Thüringen gefolgt waren. Der Gedanke beherrschte ihn immer mehr, dass die Lage in den östlichen Landen mit jedem Tag bedrohlicher wurde.
    Sein Gefühl täuschte ihn nicht. Kurz bevor sein kleiner Trupp die Lobdeburg nahe Jena erreichte, preschte ihnen ein Reiter entgegen.
    »Das Pleißenland und die Mark Meißen stehen in Flammen!«, rief der Bote. »Und das Heer des Königs versammelt sich südlich von Leipzig, keine fünfzig Meilen von hier!«

Mai 1307 in Freiberg
    W egen Verrats am König zum Tod durch den Strang verurteilt wird Conrad Marsilius, Medicus zu Freiberg.«
    Mit weittragender Stimme verkündete der Ausrufer das Urteil, das als nächstes vollstreckt werden sollte. Unruhe kam in der Menge auf, die zum Oberen Markt geströmt war, um der Hinrichtung von drei angesehenen Männern beizuwohnen, allesamt der Verschwörung gegen den König für schuldig befunden. Eigens für das Halsgericht hatten die Zimmerer in aller Eile ein Podest mit dem Galgen auf dem Marktplatz errichten müssen. Der Vogt hatte angewiesen, die Toten statt auf dem Richtplatz vor der Stadt drei Tage lang zur Abschreckung auf dem Obermarkt hängen zu lassen.
    Veit Haberberger und Heinrich von Frauenstein waren bereits gehenkt worden. Ihre Leichname mit den vom Todeskampf verzerrten Gesichtern hingen schwankend unter dem dicken Balken, über den die Schlingen geworfen worden waren. Nun war die Reihe an Conrad Marsilius.
    Barfuß, in zerrissener Kotte, mit Folterspuren im Gesicht und auf der halb entblößten Brust trat er einen Schritt vor und blickte starr geradeaus. Auf ein Stück blauen Himmels sah er an diesem kühlen Maimorgen und auf das Kreuz von St. Petri. Er wollte nicht in die Gesichter der Menschen vor ihm schauen, die gekommen waren, um seinen Tod mitzuerleben, er wollte weder Mitleid noch Häme sehen und schon gar keine Tränen. Schließlich hatte er all die Jahre gewusst, worauf er sich einließ, und ein solches Ende in Kauf genommen.
    Solange nur sein Sohn in Sicherheit in der Lateinschule des Franziskanerklosters war und seine Frau als unverdächtig galt, wollte er sich mit dem unvermeidlichen Tod abfinden.
    Durch einen derben Stoß in die Rippen wurde Marsilius aufgefordert, die Leiter hinaufzusteigen. Er lehnte es ab, sich dabei stützen zu lassen. So gut es ging mit auf dem Rücken gefesselten Händen, erklomm er die vier Sprossen. Der Henkersknecht trat zu ihm, legte ihm die Schlinge um den Hals und zog den Knoten straff. Das rauhe Hanfseil scheuerte und stachelte auf Conrads nackter, blutig geschlagener Haut.
    Das Gemurmel der Menge vor ihm schwoll an, ein paar miserable Musikanten lärmten.
    »Hängt ihn auf, den Verräter!«, brüllte jemand von hinten.
    »Ja, lasst ihn endlich baumeln«, stimmte ein Betrunkener lauthals zu.
    »Gnade für Meister Marsilius!«, schrie eine Frau aus der Mitte der Menschenmenge, und mehrere Stimmen wiederholten ihren Ruf.
    Der neue Burgvogt, jung und mit langen blonden Locken, der mit seinen engsten Vertrauten auf dem Podest Platz genommen hatte, ließ durch ein Handzeichen zwei Dutzend Bewaffnete ausschwärmen, um jeglichen Aufruhr im Keim zu ersticken.
    Pater Clemens trat zu dem Verurteilten.
    Conrad Marsilius atmete auf vor Erleichterung darüber, dass man ihm die Möglichkeit gab, ein letztes Gebet zu sprechen und sich seine Sünden vergeben zu lassen, und dass ihm ausgerechnet der Freund und Mitverschwörer diesen Trost spendete.
    Der Priester von St. Marien hatte trotz aller Gefahr beim Vogt persönlich vorgesprochen und ihn um Gnade für die angesehenen Männer gebeten, an deren Ehrbarkeit kein Zweifel bestünde und deren Arbeit für Freiberg und auch die Burgbesatzung unverzichtbar sei. Doch er war auf taube Ohren gestoßen. So blieb ihm nur, das gönnerisch vorgetragene Angebot anzunehmen, den Verurteilten bei der Hinrichtung beizustehen. Der drohende Unterton in den

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