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Blut und Silber

Blut und Silber

Titel: Blut und Silber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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Schlacht?«
    Er verzog leicht spöttisch den Mundwinkel. »Und du behauptest,
nicht
die Zukunft lesen zu können?«
    Als sie schwieg und ihn nur ansah, überkam ihn das dringende Bedürfnis, einen Gedanken auszusprechen, der seit langem in ihm wühlte.
    »Was ich dir jetzt sage, habe ich noch niemandem anvertraut«, begann er und strich sich müde das schulterlange Haar zurück. Ihr Lächeln erlosch. Aufmerksam blickte sie in seine dunklen Augen.
    »Dieser Krieg rast wie ein schreckliches Feuer über die Mitte des Königreiches. Thüringer kämpfen gegen Thüringer, Pleißenländer gegen Pleißenländer, Freiberger gegen Freiberger – weil die einen dem König die Treue halten, wie es Gottes Ordnung fordert, und die anderen dem Hause Wettin. Du weißt, ich werde keinen Schritt von Friedrichs Seite weichen, weil ich ihm einen Lehnseid geschworen habe und weil ich in ihm einen aufrechten Mann sehe, der von gierigen Königen um sein rechtmäßiges Erbe gebracht werden soll. Und doch frage ich mich … ob wir nicht schuld sind an diesem Krieg, an all dem Leid.«
    Sibylla sah ihn erstaunt an.
    »Wir haben keine Wahl!«, sagte sie leidenschaftlich. »Die Menschen, die von ihren Feldern und Höfen vertrieben wurden, konnten nicht wählen. Und auch nicht die Freiberger, als Adolf von Nassau sofort begann, die Stadt zu beschießen. Die Freiwilligen, die morgen mit uns in den Kampf ziehen, die kämpfen nicht in erster Linie gegen den König, den sie noch nie zu Gesicht bekommen haben, oder für Friedrich, sondern um ihre Frauen und Kinder, ihr Korn und ihr Vieh vor den Mordbrennern zu schützen.«
    Einen Augenblick lang herrschte Schweigen zwischen ihnen.
    Dann stieg Sibylla aus dem Bett, immer noch die Decke um sich raffend. »Wenn wir morgen früh in die Schlacht aufbrechen, kümmere ich mich jetzt besser mit dem Feldscher darum, dass ein Karren mit allem beladen wird, was wir für die Verwundeten brauchen.«
    »Nein, bleib!«
    Mit zwei Schritten war Ulrich bei Sibylla und schlang seine Arme um sie. Er presste sie an sich, als wolle er sie nie wieder loslassen. Dann hob er sie hoch und legte sie aufs Bett. Sie sagte kein Wort, als er sich die Kleider vom Leib zerrte, sondern sah ihn nur sehnsüchtig an und streckte ihm die Arme entgegen. Er küsste sie hart, umklammerte ihre Brust, dass sie vor Schmerz und Lust aufstöhnte, und vergrub seine Hand zwischen ihren Beinen, die sie bereitwillig öffnete. Dann liebte er sie mit aller Kraft, mit einer beinahe verstörenden Intensität, wie er sie lange nicht geliebt hatte. So, als wäre es das letzte Mal.

Vor der Schlacht
    O ttos kleine Freiberger Gruppe brauchte mehrere Tage, um an den königlichen Truppen vorbei nach Leipzig vorzudringen. Das Elend, das ihnen unterwegs begegnete, ließ Änne ihre eigene Verzweiflung beinahe vergessen. Schließlich lebte sie noch und hatte heile Glieder.
    Bald glaubte Änne, den Anblick der zerstückelten Leiber allerorten nicht mehr ertragen zu können. Der Geruch von Rauch und kalter Asche in zerstörten und verlassenen Dörfern, von verwesenden Leichen, die niemand begrub, war allgegenwärtig. Gelegentlich trafen sie da und dort auf jemanden, der überlebt hatte, weil er sich mit dem Vieh noch rechtzeitig in den Wald retten konnte. Mancherorts berichteten die Bewohner stolz, wie sie ein paar der Angreifer in eine Falle gelockt und mit Forken und Sensen umgebracht hatten.
    Sie ließen unterwegs alle Vorsicht walten, um den Königlichen aus dem Weg zu gehen. Der kampferfahrene Otto hatte Änne beim Aufbruch aus der Stadt einen langen, schmalen Dolch gegeben und ihr beigebracht, wie sie ihn einsetzen konnte, sollte es nötig werden. Es wurde nötig.
    In einem scheinbar verlassenen Dorf waren ein halbes Dutzend Männer versteckt, um denen aufzulauern, die sich nach Leipzig durchschlagen wollten. Zum Glück hatte Otto mit diesem Hinterhalt gerechnet, und so schafften es die Freiberger, die Männer in einem kurzen, blutigen Kampf zu überwinden.
     
    Sie erreichten Leipzig am Vormittag. In der Stadt herrschte ein unbeschreibliches Durcheinander. Häuser, Gassen und Plätze waren voll von Menschen. Verzweifelte Mütter hatten sich mit ihren Kindern ein Lager unter freiem Himmel suchen müssen, vor den Klöstern und Kirchen prügelten sich die Hungernden um ein bisschen Suppe. Überall standen Freiwillige herum, die versuchten, sich ihre künftigen Heldentaten auszumalen und einander Mut zu machen.
    »Zur markgräflichen Burg!«, brüllte Otto, um

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