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Blut und Silber

Blut und Silber

Titel: Blut und Silber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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angesehen wie jenen anderen, den Jüngeren.
    Und als sie vorletzte Nacht dieses Opfer auf sich nahm, diese Todsünde, und ihren Leib und ihre Seele in Gefahr brachte, um mich vorm Galgen zu bewahren … da fraßen der Neid und die Eifersucht meine Seele und mein letztes bisschen Selbstachtung auf. Ich sah sie vor meinen Augen, die ganze qualvolle Nacht lang, in den Armen dieses lachenden Teufels, der sie sich zu Willen zwang … Doch statt Mitgefühl und Ohnmacht verspürte ich nur Hass. Weil er jung war und sie bei ihm lag …
    Rette meine Seele, Allmächtiger Vater im Himmel … und die Seele Deiner Tochter Änne …«
    Im schwachen Schein der Kerze konnte Katharina sehen, wie Tränen über das faltige Gesicht von Conrad Marsilius rannen.

Leipzig, 30 . Mai 1307
    S keptisch sah Ulrich von Maltitz aus dem schmalen Fenster hinab auf den Hof der markgräflichen Burg am Mühlgraben der Pleiße.
    Leipzig glich einem Heerlager. Doch den größten Zustrom in die vor Menschen überquellende Stadt bildeten nicht bewaffnete, gut ausgebildete Kämpfer, sondern Bauernfamilien, die kaum mehr als das nackte Leben hatten retten können und hierhergeflüchtet waren, um hinter den starken Stadtmauern Schutz zu finden.
    Das Land stand in Flammen. Selbst von hier aus konnte Ulrich sehen, wie am Horizont an mehreren Stellen Rauchwolken emporstiegen.
    Leipzig hatte sich wieder unter den Schutz des einstigen Markgrafen Friedrich gestellt. Nun sammelten sie hier alle kampfbereiten Männer, um dem königlichen Heer entgegenzutreten und – so Gott wollte – dem Grauen ein Ende zu bereiten. Unten auf dem Burghof waren ein paar gestandene Kämpfer dabei, den Freiwilligen den Umgang mit den Waffen beizubringen. Die meisten von denen, die sich ihnen angeschlossen hatten, waren im Kampf ungeübte Bauern und Stadtbürger. Von den pleißenländischen und osterländischen Edelleuten waren nur wenige mit ihren Rittern gekommen. Die Mehrzahl von ihnen stand auf der Seite des Königs.
    Man kann es ihnen nicht einmal vorwerfen, dachte Ulrich bitter. Das Pleißenland und das Osterland waren Königsland – sie hielten also getreu ihrem Eid zu ihrem Lehnsherrn Albrecht von Habsburg.
    Eine größere Gruppe Reiter mit farbenprächtigen Wappenröcken und Bannern, deren Spitze gerade durch das Tor drängte, zog Ulrichs Blicke auf sich.
    »Goldacker und die Herren von Lobdeburg!«, rief er.
    Unverkennbar unter den thüringischen Rittern ragte die hünenhafte Gestalt Albrechts von Sättelstedt heraus.
    Erleichterung zog über das Gesicht Friedrichs, der mit gerunzelter Stirn bis eben noch auf das Pergament gestarrt hatte, das ein Bote schon vor einer ganzen Weile gebracht hatte. Er legte das Schreiben zur Seite und befahl dem Boten, der an der Seite wartete: »Rufe meinen Bruder, Markus von Freiberg und alle militärischen Ratgeber zu mir!«
    Diezmann kam als Erster. Er und sein älterer Bruder hatten vor wenigen Wochen im südlich von Leipzig gelegenen Kloster Pegau ein Schutz- und Trutzbündnis gegen den königlichen Gegner geschlossen.
    Not schafft Verbündete, dachte Ulrich beim Anblick der Brüder. Mit den Jahren waren sie sich äußerlich immer ähnlicher geworden, auch wenn Friedrich größer und sehniger war. Je düsterer und verschlossener der Ältere wirkte, umso offener trug Diezmann seinen Zynismus zur Schau.
    Ginge es nach den Plänen des Habsburgers, wäre das Haus Wettin in einer Woche ausgelöscht. So blieb den Brüdern gar keine andere Wahl, als alle Differenzen beizulegen und die Frage, wer Thüringen regieren solle, auf später aufzuschieben – falls es überhaupt ein Später für sie gab. Das wurde mit jedem Tag fraglicher, denn der König hatte in den letzten Wochen massive Verstärkung für seinen Statthalter Heinrich von Nortenberg in Bewegung gesetzt, der mit einem Teil der Truppen hier überwintert hatte. Gewaltige Hilfskontingente aus Schwaben, Rheinländern, Böhmen, Bayern und Österreichern rückten an, so dass die beiden Wettiner beschlossen, ihr Heer im stark befestigten Leipzig zu sammeln, das nicht nur durch seine Mauern und die Burg geschützt war, sondern auch durch die Sumpfwiesen von Pleiße und Elster. Außerdem verfügte die Bürgerschaft von Leipzig über eine gut ausgebildete und bewaffnete Stadtwache.
    »Grübelst du immer noch über den Verrat des Pegauer Abtes?«, fragte Diezmann und deutete mit verächtlicher Miene auf das Pergament.
    »Der Pfaffe wird dafür bezahlen, ich schwör’s bei meiner

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