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Blut und Silber

Blut und Silber

Titel: Blut und Silber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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gegeben?«
    Das traf ihn hart. Er hatte sich immer vorgestellt, sein Sohn würde einmal ein Kämpfer werden, so wie er.
    »In die Klosterschule, zum Lernen, nicht um einmal die Gelübde abzulegen«, erklärte sie hastig. »Dort ist er in Sicherheit. Ich hätte ihn doch nicht mit hierherbringen können!«
    Natürlich war es Marsilius’ Entscheidung gewesen. Doch sie wollte jetzt nicht an ihn denken. Zögernd deutete sie auf die Eimer. »Ich muss zurück zu den Verwundeten …«
    »Rühr dich nicht fort von dort!«, beschwor Markus sie. »Ich habe noch etwas Wichtiges zu erledigen. Sobald ich kann, komme ich zu dir!«
    Noch einmal gab er ihr einen Kuss, drehte sich um und lief los.
    Innerlich zerrissen, sah ihm Änne nach, bis sie ihn aus den Augen verlor.
     
    Änne war überglücklich und zugleich furchtbar verzweifelt. Sie liebte Markus immer noch so sehr, dass es weh tat. Doch würde er sie noch wollen, wenn er hörte, was geschehen war? Was sie getan hatte? Durfte sie überhaupt in seiner Nähe sein, wenn sie ihn nicht mit dem auf sie gelegten Fluch beladen wollte?
    Sosehr sie sich wünschte, dass Markus zurückkam, so sehr fürchtete sie sich davor. Sie musste es ihm sagen … und dann würde er vor ihr zurückschrecken wie vor einer Aussätzigen.
    Änne zwang sich, nicht dauernd zur Tür zu starren, während sie sich um Verletzte kümmerte. Plötzlich stand Markus vor ihr.
    »Komm mit!«, forderte er sie ohne Erklärungen auf.
    Das Herz schlug ihr bis zum Hals, während sie die Hände in den Eimer tauchte, um sie abzuspülen, und ihm dann folgte. Was würde nun geschehen?
    Er nahm sie bei der Hand, um sie im Gedränge nicht zu verlieren, führte sie in die übervolle Halle und sorgte dafür, dass sie einen Platz an einem der Tische bekam. Die Art und Weise, wie ihn die bewaffneten Männer grüßten, zeigte, dass er hier den gleichen Respekt genoss wie einst in Freiberg auf Freiheitsstein.
    Änne konnte kaum ein Auge von ihm lassen, während er ihr etwas zu essen und zu trinken besorgte. Sein braunes Haar war etwas länger als sonst, er trug keinen Bart mehr, aber seine letzte Rasur musste zwei, drei Tage her sein angesichts der dunklen Stoppeln.
    »Setz dich hin, iss und trink!«, forderte er sie lächelnd auf. Änne wusste nicht, was sie tun oder sagen sollte. Weil sie fürchtete, dass er wieder ging, wenn sie gegessen hatte, wurden ihre Bissen immer kleiner, obwohl ein Stück trockenes Brot am Morgen ihre einzige Mahlzeit an diesem Tag gewesen war.
    Doch irgendwann war der letzte Krümel aufgegessen, der Becher bis auf den Boden leer getrunken. Verlegen strich sie mit den Händen über den Rock.
    »Ich werde jetzt wohl wieder gehen müssen …«, sagte sie leise und stand auf. Ihr Körper fühlte sich an wie aus Blei.
    Mit einem Ruck stand er auf und war sofort neben ihr, seine Antwort war fast wie ein Schrei. »Ich lasse dich nicht noch einmal gehen!«
    Jäh packte er sie bei den Schultern und drehte sie zu sich. »Hörst du, Änne? Ich lasse dich nicht noch einmal gehen!«
    Wie bei ihrem ersten Wiedersehen auf dem Burghof nahm er ihren Kopf zwischen seine Hände und küsste sie, dass ihr schwindlig wurde. Für diesen einen Augenblick alles vergessend, stellte sie sich auf die Zehenspitzen, schlang die Arme um seinen Nacken und erwiderte seinen Kuss.
    Ein paar Männer um sie herum brachen in fröhliche Rufe über das Liebesglück des Freiberger Sergenten aus. Verlegen und schuldbewusst löste sich Änne von ihm.
    »Komm mit«, flüsterte er ihr ins Ohr und wollte sie mit sich ziehen.
    Schlagartig erloschen all ihr neugewonnener Mut und ihre Hoffnung. Sie ließ die Arme sinken und blieb stehen, als seien ihre Füße an den Boden genagelt. »Ich muss dir etwas sagen … Du darfst nicht … Ich …«
    Nach Ottos knappem Bericht ahnte er, was sie sagen wollte, und fiel ihr ins Wort.
    »Änne – was immer du mir sagen willst, was immer geschehen ist in all den Jahren … es spielt keine Rolle mehr!«, beschwor er sie, und er meinte diese Worte ernst. »Hörst du: Es spielt keine Rolle!«
    Leiser, aber eindringlich fuhr er fort: »Morgen früh ziehen wir in die Schlacht, und niemand weiß, wer von uns morgen Abend noch am Leben sein wird. Unser ganzes Leben, unsere ganze Liebe haben wir bisher vergeudet mit verpassten Gelegenheiten! Als wir aus Freiberg fortgehen und heiraten wollten … Als ich dich weg von Marsilius und zu Fürst Friedrich mitnehmen wollte … Immer hat sich irgendetwas Furchtbares

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