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Blut und Silber

Blut und Silber

Titel: Blut und Silber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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denen Heilung, die verwundet wurden. Schütze uns und lass uns in der Not nicht allein.«
    Ein vielstimmiges »Amen« folgte seinen Worten.
    Wieder folgte ein Moment knisternder Stille.
    Dann fragte der Apotheker Jenzin, und in seinen Augen flackerte pure Angst: »Aber weshalb hat der König nicht gewartet, bis wir ihm freiwillig die Schlüssel übergeben?«
    »Er will die Stadt nicht friedlich übernehmen!«, rief Ulrich ungehalten über so viel Begriffsstutzigkeit. »Selbst wenn Ihr jetzt kapituliert, werdet Ihr keine Bedingungen aushandeln können. Seine Männer prahlen schon seit Tagen damit, dass er ihnen versprochen hat, das reiche Freiberg plündern zu dürfen. Wenn Ihr sie einlasst, werden sie ungehindert und ungestraft über Eure Häuser, Eure Truhen und Eure Weiber herfallen. Das hat er ihnen zugesichert.«
    Der Maltitzer sah Zweifel und Unglauben auf den Gesichtern der Männer. Das überraschte ihn nicht. Wie könnte auch jemand annehmen, der König würde so etwas erlauben?
    Sie wussten zu wenig, um zu wagen, dem gottgewollten König zu misstrauen.
    Er winkte Sibylla zu sich, die er deshalb mitgenommen hatte – sehr zu ihrem Entsetzen und gegen ihre Einwände, nachdem er ihr erklärt hatte, was er von ihr erwartete.
    »Diese Frau ist in die Hände der königlichen Streitmacht gefallen und vor drei Tagen entkommen. Sie wird Euch erzählen, was sie während ihrer Gefangenschaft erlebt hat.«
    Und Sibylla berichtete, mit unbewegter Stimme, als sei das alles nicht ihr passiert: vom Tod ihrer Gefährten, von den Prahlereien der Söldner, davon, was sie ihr angetan hatten.
    Sie wusste, dass die Ratsmänner sie deshalb als Hure betrachten würden. Aber sie war plötzlich nicht mehr bereit, sich für die Untaten zu schämen, die andere an ihr begangen hatten. Wären deren Töchter an ihrer Stelle gewesen, würden sie nicht so verächtlich blicken.
    Ulrich war erstaunt von der großen Ruhe, mit der sie das Unglaubliche erzählte, und einmal mehr fasziniert von ihrer Stärke. Er dankte ihr mit einem Blick, als sie geendet hatte, dann sagte er hart in das beklommene Schweigen hinein: »Was sie ihr angetan haben, das wird auch Euren Töchtern und Euren Weibern zustoßen. Begrabt Eure falschen Hoffnungen. Es wird kein Plünderungsverbot geben, wenn Adolf die Stadt nimmt.«
    Ungläubigkeit und Entsetzen stand den Ratsherren in die Gesichter geschrieben.
    Conrad Marsilius räusperte sich und erklärte: »Ich habe diese Frau vor drei Tagen gesehen und behandelt, als sie Zuflucht in der Stadt suchte. Ich kann bezeugen, was sie sagt.«
    Ulrich ließ den anderen keine Zeit für weitere Debatten, er musste zurück auf die Burg. »Einige von meinen Leuten werden sämtliche Armbrüste kontrollieren, damit es nicht noch mehr Unfälle gibt. Aber Ihr, Bürgermeister, müsst dafür sorgen, dass alle Handwerker, die mit Holz zu tun haben, Zimmerer und wer auch sonst noch, Armbrustbolzen fertigen. Die Kinder und die Alten können ihnen helfen und Lederstreifen in die Schäfte einsetzen; die tun es auch, wenn die Federn ausgehen sollten.«
    Nikol Weighart nickte zustimmend, dann erhob sich Ulrich brüsk und ging. Sibylla folgte ihm.
     
    Von diesem Tag an sollten die Freiberger nicht mehr zur Ruhe kommen. Der König ließ die Stadt tags wie nachts beschießen. Lediglich sonntags ruhten die Waffen.
    Bei jedem Angriff gab es Tote. Bald hatte wohl jedes fünfte Haus Schaden genommen, an vielen Stellen war die Stadtmauer beschädigt, auch der Bergfried war in Mitleidenschaft gezogen.
    Doch wenn der König damit die Freiberger hatte zermürben wollen, so trat vorerst das Gegenteil ein. Seine Unbarmherzigkeit ließ sie noch mehr als die nächsten Einschläge fürchten, was wohl erst geschehen würde, wenn sein Heer die Stadt einnahm.
    Während die Verteidiger verbissen jeden Angriff mit Sturmleitern abwehrten, verstärkten Handwerker das Mauerwerk, wo es beschädigt war, und halfen die Frauen und Kinder dabei, große Mengen an Pfeilen und Armbrustbolzen für die Kämpfer fertigzustellen.
    Immer mehr Menschen suchten Schutz in den steinernen Kirchen der Stadt, weil ihre eigenen Häuser beschädigt waren oder weil sie sich zu sehr fürchteten.
    Die Geistlichen der Kirchen und der Klöster kümmerten sich um Verletzte und teilten Brot an die Hungernden aus.
    Katharina, die Frau des Bürgermeisters, hatte zwei Dutzend Ehefrauen von Ratsherren und Handwerkern dazu gebracht, für die Bedürftigen Hirsebrei aus den Vorräten der Kornhäuser zu

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