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Blut und Silber

Blut und Silber

Titel: Blut und Silber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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endlich still!«, unterbrach er die Tiraden seiner Frau. »Wir werden dem König Nachricht bringen, wie er Freiberg einnehmen kann.«
    Beata verstummte jäh und sah ihn an, als ob er plötzlich verrückt geworden sei.
    »Wunderbar, dann geh schon mal los!«, höhnte sie. »Frag den Heerführer, ob er für dich kurz das Erlwinsche Tor öffnet, weil du dem König einen Höflichkeitsbesuch abstatten willst, dann schlendere durch Adolfs Lager und plaudere ein bisschen mit seinen Männern.« Ihre Stimme wurde immer lauter. »Vielleicht braucht ja einer von ihnen etwas Veilchensaft!«
    Wütend stand sie auf und krachte ihm das Erstbeste vor die Füße, das ihr in die Hände fiel: ein tönerner Kerzenhalter, der klirrend zersprang. Sie wollte fortlaufen, doch Jenzin hielt sie an beiden Händen fest.
    »Nein, wirklich«, raunte er ihr zu. »Es gibt einen geheimen Durchlass … Berlewin kennt ihn, er ist in seiner Grube …«
    Der Kramermeister war Anteilseigner an einer der Gruben, die sich innerhalb der Stadtummauerung befanden, im Nordosten zwischen der Pfarrgasse und der Stadtmauer. Natürlich arbeitete er nicht selbst unter Tage, sondern bezahlte Häuer und verdiente am Ertrag. Aber manchmal spionierte er den Bergleuten nach, ob sie auch wirklich arbeiteten. Und einmal hätte er sich beim Schnüffeln fast in den Stollen verirrt.
    »Er ist auf einen uralten Quergang gestoßen, halb verschüttet, und der soll zum alten Hauptstollengang führen, direkt unter der Stadtmauer hindurch. Diejenigen unter den Ratsherren, die für die Übergabe der Stadt sind, wollen dem König auf diesem Weg Nachricht schicken, dass wir auf seiner Seite stehen und wie er die Stadt bezwingen kann.«
    »Und du Tölpel hast dich wohl dazu überreden lassen, das zu tun?«, fauchte Beate ihren Mann an. »Selbst wenn es diesen Gang gibt – glaubst du, du könntest da hindurchkriechen und auch tatsächlich den Weg finden? Und was, wenn dich die Kaiserlichen gefangen nehmen?«
    Sie riss sich von ihm los, doch er drückte sie auf die Bettkante.
    »Nein, Weib. Gib endlich Ruhe!«, ermahnte er sie mit für ihn ungewohnter Schärfe. »Wir werden Hans schicken, der ist schmal und kann sich durch die engen Stollen winden. Und er ist auch gerissen genug, um sich herauszureden, wenn er erst einmal im Heerlager des Königs ist.«
    Schon ging er zur Tür, um den Neffen zu holen. Der hatte Not, noch rechtzeitig von seinem Lauschposten zu verschwinden und sich ahnungslos zu stellen, als ihn der Oheim rief.
    Während ihm Jenzin mit gesetzten Worten klarzumachen versuchte, welch ehrenvolle Aufgabe dem Jungen zufallen würde, setzte Hans eine erbauliche Miene auf, um sich nicht anmerken zu lassen, dass er sich insgeheim ins Fäustchen lachte.
    Bevor er in der Nacht aufbrach, angeblich, um die Botschaft der königstreuen Ratsherren zu überbringen, würde er in einem unbeobachteten Moment das in einer Wandöffnung versteckte Kästchen leeren, in dem der Oheim das ersparte Geld aufbewahrte. Ein paar Talglichter und etwas Brot würde dieser ihm wohl auch so mitgeben.
    Mochten sie doch alle elendig hier verrecken! Warum sollte er sein Leben riskieren und sich ins königliche Heerlager wagen? Er würde seine Haut retten, Freiberg unbemerkt verlassen und durch die Welt ziehen, um in Meißen oder irgendwo weit weg von hier mit dem gestohlenen Geld ein bequemes Leben zu führen.

Dunkles Omen
    U lrich von Maltitz und Reinhard von Hersfeld wechselten sich in der Befehlsgewalt ab. Während Ulrich bei jedem der nächtlichen Angriffe die Verteidigung der Burg leitete, übernahm Reinhard tagsüber das Kommando, damit Ulrich sich um die Lage in der Stadt kümmern, mit den Ratsherren disputieren und zwischendurch etwas schlafen konnte.
    Von der dreihundertköpfigen Burgbesatzung – die hier ansässigen Ritter Friedrichs, ein Teil der Wachen und Niklas’ Truppen – hatten sie mittlerweile beinahe fünfzig Männer verloren; tot oder so schwer verwundet, dass sie nicht mehr kämpfen konnten.
    Die Toten lagen in einer Kammer nahe der Kapelle aufgebahrt. Niemand wusste, wann sie sie würden begraben können.
    Der Winter regierte immer noch mit außergewöhnlicher Strenge. An diesem Nachmittag begann es erneut zu schneien, kleine harte Körner, die der Sturm durch die hereinbrechende Dämmerung trieb.
    Bei eisigem Wind stand Ulrich neben Niklas von Haubitz auf dem Turm des Erlwinschen Tores und beobachtete den nächsten Angriff der Königlichen. Die brachten gerade eine

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