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Blut und Silber

Blut und Silber

Titel: Blut und Silber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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anzulegen. Nur an drei Stellen schafften sie es, und da konnten wir sie abwehren. Also beschossen sie uns mit allem, was sie hatten.«
    Eine Weile sagte keiner von ihnen etwas. Sie aßen schweigend, wärmten sich an dem heißen Würzwein und verloren sich in düsteren Gedanken.
    »Ich glaube nicht daran, dass Diezmann Truppen zum Entsatz schickt«, sagte Niklas schließlich. »Und wenn, dann nicht genug, um sich draußen auf freiem Feld einer solchen Übermacht zu stellen.«
    »Nein«, erwiderte Ulrich. »Wenn wir versagen, wenn nicht ein Wunder geschieht, wird Friedrich die Mark Meißen verlieren.«
    Er stemmte sich hoch, um den Bürgermeister und die Ratsherren zu treffen. Doch vorher gingen er und Reinhard in die Kapelle, um zu beichten. Sie hatten getötet. Und sie brauchten Gottes Beistand, um den Glauben daran nicht zu verlieren, dass sie die Stadt halten konnten.

Streit
    U lrich hörte die Ratsherren schon streiten, noch bevor er die Ratsstube betrat.
    »Ihr habt nicht das Recht, allein für uns alle zu entscheiden und die Forderung des Königs einfach abzulehnen, Meister Nikol«, schrie der rundliche Kramermeister gerade den Bürgermeister an, als Ulrich eintrat.
    Es dauerte eine Weile, bis die Versammelten zur Kenntnis nahmen, dass der Burgkommandant die Tür hinter sich geschlossen hatte. Mancher bemerkte ihn erst, als er der Blickrichtung des Bürgermeisters folgte, der sich erhoben hatte, statt auf den zornigen Vorwurf zu antworten.
    Doch die Verblüffung der Ratsherren war weniger dem Erscheinen Ulrichs geschuldet oder seinem blutverschmierten Kettenpanzer, über den er nur einen frischen Wappenrock gezogen hatte, sondern eher dem Umstand, dass er in Begleitung einer jungen Frau gekommen war.
    Ulrich glaubte es hinter ihren Stirnen arbeiten zu sehen auf der Suche nach einer Erklärung für die Anwesenheit einer Frau, noch dazu einer Fremden und keinesfalls von Stand. Nur Conrad Marsilius, der Arzt, erkannte Sibylla, musterte sie mit durchdringendem Blick und schenkte ihr so etwas wie ein kaum erkennbares aufmunterndes Lächeln.
    Der Ratsdiener brachte einen Stuhl und ließ Ulrich an der Spitze der Tafel neben dem Bürgermeister Platz nehmen. Sibylla beäugte er misstrauisch, doch da niemand etwas sagte, schickte er sie weder hinaus, noch bot er ihr einen Stuhl, sondern ließ sie einfach an der Tür stehen, als sei sie gar nicht da.
    Ohne Zeit mit Begrüßungsfloskeln zu vergeuden, griff Ulrich den Vorwurf des Kramermeisters auf.
    »Ich muss Euch erinnern, dass der König dem Bürgermeister keine Gelegenheit ließ, über seine Forderung zu entscheiden, Meister Berlewin. Dem König beliebte zu beschließen, mit dem Beschuss der Stadt zu beginnen, noch ehe Ihr abwägen konntet, ob Ihr ihm die Schlüssel zur Stadt überreicht.«
    »Wir müssen umgehend Unterhändler schicken, die die Einzelheiten der Übergabe aushandeln. Das muss sofort ein Ende haben«, mischte sich nun der Weinhändler mit seiner sauertöpfischen Miene ein. »Habt Ihr nicht gesehen, welchen Schaden die Stadt genommen hat? Wie viele Dächer zerstört sind, wie viele Menschen ihr Haus verloren haben? Was aus unserem schönen, reichen Freiberg geworden ist? Mir selbst wäre beinahe der Stall abgebrannt.«
    Krämerseelen!, dachte Ulrich, während unbezwingbarer Zorn in ihm aufstieg.
    »Ihr sorgt Euch um Eure Scheunen, um Eure verzierten Türbalken und Eure Hühner«, begann er verächtlich. Seine Müdigkeit schien vergessen, und seine Stimme wurde hart und laut. »Meine Männer stehen da draußen auf der Mauer und sterben für Euch!«
    Er stemmte sich hoch und streckte den rechten Arm so heftig Richtung Burg aus, dass die Ringe seines Kettenhemdes klirrten. »Dort habe ich heute Nacht fast zwei Dutzend Männer verloren. Tapfere Ritter, von denen die meisten nie zuvor in dieser Stadt waren und keinen von Euch kannten; junge Bogenschützen, die noch ihr ganzes Leben vor sich hatten. Sie starben für Euch. Ich verlange, dass Ihr ihrem Opfer Respekt entgegenbringt!«
    Schwer atmend ließ sich Ulrich auf seinen Platz sinken.
    Einen Moment herrschte Stille in der Ratsstube. Niemand wollte als Erster etwas entgegnen.
    »Lasst uns ein Gebet sprechen für die Seelen all derer, die in dieser Nacht ihr Leben ließen«, sagte Bürgermeister Weighart schließlich leise.
    Als niemand etwas erwiderte, sprach er selbst die Worte. »Allmächtiger Herrscher im Himmel, erbarme Dich der Seelen der Männer, die starben, um unsere Stadt zu verteidigen. Schenke

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