Blut und Sünde
Geräusch hörten, das dabei entstand. Der Bühnenboden vibrierte noch an der Aufschlagstelle nach, dann wurde es still.
Was war dort oben losgewesen? Ich beherrschte meinen Drang, in Richtung Schnürboden zu klettern.
Statt dessen schaute ich Jane Collins zu, die sich gebückt hatte, sich dann hinhockte und in einem gebührenden Abstand zum regungslosen Körper blieb. Sie sah aus wie jemand, der eine Untersuchung starten wollte.
Lady Sarah trat näher an mich heran. Auch ihr steckte der Schock noch in den Gliedern. Sie wischte Schweißperlen von ihrer Stirn und flüsterte. »Es ist die Garderobiere und Stylistin, wenn mich nicht alles täuscht. Ihren Namen kenne ich leider nicht, aber ich habe sie schon hier gesehen.« Sie schüttelte den Kopf. »Warum hat man sie nur auf die Bühne geworfen? Wenn diese Florence tatsächlich ein Vampir ist, John, dann wissen wir, wo sie sich aufhält. Du müsstest wohl hoch.«
Es war schon komisch, denn ich konnte mich der Meinung meiner älteren Freundin leider nicht anschließen. Etwas stimmte nicht an der Situation, die so klar aussah.
Als wären wir gehört worden, vernahmen wir von oben her das Keuchen. Ob es von einem Mann oder einer Frau ausgestoßen wurde, hörten wir nicht heraus, aber ich leuchtete noch einmal in die Höhe und ließ zugleich meine Stimme ertönen.
»Verdammt, wer sind Sie? Melden Sie sich!«
»Ich bin der Beleuchter.«
»Haben Sie die Frau von der Galerie gestoßen?« rief Lady Sarah.
Er lachte bitter. »Hören Sie auf, verdammt. Entweder sie oder ich. Da gab es keine andere Alternative.«
»John, sie bewegt sich!« warnte mich Jane Collins.
Sofort schaute ich hin. Auch Lady Sarah hatte für nichts anderes mehr Augen. In der Tat wälzte sich die Person herum. Nur in die entgegengesetzte Richtung. Weg von Jane Collins. Das Gesicht war uns zugedreht. Es war so blass, und wir sahen, wie sich ihre Lippen zuckend bewegten. Dann öffnete sie den Mund.
Überdeutlich zeichneten sich die beiden spitzen Zähne ab. Und die waren alles andere als unecht…
***
Es gab nicht nur die Garderobe, es gab noch einen zweiten Raum, in dem sich die Schauspieler erholen konnten, wenn sie Pause hatten. Dort standen auch die beiden Getränkeautomaten an der Wand. Der eine für heiße, der andere für kalte Getränke.
Die beiden Mönche, die Tänzerinnen und auch der Inspizient hatten sich dort versammelt. Man trank Kaffee, Tee, Cola oder Wasser, und es gab keinen, der nicht aufgeregt war. Dazu war das Stück einfach zu gut gelaufen. Ihnen allen klangen noch die schon stürmischen Ovationen des Publikums in den Ohren nach.
Jeder wollte reden. Jeder wollte sich befreien und seine Meinung sagen. So kam es, dass alle durcheinander sprachen und niemand auf den anderen hörte.
»Ich sage euch, das ist der Grundstock zum Erfolg!« rief Mönch Nummer eins, ein junger Mann mit langer Flattermähne, die er allerdings durch ein Gummiband im Nacken gezähmt hatte. »Hierauf müssen wir aufbauen, dann schaffen wir es auch bis zu den großen Bühnen. In the Darkness wird sich herumsprechen, darauf könnt ihr euch verlassen.«
»Wollen es hoffen«, sagte sein Kollege. Er saß auf dem Boden neben der Tür. Seinen Rücken hatte er gegen die Wand gelehnt, und er schlürfte Kaffee aus dem Becher. Nur so lange normal, bis die Tür plötzlich vehement nach innen gestoßen wurde.
Der Mönch erschreckte sich. Kaffee spritzte aus dem Becher, schwappte über seine Hand. Die Hitze des Getränks ließ ihn fluchen, doch das war nichts gegen Katharina und Osmin, die über die Schwelle sprangen, wobei sich Osmin noch drehte, nach einem im Schloss steckenden Schlüssel suchte und erbärmlich fluchte, weil er ihn nicht sah.
»Scheiße, man kann nicht abschließen!«
»Was ist denn los?« fragte eine der Tänzerinnen.
Die Antwort gab Katharina. »Ihr könnt uns glauben oder nicht. Aber damit treibt man keine Scherze.«
Wir alle hier befinden uns in großer Lebensgefahr. Florence Turner ist hinter uns her. Sie hat sich in eine Vampirin verwandelt und will unser Blut…
***
Mit einem Sprung wich Jane Collins zurück und wäre beinahe noch über den Sarg gestolpert. Sie wollte auf keinen Fall von der Untoten an den Füßen gepackt werden, die beide Arme ausgestreckt hatte und nach Beute suchte. Sie fand keine. Die Hände rutschten wirkungslos über den Bühnenboden hinweg. Aber sie richtete sich allmählich auf.
Ich war nicht zur Seite gegangen. Nur Sarah Goldwyn hatte sich in den
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