Blut vergisst nicht: 13. Fall mit Tempe Brennan
aber wir haben Informationen, dass die Gruppe inzwischen gemischtrassisch ist und auf Hawaii ungefähr zweihundert Mitglieder hat.«
»Die USO ist sehr stark auf unsere Gefängnisse beschränkt«, fügte Lang hinzu.
»Kealoha und Faalogo waren bei den SOS«, sagte Ryan.
»Richtig. Die SOS breiteten sich von Hawaii nach Kalifornien, Utah und Washington State aus. Auf dem Festland sind SOS normalerweise Crips.«
Ich unterbrach nicht, hatte aber offensichtlich einen verwirrten Eindruck gemacht.
»Die Crips sind keine einheitliche Gang, sondern eher eine Identität, die andere Gangs übernehmen. Crip-Gangs in anderen Städten können sich sogar mit regionalen, kulturellen Eigenheiten schmücken, die mit Los Angeles nichts zu tun haben.«
»Das wusste ich nicht«, sagte ich, quasi als Wiedergutmachung für meine naseweise Bemerkung von zuvor. Ding schaute auf einen Notizblock.
»Nach Statistiken des LA County Probation Department gab es 1972 ungefähr acht Crip-Gangs. Bis 1978 war die Zahl auf fünfundvierzig gestiegen. 1982 gab es 109, und in den späten Neunzigern gab es, nach StreetGangs.com , 199 individuelle Crip-Gangs, die im LA County aktiv waren.«
»O Gott«, sagte ich.
»In Los Angeles scheint sich das Crip-Wachstum stabilisiert zu haben, in gewissen Gegenden, die einen demografischen Wandel durchmachen, scheint es sogar leicht zurückzugehen. Aber Crips-Nachahmer entstehen in anderen Teilen Kaliforniens, den gesamten Staaten und sogar außerhalb des Festlands.«
»Tabernac.« Ryan schüttelte den Kopf.
Ding schaute mich an, diesmal jedoch fragend.
»Das heißt >O Mann<«, sagte ich.
»Auf dem Festland sind die SOS als böse Jungs bekannt«, sagte Lang. »Einschüchterung, Erpressung, Drogenbetrügereien, sogar Mord.«
Ich hörte eine Tür aufgehen und hinter uns Stimmen.
Ding schaute sich schnell im Saal um. Dann kehrten die Meerglas-Augen zu uns zurück.
»Neuerdings versuchen Samoaner vom Festland, die Verteilung auf Hawaii zu übernehmen.«
»Wovon?«
»Vorwiegend Koks und Gras. Ein bisschen Meth.«
»Wer hat vor Ort das Sagen?«
»Ein Kerl namens Gilbert T'eo.«
»Straßenname L'il Bud«, ergänzte Lang.
Dings Schreibtischtelefon klingelte. Sie nahm ab und drehte die Schulter von uns weg, um mit dem Anrufer zu sprechen.
»Wo ist T'eos Hauptquartier?«, fragte Ryan Lang.
»Im Augenblick in Halawa. Das ist ein Hochsicherheitsgefängnis hier auf Oahu.«
»Atoa und Pukui arbeiten für T'eo?«, fragte ich.
Lang wedelte mit der Hand. »Dicht dran.«
Ding legte wieder auf. »Alles vorbereitet. Sollen wir schauen, was Mr. Atoa zu sagen hat?«
Das Verhörzimmer war so, wie ich es erwartet hatte, ein düsterer, kleiner Kasten ohne jede Atmosphäre. Die Wände waren giftgrün, die Bodenfliesen von Generationen nervöser Füße abgenutzt und zerkratzt.
Ein grauer Metalltisch schimmerte genau in der Mitte des kleinen Raums. Ein Stuhl mit gerader Lehne stand auf der einen Seite der lädierten Platte, zwei auf der anderen. Ein Telefon an der Wand und eine Kamera waren die einzigen Verzierungen des Raums.
Ryan und ich beobachteten mittels eines Videomonitors und eines Lautsprechers in einem angrenzenden Raum, was im Verhörzimmer ablief. Das Bild war schwarz-weiß und grobkörnig, der Ton blechern, das Gesprochene wurde hin und wieder von Hintergrundgeräuschen überlagert.
Pinky Atoa sah aus wie ein großer, dürrer Zwölfjähriger. Er trug die übliche Gangsta-Kostümierung aus tief hängender Schlabberjeans, übergroßem Muskelshirt und Kappe. Seine roten Basketballschuhe klopften einen stetigen Rhythmus auf den Boden.
Offensichtlich hatten Ding und Lang sich vor unserer Ankunft über die Rollenverteilung abgesprochen. Lang spielte den bösen Bullen, Ding die Gute.
Ding stellte sich und ihren Partner vor. Atoa hielt den Blick auf seine Hände gerichtet.
»Dieses Verhör wird zu Ihrem wie zu unserem Schutz aufgezeichnet.«
Ding sagte nun, was die Vorschriften verlangten, nannte Datum, Zeit und Ort, ihren Namen und den ihres Partners sowie den des Verhörten. Atoa kaute in dieser Zeit auf seinem Daumennagel oder trommelte auf die Tischplatte.
»Wegen irgendwas nervös, Pinky?«, fragte Lang.
»Ich will meinen Hund.«
»Dieser Pit ist ein wirklich fieser Köter.«
»Das war Notwehr.«
»Der Chihuahua wog eineinhalb Kilo.«
»Das Ding hat ihn angegriffen.«
»Muss beängstigend gewesen sein.«
»Scheiße.« Übertriebenes Kopfschütteln. »Lasst ihr's denn nie gut sein?«
»Ihre
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