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Blut Von Deinem Blute

Titel: Blut Von Deinem Blute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Roth
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Ein paar billige Drahtbügel hingen von der rostigen Kleiderstange herab, ansonsten war der Schrank leer. Dabei war Laura sich sicher, dass sie nicht alle ihre Sachen mitgenommen hatte, damals. Irgendjemand war nach demTod ihres Vaters in das Mordhaus gegangen und hatte einen Koffer mit Kleidung herausgeholt. Wer war das noch gleich gewesen? Tante Cora? Oder jemand von der Sozialfürsorge? Laura schüttelte verwirrt den Kopf. Sie konnte sich beim besten Willen nicht erinnern, nur daran, dass in dem Koffer, der ihr schließlich übergeben worden war, ein paar ihrer Lieblingssachen gefehlt hatten. Ein roter Rock und ein Jeanskleid. Und auch der hübsche Pulli mit dem Matrosenkragen, den eine deutsche Großtante, der sie niemals begegnet war, für sie gestrickt hatte. Also doch jemand vom Amt, dachte sie, Tante Cora hätte den Pulli mitgenommen!
    Aber wo mochten all diese Sachen geblieben sein?
    Laura überlegte, ob sie ihre Schwester danach fragen sollte, aber die Frage schien ihr irgendwie gefährlich zu sein. Also verwarf sie den Gedanken schnell wieder und sah sich stattdessen den Schrank noch einmal ganz genau an, um sicherzugehen, dass sich der Schlüssel zu ihrem Zimmer nicht vielleicht doch irgendwo in einem der Fächer befand. Aber auch diese Suche war vergebens: kein Schlüssel. Keine Möglichkeit, den Rest des Hauses auszusperren, wenn es endgültig Nacht geworden war.
    Aus dem Erdgeschoss drang noch immer Klavierspiel herauf. Noch immer der Schubert. Mia begann das Stück anscheinend immer wieder von vorn wie eine Platte, die einen Sprung hatte. Doch das war Laura eigentlich ganz recht. Immerhin bedeutete die Musik, dass sie allein war auf diesem Stockwerk.
    Mia war noch immer im Salon ...
    Sie überlegte, ob sie es schaffen konnte, die Kommode zur Tür hinüber zu ziehen, ohne allzu viel Lärm zu machen,aber wenn sie ehrlich war, bezweifelte sie es. Also nahm sie einen der beiden Stühle, die vor dem schlichten Holztisch standen, an dem sie früher ihre Hausaufgaben erledigt hatte, und verkeilte ihn provisorisch unter der Türklinke. Ihr war durchaus bewusst, dass diese Lösung nicht besonders effektiv sein würde, falls jemand es darauf anlegte, sie im Schlaf zu überfallen, aber ihr fiel im Moment auch nichts Besseres ein. Und es war ja auch nur diese eine Nacht. Morgen würde sie weitersehen. Vielleicht ließ sich ja doch noch irgendwo ein Schlüssel auftreiben. Oder aber sie zog um, ins Hotel, wo es hell und belebt und sauber war.
    Ermutigt kehrte Laura zum Bett zurück und schlüpfte aus ihren Pumps. Etwas in ihr sträubte sich vehement dagegen, den Koffer weiter auszupacken, also schob sie ihn nur ein Stück beiseite und zog einen Pyjama, frische Unterwäsche und ihr Kosmetiktäschchen heraus. Dann ging sie zum Fenster hinüber und reckte sich nach dem Griff. Die beiden Flügel klemmten, doch mit einigem Kraftaufwand gelang es ihr schließlich doch noch, sie zu öffnen.
    Sofort strömte frische, klare Seeluft ins Zimmer.
    Laura schloss die Augen und blieb ein paar Sekunden regungslos stehen. Jetzt war sie fast dankbar für den Wind, der aus Westen kam und nach Meer und Tang duftete. Sie löschte das Licht und schob die Gardine beiseite. Der weite Himmel über dem Hotel war vollkommen finster. Im Büro brannte noch Licht, doch die Vorhänge waren zugezogen, sodass Laura nichts als einen matten Widerschein erkennen konnte. Wie mochte Ginny wohl heute aussehen? Und Ellie? Und all die anderen? Ob sie sich ebenso wenig verändert hatten wie das Hotel? Und wann würde sie ihnen begegnen?
    Eine Weile stand sie einfach da und blickte in die Nacht hinaus. Dann schloss sie einen der beiden Fensterflügel und nahm das Kosmetiktäschchen vom Bett. In dem kleinen Bad, das zu ihrem Zimmer gehörte, herrschte eine oberflächliche Sauberkeit. Sie hat sich wirklich Mühe gegeben, dachte Laura mit einem Seitenblick auf den Lappen, der nass und zusammengeknüllt auf dem Rand des Waschbeckens lag. Sie wagte nicht, ihn anzufassen, um ihn beiseite zu legen. Also ließ sie ihn, wo er war, und zerrte eine Tube Duschgel aus ihrem Kosmetiktäschchen. Erst dann fiel ihr ein, dass es im Herrenhaus überhaupt keine Dusche gab. Einzig das Badezimmer im ersten Stock verfügte über eine alte, freistehende Badewanne, die jedoch so gut wie nie benutzt worden war. Zu teuer. Unnötig. Die pure Verschwendung. Aber Ölfarben für ein paar hundert Pfund, dachte Laura grimmig. Malen ist in diesem Haus schon immer wichtiger gewesen als

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