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Blut Von Deinem Blute

Titel: Blut Von Deinem Blute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Roth
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Kartons, die sie durchsucht hatte, hatte sie peinlich genau darauf geachtet, dass alles wieder genauso aussah, wie sie es vorgefunden hatte. Doch dazu reichte die Zeit jetzt nicht mehr aus. Sie konnte nur improvisieren. Und hoffen, dass ihre Schwester die Veränderung nicht bemerkte. Doch aus irgendeinem unerfindlichen Grund hatte sie das Gefühl, dass ihr das nicht gelingen würde. Sie wird mir auf die Schliche kommen, dachte sie verzweifelt, während ihre schweißnassen Hände den Deckel auf den letzten Karton drückten. Sie wird wissen, dass ich an ihren Sachen war. Sie wird ...
    Das Klingeln wiederholte sich, gefolgt von einem energischen Klopfen.
    Wenn es Mia wäre, hätte sie längst ihren Schlüssel benutzt, versuchte Laura sich ein wenig Mut zu machen, indem sie den Karton mit dem Christbaumschmuck als letzten wieder oben auf den anderen platzierte und anschließend die Türen des Wandschranks schloss.
    Von der Haustür drang ein leises Quietschen an ihr Ohr,das sie nicht einordnen konnte. Es klang, als mache sich jemand am Briefkasten zu schaffen.
    Waren das etwa wieder diese Kinder von gestern Abend?
    Die Mutprobenmilchshakewichser?
    Sie klopfte sich den Dielenstaub von Knien und Schienbeinen und schlich dann so leise wie möglich in den Salon hinüber, wo sie durch einen Spalt in der Gardine spähte. Vor dem Fenster war die Welt in helles, beruhigendes Sonnenlicht getaucht, und wer immer vor wenigen Augenblicken an der Tür des Herrenhauses geklingelt haben mochte, war verschwunden.
    Trotzdem beschloss Laura, ihre Durchsuchung des Wandschranks zunächst nicht fortzusetzen. Stattdessen hatte sie auf einmal unbändige Sehnsucht nach frischer Luft und Bewegung. Dem kurzen Blick aus dem Fenster nach zu urteilen, war der Wind heute wesentlich schwächer als gestern, was bedeutete, dass es im Laufe des Tages recht heiß werden würde. Sie überlegte, ob sie hinauf in ihr Zimmer gehen und sich ein anderes, luftigeres T-Shirt holen sollte, doch sie verspürte auf einmal beinahe etwas wie Angst, noch länger allein hier im Herrenhaus zu bleiben.
    Also zog sie nur ihre Jacke aus und krempelte die Ärmel ihres Pullis hoch.
    Als sie aus dem Haus trat, entdeckte sie einen riesigen Stapel Obstkisten auf der obersten der drei Stufen, die vom Fenster des Salons nicht zu sehen war. Die Kisten enthielten anscheinend ausnahmslos Äpfel, deren betörend süßer Duft in Wellen an Lauras Nase schwappte. Aus dem Schlitz des Briefkastens neben der Tür lugte ein zusammengefaltetes Schriftstück hervor, das wie eine Rechnung aussah.
    Dann ist das eben ein Lieferant gewesen, schloss Lauramit einem ungläubigen Kopfschütteln. Meine durchgeknallte Schwester hat zentnerweise Äpfel bestellt, damit alles wieder so wird, wie es früher schon nicht war. Gleich heute morgen. Sie muss vollkommen verrückt sein!

4
    »Also, wenn man dir übel wollte, könnte man fast glauben, du willst niemanden sehen ...«
    Ginny fasste die Tüten mit ihren Einkäufen noch ein wenig fester und drehte sich schicksalsergeben um. »Hallo, Mum.«
    Doch Erica Dempsey sparte sich jedwede Floskel der Begrüßung, sondern sagte mit der ihr eigenen schonungslosen Direktheit: »Gütiger Gott, Kind, du siehst ja furchtbar aus.«
    »Vielen Dank.«
    »Du weißt, wie ich das meine.« Sie wuchtete ihren prall gefüllten Korb auf einen Stapel leerer Holzkisten. »Ist irgendwas passiert?«
    »Ich weiß nicht«, hörte Ginny sich antworten, bevor sie etwas dagegen unternehmen konnte.
    »Was soll das heißen, du weißt es nicht?«
    »Ich bin ... Es ist nur ...« Ginny betrachtete die scharfen Linien, die um den Mund ihrer Mutter lagen, und kam zu dem Schluss, dass Erica sie nicht verstehen würde. Ganz gleich, wie gut es ihr gelang, das, was sie fühlte, zu erklären. »Ach was, vergiss es.«
    »Ich kenne dich jetzt zweiundvierzig Jahre ...« Nachallem, was sie durchgemacht hatte, war Erica Dempsey keine Frau, die sich mit Ausflüchten zufriedengab. »Und, glaub mir, ich weiß genau, wenn mit dir etwas nicht stimmt.«
    Das ist mir neu, dachte Ginny bitter. Laut sagte sie: »Ich bin nur müde. Das Hotel ist fast ausgebucht, wir haben zwei Krankmeldungen, und in den letzten Tagen ist es mal wieder verdammt spät geworden.« Sie zuckte die Achseln. »Wahrscheinlich stecke ich das einfach nicht mehr so weg wie früher.«
    »Natürlich nicht«, versetzte ihre Mutter gnadenlos. »Schließlich bist du keine siebzehn mehr.«
    Ja, dachte Ginny, das bringt es wohl auf den

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